Die deutsche Wirtschaft brummt. Dadurch herrscht eine enorme Nachfrage nach Fachpersonal. Doch auch wenn die Not diesbezüglich in vielen Unternehmen groß ist, legen Geschäftsführungen und Personalabteilungen nach wie vor Wert darauf, dass der oder die Neue auch wirklich ins Team passt und die gewünschte Kompetenz auch wirklich im Berufsalltag zeigt. Für Personal- und Jobvermittler bleibt die Arbeit also eine Herausforderung. Wie man ihr erfolgreich begegnet, schildert Björn Schiffer, der gemeinsam mit seinem Bruder Swen die GIS Personallogistik GmbH mit Standorten u.a. in Kaarst und Mönchengladbach führt.
NRM: Herr Schiffer, wie finden Sie Bewerber, die richtig passen?
Björn Schiffer: Vor allem dadurch, dass sie von Leuten gesucht werden, die sich in der jeweiligen Branche bestens auskennen. Ein gelernter Betriebswirt kann beispielsweise einen Buchhalter besser auswählen als jemand, der aus dem Handwerk kommt. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe. Deswegen arbeiten bei uns speziell ausgebildete Personalberater, die fachliche Stärken, aber auch Schwächen der Bewerber erkennen.
NRM: Wie wichtig ist dabei der Lebenslauf?
Björn Schiffer: Ein Lebenslauf gibt die ersten wichtigen Anhaltspunkte. Aber in so einer Vita kann vieles stehen. Man sollte sich nicht auf das reine Papier verlassen. Denn das ist bekanntlich geduldig. Zu einem guten Auswahlverfahren gehört das ausführliche persönliche Gespräch, am besten mit Test-Komponenten.
NRM: Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?
Björn Schiffer: Nehmen wir den Anlagenmechaniker, der aufgrund seiner Spezialisierung in der Versorgungstechnik eingesetzt werden soll. Unser Experte legt ihm dann eine Zeichnung vor, wie eine Rohrleitung verlaufen soll. Mit einem Stückchen Draht soll der Bewerber dann den idealen Verlauf „biegen“. Das mag banal klingen, kann mit Blick auf das technische Verständnis und die praktischen Fähigkeiten aber enorm aufschlussreich sein.
NRM: Es klingt nicht zuletzt nach einem hohen zeitlichen Aufwand …
Björn Schiffer: Aber es ist ein Aufwand, der sich lohnt. Jeder Unternehmer wird bestätigen, dass es kaum etwas Ärgerlicheres gibt als einen neuen Mitarbeiter, bei dem sich nach wenigen Tagen herausstellt, dass er doch nicht der Richtige ist. So etwas kann natürlich auch mal nach einem sorgfältigen und detaillierten Verfahren passieren, aber dann handelt es sich um einen seltenen „Ausreißer“.
NRM: Sie beraten Unternehmen teilweise schon bei der Ausschreibung. Warum?
Björn Schiffer: Ich muss es so deutlich sagen: Viele Unternehmen sind selbst schuld, dass sie keine passenden Leute finden. Der Grund ist, dass sie in der Ausschreibung die Kriterien zu hoch ansetzen. Beispielsweise suchen sie, vielleicht weil es international klingt, Leute mit guten Englischkenntnissen in Wort und Schrift. Und das, obwohl Englisch im Berufsalltag dieser künftigen Mitarbeiter überhaupt keine oder zumindest keine nennenswerte Rolle spielt.
NRM: Welche Folgen hat das?
Björn Schiffer: Es hat zwei negative Folgen. Zum einen schreckt es potenzielle Bewerber ab, die vielleicht ideal zum Unternehmen und zum Job passen würden, aber ihr Englisch für zu schlecht halten. Die trauen sich dann gar nicht erst an eine Bewerbung heran. Zum anderen könnten echte Englisch-Fans, die sich eine Tätigkeit in einem internationalen Umfeld vorgestellt haben, nach kurzer Zeit vom Alltag im Betrieb enttäuscht sein und sich nach einer Alternative umsehen.
NRM: Haben Sie ein weiteres Beispiel, wo Anspruch und Realität auseinanderklaffen?
Björn Schiffer: Überspitzt gesagt suchen viele Firmen 20-jährige Mitarbeiter mit 30 Jahren Berufserfahrung. Das kann natürlich nicht funktionieren. Im Rahmen der Personalentwicklung lässt sich aber durchaus ein junger Neuer mit Biss einsetzen, dem in der ersten Zeit ein erfahrener Pate zur Seite gestellt wird. So könnte die Ideallösung aussehen.
NRM: Herr Schiffer, herzlichen Dank für das Gespräch. Daniel Boss | redaktion@niederrhein-manager.de
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