Management

Unternehmenspraxis (Ausgabe 03/24)

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von Daniel Boss 15.07.2024

KONJUNKTUR
Leichte Erholung der Wirtschaft

Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft wird von einer schwachen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage geprägt. „Die privaten Haushalte konsumieren aktuell noch zurückhaltend, die Industrie und die Baubranche verzeichnen nur geringfügig neue Aufträge“, erklärt Martin Werding, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. „Wir erwarten allerdings, dass die deutsche Wirtschaft im Verlauf des Jahres 2024 etwas an Fahrt gewinnt.“ Der private Konsum beginnt voraussichtlich im Jahresverlauf die Konjunktur zu stützen, da die Realeinkommen deutlich steigen dürften. Insgesamt rechnet der Sachverständigenrat für dieses Jahr nur mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 %. Im nächsten Jahr dürfte die deutsche Volkswirtschaft um 0,9 % wachsen. Im Verlauf des Jahres 2024 dürften der Welthandel und die globale Industrieproduktion zunehmen. „Im laufenden und im kommenden Jahr werden die deutschen Exporte vom steigenden Welthandel profitieren. Allerdings sehen sich die exportorientierten Unternehmen mit einem scharfen Wettbewerb, steigenden Arbeitskosten und weiterhin erhöhten Energiepreisen konfrontiert“, sagt Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. Die Teuerung in Deutschland wird sich weiter verlangsamen. Der Sachverständigenrat rechnet in den Jahren 2024 und 2025 mit einer Inflationsrate von 2,4 respektive 2,1 %.

1 Billion Umsatz erreicht

Die großen Betriebe in Deutschland haben im Jahr 2023 erstmals einen Umsatz von gut 1,0 Billion Euro erwirtschaftet. Das waren 4,7 % mehr als im Jahr zuvor. 2022 betrug der nominale, also nicht preisbereinigte Umsatz der Großbetriebe noch rund 955,6 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nun mitteilte. Betrachtet werden Betriebe mit mindestens 1 000 Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau – davon gab es vergangenes Jahr 675 in Deutschland. Ein Grund für den Anstieg des nominalen Jahresumsatzes dürfte das ebenfalls gestiegene Preisniveau sein. Im Jahr 2023 lag die Inflationsrate bei 5,9 %. Der Rekordumsatz der Großbetriebe von gut 1,0 Billionen Euro entspricht gut zwei Fünftel (42,3 %) des gesamten Jahresumsatzes der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau. Allerdings machten die großen Betriebe 2023 lediglich 1,4 % aller Betriebe in diesem Wirtschaftsbereich aus. Dieser Anteil ist seit Jahren konstant, eine zunehmende Konzentration ist also nicht für den Rekordumsatz verantwortlich.

Nur kurzlebiger EM-Effekt

Die Fußball-Europameisterschaft 2024 dürfte Deutschland eine zusätzliche Milliarde Euro durch ausländische Touristen einbringen. Das entspricht etwa 0,1% der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal des Jahres. Das geht aus der aktuellen ifo-Konjunktur-Prognose hervor. „Der Effekt ist jedoch nur kurzlebig, sodass die Dienstleistungsexporte durch heimkehrende Touristen nach Ende der EM im dritten Quartal wieder sinken und unter dem Strich gleich bleiben dürften“, sagt ifo-Forscher Gerome Wolf. Bei der WM 2006 in Deutschland seien zu Beginn die Ankünfte und Übernachtungen von ausländischen Gästen um jeweils 25% gestiegen. „Legen wir dies auch für die EM 2024 zugrunde, so können wir mit gut 600.000 zusätzlichen ausländischen Touristen und 1,5 Millionen zusätzlichen Übernachtungen während der Spielzeit rechnen. Das dürfte sich in höheren Übernachtungspreisen und Umsätzen des Gastgewerbes zeigen. Im Ergebnis bedeutet das einen zusätzlichen Wachstumsimpuls von 1,3% der preisbereinigten Dienstleistungsexporte im laufenden Quartal im Vergleich zum ersten Quartal 2024. Aber: „Gesamtwirtschaftlich gesehen fallen die Effekte dieser Art von Großveranstaltungen eher gering aus, abgesehen vom Tourismus.“

Immer mehr Insolvenzen

Seit rund einem Jahr steigt die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland durchweg zweistellig. Und auch die Werte von Mai 2024 lassen nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) keine Anzeichen erkennen, dass sich das bald ändern könnte. „Immer mehr Betriebe müssen ihre Tore schließen“, sagt DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers zur aktuellen Entwicklung. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland lag nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Mai um 25,9 % über dem Stand von Mai 2023. Anzeichen für eine Trendwende sieht Evers nicht, denn: „Eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft weiterhin im Griff.“ So berichteten 29 % der Gastronomiebetriebe von Liquiditätsengpässen – so viele wie seit der Corona-Pandemie nicht mehr, in der zahlreiche Restaurants und Kneipen schließen mussten. Doch auch in anderen Branchen ist die Lage laut DIHK angespannt: „In der Gesundheitswirtschaft sorgen sich 24 %, im Einzelhandel 22 % der Unternehmen um ihre Liquidität”, erklärt er unter Bezugnahme auf die jüngste DIHK-Konjunkturumfrage. 

