„Über Geld spricht man nicht“, sagt der Volksmund. Und auf mittelständische Unternehmer trifft diese Redensart tatsächlich zu. Auch auf Frank Ostmannn, der von seiner Suche nach einer dringend benötigten Kapitalspritze zwar berichtet, seinen echten Namen aber lieber nicht in der Presse lesen möchte. Ostmann hat 2010 in der Nähe von Münster ein Unternehmen gegründet, das Speichersysteme für erneuerbare Energie produziert. Damit kommt der Firma eine Schlüsselfunktion in der Energiewende zu. „Immerhin weiß niemand, wie lange und wie oft die Sonne scheint oder der Wind weht“, sagt Ostmann. Ab 2010 verzeichnete das Unternehmen jedes Jahr ein starkes Wachstum. Im Jahr 2014 lag der Umsatz bereits bei 18 Millionen Euro, Ostmann beschäftigte 75 Mitarbeiter und wollte ins Ausland expandieren.
„Ein solches Wachstum und dazu noch Internationalisierungsschritte kann man irgendwann nicht mehr aus eigener Tasche finanzieren“, sagt der Unternehmer. Also hielt er Ausschau nach möglichen Finanzierungen. Trotz guter Zahlen war es für das noch junge Unternehmen sehr schwierig, Bankkredite zu vernünftigen Konditionen zu bekommen. „Und eine Anleihe zu begeben, ist auch nicht leichter“, erklärt Ostmann. So entschied er sich schließlich für eine Minderheitsbeteiligung. An das Private-Equity-Haus Ecapital Entrepreneurial Partners AG in Münster gaben die Firmenchefs gut 30 Prozent der Anteile ab und strichen dafür drei Millionen Euro ein. Wichtig war ihm ein gutes Netzwerk mit ähnlichen Unternehmen, gute Kontakte zu Banken und zu Experten für ausländische Märkte. „Wir sind mit unserem Eigenkapitalpartner sehr zufrieden“, sagt Ostermann. Eine solche Aussage wäre bis vor einigen Jahren noch die große Ausnahme gewesen. Denn Private Equity (PE) und mittelständische Unternehmer trennte lange Zeit ein tiefer Graben. Zwar zeigten die Finanzinvestoren durchaus Interesse am deutschen Mittelstand. In diesen wollten sie sich in aller Regel jedoch über Mehrheitsbeteiligungen einkaufen – finanziert mit viel Fremdkapital, einem hohen Leverage also. Die Rechnung hatten sie ohne die mittelständischen Firmenlenker gemacht, die keineswegs gewillt waren, sich in ihr operatives Geschäft hineinreden zu lassen, geschweige denn, die Kontrolle über die eigene Firma ganz abzugeben.
Unternehmer sind jetzt am Drücker
Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise veränderte sich die Situation zugunsten der Unternehmen. Bereits 2013 zeigten verschiedene Studien, dass Private-Equity-Gesellschaften eher bereit waren, sich auf die Bedürfnisse des Mittelstandes einzustellen. Mit maßgeschneiderten Gesamtkonzepten und deutlich kürzeren Haltefristen werben sie seitdem um deutsche mittlere Unternehmen. Auch auf Minderheitsbeteiligungen lassen sich immer mehr PE-Finanzierer ein. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Zum einen mangelt es noch immer an großen Deals, zum anderen zieht der deutsche Mittelstand momentan viele Investorengruppen an, auch aus dem Ausland. So sind anders als vor der Krise nun die Unternehmen am Drücker und können sich ihre Kapitalgeber weitgehend aussuchen. Die Private-Equity-Gesellschaften haben kaum eine andere Möglichkeit, als sich mit den Wünschen der Mittelständler zu arrangieren. „Für Wachstum, Internationalisierung oder einen Zukauf gibt es derzeit auf jeden Fall Geld über Minderheitsbeteiligungen“, sagt Wilken von Hodenberg, Sprecher des Vorstandes des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V. (BVK). „Es mag sein, dass die Beteiligungsgesellschaften der Banken ihr Geschäft in diesem Bereich reduzieren“, erklärt der Experte. Grund dafür seien die verschärften Eigenkapitalvorschriften von Basel III. Bei Private-Equity-Häusern seien Minderheitsbeteiligungen aber zu erhalten. Und es kommt noch besser: Family Offices und Zusammenschlüsse vermögender Privatinvestoren stehen aufgrund des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus unter Anlagedruck. So entdecken sie den Mittelstand ebenfalls als vielversprechendes Investitionsobjekt.
