Hätte man Spediteur Wilhelm Reibchen 1969 beim Spatenstich gesagt, dass hier einmal Deutschlands dreizehntgrößtes Messezen-trum stehen würde, so wäre ihm vermutlich vor Staunen die Schippe aus der Hand gefallen. Denn auch heute ist Bad Salzuflen – würde man deutsche Städte ihrer Größe nach ordnen – mit seinen knapp 55.000 Einwohnern ja immer noch eher „beschaulich“ zu nennen. Doch genau die Chancen in den vorgefundenen Bedingungen zu erkennen und intelligent für sich zu nutzen, das macht die Stärke des Messestandorts aus. Bis heute ist das bundesweit einzige privat betriebene Veranstaltungszentrum davon geprägt, dass die Geschäftsführung des Familienunternehmens aus den Gegebenheiten das Optimum herausgeholt hat. Geschäftsführer Andreas Reibchen: „Unsere Anfänge als Messezentrum konnten wir eigentlich nur dank der uns umgebenden Kurstadt festigen. Es war eine Win-win-Situation: Für die zahlreichen Pensionen und Hotels gab es Zeiten, in denen kaum Kurgäste kamen, und wir konnten dadurch in diesen Phasen unseren Messebesuchern ein überproportional großes Angebot an freien Betten offerieren.“ Bis heute spielt der Standortvorteil eine nicht unbedeutende Rolle für den Erfolg der Messe. Verkehrstechnisch optimal angebunden, im Herzen von Ostwestfalen und nahe den wichtigen Autobahnen, gibt es etwas, was andere Messen schmerzlich vermissen lassen: ausreichend Parkplätze. Wenn der Tag damit beginnt, dass man gestresst im Stau steht, weit entfernt parken und einen Shuttleservice nutzen muss, ist das Kontakteknüpfen besonders anstrengend. Zum Abschluss des Messetages, wenn alle gleichzeitig nach Hause wollen, sieht es dann oft noch schlimmer aus. Andreas Reibchen bekommt dementsprechend viel positives Feedback: „Unsere Aussteller wie auch die Gäste schätzen es, dass sie die Hallen unkompliziert und auf kurzen Wegen erreichen“, berichtet er. „Die Tage einer Messe entscheiden ja mitunter über den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres. Es hängt viel davon ab, hier Kontakte zu vertiefen und dann wichtige Verträge zu schließen. Wer sich wohlfühlt und fit ist, macht die besten Abschlüsse.“
Besucher aus ganz Europa auf Ostwestfalens Marktplatz
Wenn Aussteller und Entscheider mit ebendiesen besten Abschlüssen in der Tasche wieder nach Hause fahren, dann sprechen wir von über 60 Nationen auf Besucherseite und Firmen aus fast 40 verschiedenen Ländern. Mit der M.O.W. läuft auf den rund 85.000 Quadratmetern in Bad Salzuflen jedes Jahr Europas größte B2B-Möbelmesse des zweiten Halbjahres. Auch die FMB, die Zulieferermesse Maschinenbau schon seit 15 Jahren, oder die ZOW aufseiten der Möbelindustrie sind fest an den Standort gebunden. „90 Prozent der Aussteller auf der M.O.W. kommen sogar exklusiv zu uns“, freut sich Reibchen. „Trotzdem haben wir mit Blick direkt vor unsere Haustür noch Luft nach oben, finde ich. Von den Big Playern unserer Region – hier sind ja Namen wie Bertelsmann, Dr. Oetker, Melitta, Miele oder EDEKA und viele weitere beheimatet – denke ich, dass es immer noch einige gibt, die unsere Leistungsfähigkeit unterschätzen. Ob es das ist, wie beim sprichwörtlichen Propheten, der im eigenen Land nichts gilt, oder ob sie einfach ein so großes Messezentrum in Bad Salzuflen nicht erwartet hätten, ist mir noch nicht ganz klar … Ich würde mir wünschen, dass gerade die heimischen Firmen stärker auf uns setzen, als das bisher der Fall ist.“ Umgekehrt profitiert das Umland jedoch ganz enorm von der Messe. Die sogenannte Umwegrendite oder auch Umwegrentabilität liegt bei beeindruckenden acht bis zwölf Prozent. Das bedeutet, dass jeder Euro, der im Messezentrum ausgegeben wird, noch einmal den etwa zehnfachen Effekt in der Region hat. Restaurants, Messebauer, Hotels, Floristen und ähnliche Dienstleister profitieren. Die Rendite spiegelt sich letztlich auch positiv in den Steuereinnahmen wider, das aber, ohne dass Steuergelder – anders als bei allen anderen Messezentren mit städtischer oder staatlicher Beteiligung – investiert werden mussten.
Messemacher sind flexibel – schnelle Hilfe für Flüchtlinge
Als der Krieg in der Ukraine begann, stellte man sich überall darauf ein, dass größere Flüchtlingsgruppen eintreffen würden und entsprechend versorgt werden müssten. In kaum einer Stadt lief die Organisation aber so schnell und reibungslos wie in Bad Salzuflen. Bereits zwei Tage nach dem Krisengespräch bei der Stadt und der Bezirksregierung konnten die ersten Geflüchteten in den Messehallen aufgenommen werden. „Vor allem ging es uns darum, die Menschen vor akuter Obdachlosigkeit zu bewahren“, so An-
dreas Reibchen. „Bis zu 1.000 Schlafplätze konnten wir mit Unterstützung der Bezirksregierung kurzfristig einrichten, dazu Verpflegungs- und Aufenthaltsbereiche sowie die erforderliche Infra-
struktur. Es ging darum, schnell und unbürokratisch zu helfen und unsere bewährten Strukturen für die Flüchtlingshilfe zu nutzen.“ Stück für Stück wurden dann zeitnah die Angebote der medizinischen und psychologischen Versorgung aufgebaut. Bei 15 Hallen, jährlich 350.000 Besuchern auf bis zu 30 Veranstaltungen, ist die Stammmannschaft von knapp 13 Mitarbeitern natürlich ein eingespieltes Team. In Messezeiten sind sogar bis zu 200 Personen hier beschäftigt. „Das alles kann nur dann wohlorganisiert, präzise und doch schnell ablaufen, wenn es überall funktioniert wie in einem Uhrwerk. Wir sind froh, dass wir den Menschen aus dem Kriegsgebiet nicht nur eine erste Anlaufstelle mit warmem und trockenem Schlafplatz geben konnten, sondern tatsächlich einen Ort zum ersten Durchatmen nach der teilweise sehr dramatischen und anstrengenden Flucht. Hier hat sich auch gezeigt, dass die Region zusammenhält, wenn es darauf ankommt. Viele Initiativen und Freiwillige haben uns von allen Seiten unterstützt“, erklärt Reibchen. Seine Mannschaft konnte in diesen Wochen unter Beweis stellen, wie stark sie ist, wenn Organisationstalent gefragt ist. Kurze Kommunikationswege zwischen den Dienstleistern und die direkte Verfügbarkeit der Verantwortlichen minimieren den Aufwand der Beteiligten.
Kaum hat man „Gabelstapler“ ausgesprochen …
… ist er auch fast schon am Messestand angekommen. „Wenn wir am Ende unserer Messen mit den Firmenvertretern sprechen, interessiert uns natürlich, was sie uns als Feedback für künftige Veranstaltungen mitgeben möchten“, führt Andreas Reibchen aus. „Schließlich wollen wir unser Angebot immer weiter verbessern. Was wir dann regelmäßig hören, freut uns: Kurze Wege und direkten Kontakt zum Ansprechpartner findet man auf anderen Messen weniger. Oft sind es aber spontane Wünsche am Messestand, die das Zünglein an der Waage sein können, wenn es darum geht, einen möglichen Geschäftspartner für sich zu gewinnen. Wenn die Kunden dann unseren persönlichen und unbürokratischen Service loben, ist das eine schöne Bestätigung dafür, auf dem richtigen Weg zu sein.“ Flexibilität und natürlich die über 50 Jahre Erfahrung im Messegeschäft zeichnen das Zentrum im Herzen OWLs aus.
Maßgeschneiderte Locations von klein bis groß und für jeden Anlass
Gerade der Hallenkomplex mit den Nummern 20, 21, 22 und 23 ist ein schönes Beispiel dafür, wie wandelbar das Areal ist. Immer wenn neue Technik im Bereich Messebau auf den Markt kam, haben die Verantwortlichen des Zentrums geprüft und gegebenenfalls gleich investiert. Dementsprechend können die rund 27.000 Quadratmeter dort jetzt nahezu jedes gewünschte Ambiente, jede Art von Veranstaltungsort darstellen. „Wenn man zu verschiedenen Events die jeweils gleiche Halle betritt, könnte man meinen, man sei an einem anderen Ort“, ist sogar Reibchen immer wieder fasziniert. „Gerade in den drei Hallen 20, 21 und 22 kann man gut sehen, wie flexibel skalierbar wir sind. Mit Hallenabtrennungen, verschiedenen Eingängen von verschiedenen Seiten und vielen anderen Elementen haben wir nahezu unendliche Gestaltungsmöglichkeiten. Ob Einzelraum für Tagungen, Konferenzbereich für Meetings, kleine Events, Symposien – bei uns ist alles machbar: bestuhlt, als freie Gestaltungsfläche oder besonders aufbereitet. Unser Bistro in Halle 21 hat mit seinem klaren, hellen und modernen Ambiente eine schöne Atmosphäre, um während des Essens den Tag Revue passieren zu lassen. Das Restaurant bietet einen geradezu sensationellen Blick aufs Geschehen, von hier schaut man direkt in die Messehalle 22.1.“ Gerade dieses Umfeld ist es wohl, was reale Messen in vielerlei Hinsicht so inspirierend macht – und damit eben auch nicht durch virtuelle Zusammenkünfte zu ersetzen ist.
„Messe“ heißt auch „anfassen und ausprobieren“
Im Gegensatz zu den nachhaltigen Spuren, die der pandemiebedingte Ausnahmezustand in vielen Unternehmen hinterlassen hat – vor allem durch die Erkenntnis, dass Homeoffice durchaus auch weiterhin immer wieder eine gute Möglichkeit sein kann –, ist man im Messe-Business heilfroh, dass die Einschränkungen mittlerweile weitgehend vorbei sind. Andreas Reibchen: „Unserer Erfahrung nach waren die verschiedenen digitalen Veranstaltungen bei unseren Kunden eher eine Notlösung, sie wollen jetzt endlich zur normalen Messe zurück. Natürlich haben viele gemerkt, dass man damit einiges machen kann, am Grundprinzip hat das aber nichts geändert. Musik lässt sich gut digital verkaufen, wenn es aber um größere Dinge geht oder auch um Emotionen, dann muss man den direkten Kontakt haben. Denken Sie doch nur – und wir haben aus diesem Bereich ja viele Hersteller hier in OWL – mal an ein Möbelscharnier: Man will es nicht nur sehen, man möchte auch hören, wie es klickt, wie es rastet und wie es auf- und zugeht. Online lässt sich alles bearbeiten, aber wenn ich etwas in der Hand habe, weiß ich sicher, was mich erwartet.“ Man spürt eine Leidenschaft für das Business, wenn An-
dreas Reibchen davon erzählt. Schon in der dritten Generation ist seine Familie davon erfasst und auch der Nachwuchs ist bereits „infiziert“ … Offensichtlich hat also sein Großvater Wilhelm damals auch im übertragenen Sinne den Grundstein gelegt.
Daniela Prüter | redaktion@regiomanager.de
Messe Ostwestfalen
Benzstraße 23
32108 Bad Salzuflen
Ein Porträt des Unternehmens und weitere Informationen zu Messe Ostwestfalen finden Sie HIER
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