PERSONAL

Gut die Hälfte der durch das Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ Geförderten schafft nach Förderende den Absprung in eine ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Die meisten finden einen Job bei demselben Arbeitgeber, der sie bereits während der Förderung beschäftigte. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). 14 Monate nach Förderende sind demnach 53 % der ehemals Geförderten in regulärer, ungeförderter Beschäftigung. Zudem weisen die Geförderten um etwa 33 Prozentpunkte höhere Quoten in Beschäftigung auf als vergleichbare Langzeitarbeitslose, die im selben Zeitraum nicht gefördert wurden. Von der Förderung profitieren besonders Langzeitarbeitslose ohne Berufsabschluss sowie Personen mit besonders schlechter Beschäftigungshistorie. Auch hinsichtlich der Beschäftigungsqualität schneidet das Instrument laut IAB insgesamt gut ab, was sich etwa am Tätigkeitsniveau der regulären Beschäftigung zeigt. Unter den ehemals Geförderten in einer ungeförderten Beschäftigung arbeiten 14 Monate nach Förderende rund 39 % in einem Job mit Helfer- oder Anlerntätigkeiten.

DIGITALES UND DATENSCHUTZ
KI bei Arbeitsagentur

Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) nutzt nach eigenen Angaben die Möglichkeiten, die KI und automatisierte Prozesse bieten. Im Bereich der Familienkasse benötigt die BA beispielsweise für die Weiterbewilligung von Kindergeld für Studierende entsprechende Nachweise über Studienbescheinigungen. Jährlich müssen Beschäftigte über 150.000 Studienbescheinigungen auf Gültigkeit prüfen. Eine KI-Lösung prüft inzwischen die Echtheit der vorgelegten Unterlagen. Die BA hat hier bereits weitgehend die Bearbeitung der Anträge automatisiert. Auch für die Fachdienste der BA – wie dem Ärztlichen Dienst und dem Berufspsychologischen Service – bringt eine KI-basierte Spracherkennung Erleichterungen. Dokumente, wie Gutachten und Stellungnahmen mit umfangreichem Fachwortschatz, die bisher händisch geschrieben wurden, werden jetzt durch digitale Spracherkennung automatisch ausgegeben. Im Arbeitgeberservice strukturiert eine KI die vielen Informationen aus Stellenmeldeformularen und Mails von Arbeitgebern und erzeugt automatisch Stellenangebote.

Mangelnde Daten-Nutzung

Ob für das Training von KI-Modellen, die smarte Nutzung erneuerbarer Energien oder die Forschung rund um personalisierte Medikamente – Daten werden für Wirtschaft und Gesellschaft immer wichtiger. Doch in der großen Mehrheit der deutschen Unternehmen bleiben Daten weiterhin ungenutzt. Nur 6 % gehen davon aus, dass sie das Potenzial der ihnen zur Verfügung stehenden Daten vollständig ausschöpfen. 18 % meinen, dass sie das Potenzial überhaupt nicht ausschöpfen. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Wirtschaftsbereichen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Daten und ihre Nutzung sind entscheidend für die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz entfalten erst dann Wirkung, wenn sie die nötigen Daten verwenden können“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Die deutsche Wirtschaft muss ihre Daten nutzen und verwerten, damit nicht Dritte die Lücke füllen und sich in die Wertschöpfungskette schieben. Die Entwicklung einer deutschen Datenökonomie ist ein wichtiger Beitrag zur digitalen Souveränität.“ Viele Unternehmen wollen laut Bitkom in den kommenden Jahren digitale Geschäftsmodelle entwickeln. So tragen heute nur in 2 % der Unternehmen datengetriebene Geschäftsmodelle ausschließlich und in 5 % sehr stark zum Geschäftserfolg bei. In den nächsten zwei Jahren wollen bereits 7 bzw. 15 % so weit sein.

GRÜNDUNGEN
Fonds-Start mit 660 Millionen

Mit dem zehnten Baustein des Zukunftsfonds will die Bundesregierung eine weitere Maßnahme ihrer Startup-Strategie umsetzen. „Als einer der aktivsten Frühphaseninvestoren Deutschlands“ habe der HTGF (High-Tech Gründerfonds) seit Bestehen bereits in mehr als 750 Start-ups aus den Bereichen Digital Tech, Industrial Tech, Life Sciences und Chemie investiert, heißt es aus Berlin. Schon heute gelte der HTGF mit seinen vier Frühphasenfonds als einer der erfolgreichsten Investoren im deutschen Venture-Capital-Markt. Die Bundesregierung stellt Mittel aus dem Zukunftsfonds sowie dem ERP-Sondervermögen zur Verfügung. Die privaten Fonds-Investoren der vier Frühphasenfonds des HTGF werden die Möglichkeit erhalten, sich über einen separaten Fonds an dieser Initiative zu beteiligen. Der HTGF Opportunity Fonds startet mit einem Volumen von 660 Millionen Euro. Der HTGF kann mit dem neuen Fonds in der Regel bis zu 30 Millionen Euro, in Ausnahmefällen auch bis zu 50 Millionen Euro in ausgewählte Portfolio-Unternehmen investieren. Dabei finanziert er stets gemeinsam mit einem oder mehreren privaten Investoren.

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