Management

KOLUMNE Parallelwelten: Mehr als Hafermilch und Kicker-Tische

Auf New Work umzustellen, ist für Unternehmen ein Prozess, erklärt Simone Harland.

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von Regiomanager 19.05.2021
©master1305 - stock.adobe.com | Simone Harland

„Hey, wir machen in unserem Unternehmen jetzt New Work: Wir haben einen Ruheraum und einen Spielbereich mit Flipper und Kicker-Tisch in unserem hippen Loft eingerichtet, einen Feelgood-Manager eingestellt, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können kostenlos Hafermilch trinken und aus dem Homeoffice arbeiten. Gleichzeitig haben wir die Strukturen verflacht –
Abteilungsleitungen gibt es jetzt nicht mehr, für jede neue Aufgabe wird eine neue Teamleitung eingesetzt.“ Unternehmen, die das Thema „New Work“ so angehen, haben das Konzept der „Neuen Arbeit“ nicht verstanden.
New Work ist eine Arbeitsweise, die von den Mitarbeitenden die Übernahme größerer Verantwortung erfordert, die sie stärker in Entscheidungen einbezieht, die ihnen dadurch mehr Selbstverwirklichung bei der Arbeit bietet. Von New Work profitieren viele Unternehmen, weil die Arbeitskräfte motivierter sind und mehr Leistung bringen. Doch New Work ist nichts, das die Geschäftsleitung einfach mal so anordnen kann, mit der Absicht, den Profit zu erhöhen oder mehr engagierte Leute in das Unternehmen zu locken.
Denn New Work erfordert Umstrukturierungen im Unternehmen, die allmählich eingeführt werden und die auch die Mitarbeitenden mittragen müssen. Arbeitskräfte, die zuvor in starren Strukturen gearbeitet haben, können zum Beispiel nicht von heute auf morgen in wechselnde Teams integriert werden. Beschäftigte, denen bislang jeder Fehler angekreidet wurde, können nicht von einem Tag auf den anderen dazu gebracht werden, Fehler als etwas Gutes anzusehen, als etwas, das ein Unternehmen weiterbringen kann.
Die Leitungen der einzelnen Abteilungen müssen ebenfalls mitspielen. Denn New Work bedeutet auch, Hierarchien abzuflachen, Verantwortung abzugeben, die Arbeitskräfte nicht mehr nur anzuleiten, sondern zu motivieren. Ein schwieriges Unterfangen in Unternehmen, in denen eine oder mehrere Personen bestimmt haben und die anderen zu folgen hatten, in denen die Geschäftsleitung es gewohnt war, Widerspruch par ordre du mufti abzubügeln.
Eine Umstrukturierung kann, wenn sie denn gewollt ist, daher nur allmählich erfolgen. Ein erster Schritt auf dem Weg zu New Work ist zum Beispiel eine Befragung der Beschäftigten: Wie zufrieden sind die Mitarbeitenden, was wünschen sie sich von ihrer Arbeit? Wie lassen sie sich besser in Entscheidungsprozesse einbinden und wollen sie das überhaupt? Möchten sie flachere Hierarchien, wollen sie mehr Verantwortung, können sie sich vorstellen, in wechselnden Teams zu arbeiten, ihren Arbeitsplatz zu tauschen und neue Aufgaben zu übernehmen? Auch muss darüber nachgedacht werden, welche Bereiche sich in einem Unternehmen überhaupt für die Implementierung von New Work eignen bzw. in welchem Ausmaß die Arbeitenden mehr Verantwortung übernehmen können. Denn in der Fertigung etwa funktioniert Letzteres nur beschränkt. Hier können Arbeitsstrukturen schwer aufgebrochen werden, allerdings könnten die Mitarbeitenden aufgefordert werden, Verbesserungsvorschläge einzubringen, die ihnen die Arbeit erleichtern und Kosten sparen würden.
New Work bedeutet zudem, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, damit die neue Arbeitsweise funktionieren kann. Alle Mitarbeitenden an einem Projekt müssen etwa jederzeit Zugriff auf die Plattform haben, auf der sie gemeinsam an Aufgaben arbeiten – egal, ob aus dem Homeoffice oder vor Ort im Unternehmen. Änderungen müssen stets sofort für alle sichtbar sein.
Besonders wichtig ist oft auch die Änderung der Unternehmenskultur: Die Zusammenarbeit muss von Vertrauen und Empathie geprägt sein, die Teamleitung sollte in erster Linie moderieren, statt Anweisungen zu geben. Doch das lässt sich ebenfalls nicht einfach so durchsetzen. Schulungen können dazu beitragen, den Umgangsstil im Unternehmen zu ändern – immer vorausgesetzt, dass das wirklich gewünscht ist.
Ist all das bedacht und zumindest in Teilen im Unternehmen umgesetzt, können ein Feelgood-Manager, Hafermilch und Kicker-Tische die anderen Maßnahmen ergänzen. Ersetzen können sie sie nicht.Simone Harland
| redaktion@regiomanager.de

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