Unternehmer investieren in Unternehmen
Dr. Hans-Dieter Rompel ist den neuen Investoren-Netzwerken glatte 23 Jahre voraus. „Ich war selbst 43 Jahre lang mittelständischer Unternehmer“, berichtet der Mitgründer, Partner und Verwaltungsratspräsident der Co-Investor AG. „Nachdem ich meine Firma erfolgreich verkauft hatte, suchte ich nach neuen Aufgaben.“ Mit drei Geschäftspartnern kam er daher auf die Idee, ein Netzwerk aus der Taufe zu heben, das Eigenkapital in den Mittelstand investiert. „Wir sprechen dieselbe Sprache wie der Mittelstand und glauben an ihn“, erklärt der Mitgründer. Heute ist Co-Investor ein hochkarätiger Investorenclub mit einem großen Netzwerk von privaten Anlegern. „Wir investieren ausschließlich Eigenkapital in Wachstumsunternehmen mit positivem Cashflow“, sagt Rompel. Was die Branchen angeht, so ist Co-Investor breit aufgestellt. Aktuelle Beteiligungen kommen zum Beispiel aus den Bereichen Food, System-Gastronomie, Polymer-Herstellung und Medizintechnik. Dabei schielt der Investorenclub keinesfalls auf die Mehrheit der Anteile. Die Höhe der Beteiligungen liegt zwischen fünf und 20 Millionen Euro, finanziert werden Unternehmen mit Umsätzen von etwa 30 bis 300 Millionen Euro. „An jeder Investition beteiligen sich die Gesellschafter mit zehn bis 30 Prozent selbst“, erklärt Rompel. Für die verbleibende Summe werden Investoren im Netzwerk gesucht. 2011 hat die Co-Investor AG gemeinsam mit der BHF-Bank in Frankfurt den Fonds „Mittelstand Co-Investment Portfolio“ aufgelegt, der rund 27 Millionen Euro eingesammelt hat und Beteiligungen bis zu 50 Prozent mitfinanziert. Die Haltedauer liegt bei drei bis sieben Jahren. „Aber das ist nicht fix“, sagt Rompel.
Mehr Alternativen in Deutschland schaffen
Insgesamt haben sich die Chancen mittelständischer Unternehmen auf Minderheitsbeteiligungen klar verbessert. Doch Firmenchef Ostmann ist trotzdem nicht davon überzeugt, dass sich der alte Graben zwischen Private-Equity-Investoren und Mittelstand wirklich schließen wird. Und das, obwohl er seinen eigenen Kapitalgeber schätzt. „Wir hatten schon eine ganze Reihe von Angeboten“, berichtet der Unternehmer. Aber die Auswahl an PE-Gesellschaften, die Minderheiten an Mittelständern übernehmen, sei in Deutschland nach wie vor nicht gerade groß, ist seine Ansicht. „Außerdem trennt man sich ja auch nicht gern von seinen Anteilen“, erklärt Ostmann. In den USA gebe es für Start-up- und Wachstumsunternehmen ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten. „Die deutsche Politik sollte mal für vernünftige Kreditbedingungen sorgen. Dann bräuchten Mittelständler oft gar keine Minderheitsbeteiligung“, fordert der Unternehmer. Auch der Exit des Kapitalgebers ist außerhalb der bundesdeutschen Grenzen angedacht. „Wann das sein wird, steht noch nicht fest, aber wir überlegen, das Unternehmen in einigen Jahren an die Börse bringen“, sagt Ostmann. „In den USA sind die Bedingungen einfach
besser.“ Andrea Martens I redaktion@regiomanager.de
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