„Marketingagenturen sind viel zu teuer! Die kennen sich nicht wirklich in meinem ganz speziellen Markt aus. Wir müssen denen erst einmal alles erklären. Wenn wir in der Agentur von einem neuen Mitarbeiter betreut werden, geht das Ganze wieder von vorne los. Und dafür zahlen wir dann auch noch horrende Stundensätze“, denken sich manche Entscheider und Unternehmerinnen – und möchten ihr Marketing daher lieber inhouse organisieren. Aber ist das wirklich so? Können interne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genauso erfolgreich für ihr Unternehmen werben wie externe Spezialisten? Im Prinzip ja, ist die salomonische Antwort – wenn man im Unternehmen entsprechende Voraussetzungen schafft. Ob das dann zwingend kostengünstiger ist, steht auf einem anderen Blatt.
Marketing ist nicht gleich Werbung
Beginnen wir mit dem Begriff „Marketing“, der leider viel zu oft mit Werbung verwechselt wird. Marketing ist per definitionem die Summe der auf den Markt gerichteten Maßnahmen eines Unternehmens. Dazu gehören u.a. Entscheidungen über Produktauswahl, Zielgruppen und Vertriebswege. Das sind eindeutig Themen der Unternehmensführung – und können sicher nicht auf Externe übertragen werden. Also reden wir in der Folge von Werbung und nicht von Marketing. Auf der Marketingstrategie basierende Werbemaßnahmen können grundsätzlich outgesourct werden. Man kann sie aber auch erfolgreich im eigenen Unternehmen belassen. Am besten ist vielleicht ein Mix von intern und extern. Aber schauen wir uns erst einmal Kriterien für eine erfolgreiche Inhouse-Lösung an.
Insiderwissen versus Betriebsblindheit
Als großer Vorteil einer Inhouse-Lösung wird meist das Insiderwissen unternehmenseigener Teams genannt. Und es stimmt natürlich, dass interne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die eigene Branche, die Produkte und Kunden besser kennen als externe Agenturen. Wobei Agenturen bei einer langjährigen Zusammenarbeit auch große Insiderkenntnisse erwerben können. Auf der anderen Seite bietet der Blick von außen die Chance, Betriebsblindheit und Routinelösungen à la „Das haben wir schon immer so gemacht“ zu vermeiden. Inhouse geht gute Werbung also nur, wenn man über das eigene Unternehmen hinausdenkt.
Wie innovativ darf Ihr Werbeteam sein?
Erfolgreiche Werbung überzeugt, überrascht, verblüfft – ist manchmal auch provokativ und erschöpft sich nicht darin, die Vorteile eines Produkts „herunterzubeten“. Ein erfolgreiches Inhouse-Werbeteam muss daher so viele Freiheiten wie möglich haben, um auf peppige Ideen zu kommen. Unternehmensleitungen müssen sich die Frage stellen, ob es für sie okay ist, wenn ihre Werbeleute die neue Kampagne im Café kreieren oder im Bootshaus am See? Oder ob sie darauf bestehen, dass sich auch ihre Kreativen den Betriebsregeln unterwerfen und Nine- to-five in der Firma anwesend sind?
Tausendsassa oder Teilzeitkreative
Eine moderne Kundenkommunikation benötigt ein Werbeteam mit unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten. Dazu gehören gute Texte, Grafikdesign, Website-Entwicklung und Webmanagement, Social-Media-Erfahrung, Suchmaschinenoptimierung (SEO), möglicherweise auch Verkaufsförderung am PoS und noch einiges mehr. Schön, wenn man den Tausendsassa findet, der oder die alle diese Skills auf sich vereint. Klappt wahrscheinlich aber nicht und in einem Achtstundentag wird das auch kaum zu schaffen sein. Das heißt, man benötigt zumindest ein zwei bis drei Köpfe starkes Team. Und – dieses Team sollte sich auch wirklich auf seine Marketingaufgaben konzentrieren können und nicht nebenbei noch den Einkauf organisieren und der Chefin den Kaffee kochen.
Was darf es wirklich kosten?
Zugegeben, Agenturen berechnen deutlich höhere Stundensätze, als für interne Beschäftigte auszugeben ist. Dafür zahlt man hier auch nur die Stunden, in denen sich jemand mit dem Projekt beschäftigt. Angestellte bekommen dagegen jeden Arbeitstag ihr Gehalt –
auch wenn mal weniger Werbemaßnahmen anstehen. Eine interne Werbeabteilung kostet pro Kopf etwa 40.000 bis 50.000 Euro Lohnkosten im Jahr. Dazu kommen Kosten für Arbeitsplatzausstattung, Weiterbildung, Dienstreisen und so weiter. Und wenn man die benötigten Spezialisten noch nicht im eigenen Unternehmen hat, entstehen weitere Kosten für die Personalsuche, wie z.B. für Insertionen in Jobportalen. Außerdem wird es dauern, bis geeignete Kandidaten gefunden sind und bis diese dann die gewünschten Insiderkenntnisse erworben haben.
Inhouse geht – aber nicht schnell und billig
Das Einrichten einer Inhouse-Werbeabteilung ist nichts, was eben mal nebenbei erledigt werden kann. Es ist vielmehr eine langfristige Entscheidung, die erst nach einer gewissen Anlaufphase Früchte tragen wird. Wenn das geschafft ist und die notwendigen Rahmenbedingungen im Unternehmen dauerhaft eingerichtet sind, kann es eine sinnvolle Maßnahme sein, die ein Unternehmen in hohem Maße von externen Agenturen unabhängig macht.
Die Mischung macht‘s
Aber auch wenn das interne Werbeteam gut funktioniert, ist Input von außen hin und wieder sinnvoll. Denn auch Profis geraten in die Gefahr, Betriebsblindheit zu entwickeln. Die ideale Lösung ist also wahrscheinlich immer ein Mix aus intern und extern. Bei kleineren Unternehmen bietet es sich an, einen Marketingverantwortlichen im Unternehmen zu haben, der die Zusammenarbeit mit Agenturen steuert. Bei größeren Unternehmen kann eine interne Werbeabteilung projektbezogen externe Hilfe in Anspruch nehmen. So können Insiderwissen und Branchenkenntnisse immer wieder mit neuen Ideen aufgefrischt werden.
Michael Otterbein | redaktion@regiomanager.de
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