Gesünder essen, mehr Bewegung, bessere Zusammenarbeit im Team: Wer kennt sie nicht, die guten Vorsätze? Oft sind sie nur wenige Tage alt, da sind sie schon in Vergessenheit geraten. Wer Vorsätze umsetzen will, benötigt nicht nur Ziele vor Augen, sondern auch starke Disziplin. Doch ist die Fokussierung eines Ziels in Kombination mit eisernem Willen Garant des Erfolgs? Vorsätze in Beruf, Familie und Freizeit lassen sich nur mühsam umsetzen, werden schnell verdrängt. Gibt es Lösungsansätze?
„Wer seine Ziele erfolgreich in die Tat umsetzen will, sollte konkret planen, wann, wo und wie er handeln möchte. Denn erst das bereitet darauf vor, auch in schwierigen und unerwarteten Situationen zielgerichtet handeln zu können“, erklärt Frank Wieber. Der Psychologe am Lehrstuhl für Sozialpsychologie und Motivation der Universität Konstanz weiß, warum es leicht ist, Ziele zu setzen, und teils schwer, diese erfolgreich in die Tat umzusetzen. „Wir tendieren dazu, die Wirksamkeit von Zielen zu überschätzen und die vom konkreten Planen, wann, wo und wie wir handeln wollen, zu unterschätzen“, so Wieber. Darum bietet er mit der „Wenn-dann-Planung“ eine (gute) Antwort. Motivationsforscher sind überzeugt, dass der Erfolg dieser Methode sogar messbar sei. Studien zeigen: Menschen, die Wenn-dann-Pläne einsetzen, haben bis zu dreimal mehr Erfolg beim Umsetzen ihres Zielverhaltens als Menschen, die das nicht tun. Ob es um das rechtzeitige Erledigen von Aufgaben, um umweltfreundlicheres oder sozialeres Verhalten, das Miteinander im Betrieb oder der Abteilung oder auch banalere Ziele wie „weniger Naschen“ oder „mehr Sport“ geht – die Studienlage ist eindeutig: Wer Wenn-dann-Pläne formuliert, erreicht seine Ziele zuverlässiger. Der Erfolg dieser Strategie ist empirisch belegt und findet in der Praxis weltweit breiten Einsatz.
Innerliche Planung unterstützen
„Setzen Sie sich spezifische Ziele, die persönlich erstrebenswert sind und machbar erscheinen. Planen Sie, wie Sie die kritischsten Hindernisse bei der Umsetzung im Alltag überwinden können. Dann haben Sie gute Chancen, Ihre Vorsätze zu verwirklichen und so auch Ihre generellen Fähigkeiten als effektiver Verhaltensmanager zu trainieren“, ist Frank Wieber überzeugt. Er kann sich auf den Sozial- und Motivationspsychologen Peter M. Gollwitzer berufen, der als bedeutendster Vertreter der jüngeren Willenspsychologie gilt. Gollwitzer, Professor für Psychologie an der Universität Konstanz und an der New York University, gilt als „Vater“ der Wenn-dann-Strategie. Er empfiehlt, Situationen, in denen es schwierig werden kann, das zielrealisierende Verhalten umzusetzen, durch eine innerliche Planung intensiv zu unterstützen. Peter Gollwitzer fand gemeinsam mit Kollegen in mehr als 200 Studien heraus, dass diejenigen, die ihre Zielvorhaben mit Wenn-dann-Regeln kombinieren, deutlich erfolgreicher sind als solche, die es nicht tun, und entwickelte in der experimentellen Forschung den „Wenn-dann-Plan“ als Selbstregulationsstrategie. Dabei werden gesetzte Ziele mit konkreten Plänen ausgestaltet: „Wenn Situation A eintritt, dann werde ich das Verhalten B ausführen, um das Ziel D zu erreichen.“ Übersetzt könnte das heißen: „Wenn ich den Ärger aufsteigen fühle, dann bleibe ich freundlich, um Führungsstärke zu zeigen.“
Ziel verpflichtet fühlen
Wichtig dabei: Wenn die Wenn-dann-Regel vollzogen wird, muss sie so formuliert sein, dass sie realisierbar ist. Und man sollte sich dem Ziel genügend verpflichtet fühlen und entsprechend motiviert sein. Gollwitzer spricht davon, dass der Wenn-dann-Plan zu einer spontanen „Ad-hoc-Gewohnheit“ führt. In der Psychologie ging man lange davon aus, dass eine bestimmte Handlung über eine bestimmte Zeitdauer in der gleichen Situation wiederholt ausgeführt werden müsse, damit eine enge Verknüpfung zwischen Situation und Handlung zustande komme, also eine Gewohnheitsbildung. „Dass man diese mühevolle Gewohnheitsbildung umgehen kann, indem man in Gedanken die kritische Situation mit der zielführenden Handlung verknüpft, ist schon erstaunlich“, erläutert Gollwitzer. Hier sei nur ein einzelner Willensakt nötig, nämlich das Festlegen des Wenn-dann-Plans. „Mit dem Plan delegiert man quasi die Umsetzung an die Situation“, beschreibt Gollwitzer. „Die Situation triggert das Zielverhalten. Sie wird zum auslösenden Reiz für das Verhalten. Das bedeutet: Man braucht wenig Willenskraft, um sich so zu verhalten, wie man es sich vorgenommen hat.“
Effektiv im Stress
Das sei auch der Grund dafür, dass Wenn-dann-Pläne auch dann funktionierten, wenn man in der Situation abgelenkt oder Versuchungen ausgesetzt sei oder wenn das Zielverhalten Überwindung erfordere. „Wenn-dann-Pläne sind sogar besonders effektiv, wenn die Bedingungen schwierig sind. Dieser Plan hilft dabei, kritische Situationen schneller zu erkennen, sich schneller an das vorgenommene Verhalten zu erinnern und sich unmittelbar so zu verhalten wie geplant, ohne lange überlegen zu müssen. Wer Wenn-dann-Pläne formuliert, trainiert sich selbst mental. Ihre Umsetzung funktioniert selbst in stressigen Situationen noch gut“, heißt es bei der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.
100 Millisekunden
Akteure dieses Gremiums versuchen erfolgreich, die Mechanismen, die den Effekten von Wenn-dann-Plänen zugrunde liegen, wissenschaftlich zu beleuchten. So wurden experimentelle Verhaltensstudien zu Aspekten wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Handlungsinitiierung und -blockierung durchgeführt. Die Ergebnisse stützen die Annahme, dass Wenn-dann-Pläne das Entdecken von Situationen und das Initiieren der daran gekoppelten Handlungen erleichterten. Physiologische Messungen zeigen schon 100 Millisekunden nach dem Eintreten der im Plan adressierten Situation systematische Veränderungen in den Hirnströmen. Auch bildgebende Verfahren dokumentieren erhöhte Aktivität in Gehirnregionen, die typischerweise gut trainierte Handlungen steuern. „Diese Befunde passen zur Annahme, dass Wenn-dann-Pläne die Umsetzung von Absichten in die Tat unterstützen, indem sie den kognitiven Aufwand der Informationsverarbeitung reduzieren“, lautet die Schlussfolgerung.
Teilen: