Büro & Arbeitswelt

Ausländische Arbeitnehmer: Expats, Impats

Ausländische Arbeitnehmer beschäftigen leicht gemacht

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von Regiomanager 24.07.2019
Sie heißen Expats willkommen: Johannes Grünhage, Leiter des Expat Service Desks, Oberbürgermeister Thomas Geisel, Svitlana Bayer, Mitarbeiterin des Expat Service Desks, Landrat Thomas Hendele und IHK-Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen (v.l.) (Foto: Michael Lübke)

Einsatz ausländischer Fach- und Führungskräfte gewinnt für deutsche Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet die Eingliederung dieser Mitarbeiter – sogenannter Impatriates, kurz: Impats – eine große Herausforderung. (Der Begriff Impatriates ist das Gegenstück zu Expatriates, den ins Ausland entsendeten Mitarbeitern; letztlich sind beide immer beides). Herausfordernd ist das Impat-Management, weil es sich dabei um einen höchst komplexen Prozess handelt, in dem viele verschiedene Komponenten zusammenspielen – rechtliche, organisatorische, soziale, kulturelle. Vier Rechtsgebiete greifen ineinander: Aufenthalts-, Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht greifen ineinander und zeitigen Wechselwirkungen. Hinzu kommt, dass sich in diesen Rechtsgebieten ständig etwas ändert, sodass es selbst für Experten schwierig ist, alles im Blick zu behalten.

Oft fehlen strukturierte Prozesse

Während die Firmen Entsendungen ins Ausland inzwischen relativ versiert handhabten, stecke das Impat-Management noch in den Kinderschuhen, haben die Experten der auf Global Mobility Services spezialisierten Unternehmensberatung BDAE Consult aus Hamburg festgestellt. In den Unternehmen fehle es an strukturierten und dokumentierten Prozessen für die Eingliederung ausländischer Mitarbeiter, an der Dokumentation von Arbeitsabläufen ebenso wie an Einarbeitungsplänen.
Ein Beispiel, wie sich derartige Defizite auswirken können, schildert BDAE-Pressesprecherin Anne-Katrin Schulz. In einem großen deutschen Unternehmen der Konsumgüterindustrie hatte die Firmenleitung zusammen mit der Personalabteilung beschlossen, zu Ostern jedem der Mitarbeiter ein Überraschungsei zu schenken. Nachdem die Personaler ermittelt hatten, wie viele Beschäftigte auf der Payroll standen, wurden rund 1.500 solcher Eier bestellt und verteilt. Die Überraschung kam nicht überall gleich gut an, denn es dauerte nicht lange, bis sich herausstellte, dass die 150 aus diversen ausländischer Konzerngesellschaften des Unternehmens entsandten Mitarbeiter nicht mit einem Ü-Ei bedacht worden waren. Die reagierten verschnupft. Durch die peinliche Panne entstand der Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft im Unternehmen. Oder wurde zementiert.
An diesem Beispiel würde deutlich, was in vielen Firmen in puncto Integration ausländischer Mitarbeiter schieflaufe, so Schulz. Es mangele nämlich häufig schon an Basics wie der bloßen (administrativen) Erfassung der Impats, selbst dann, wenn sie aus Tochter- oder Muttergesellschaften entsendet wurden. Brenzlig wird es spätestens dann, wenn der Zoll vor der Tür steht und wissen möchte, wie viel ausländisches Personal derzeit beschäftigt ist.

Harte und weiche Faktoren

So überaus diffizil ist das Impat-Management auch deswegen, weil sich „harte“ rechtliche und organisatorische Komponenten mit „weichen“ psychologischen und sozialen miteinander vermengen. Die ausländischen Mitarbeiter in Deutschland juristisch korrekt einzustellen und abzusichern ist die erste große Herausforderung, ihnen einen reibungslosen Einstieg in den Betrieb zu ermöglichen die zweite. Mindestens ebenso wichtig ist es, dafür zu sorgen, dass auch das außerberufliche soziale Drum und Dran stimmt – Wohnen, Schule, Kinderbetreuung, Sprachkurse, ein passender Job für die Partnerin oder den Partner – und keine Unzufriedenheit aufkommt. Denn der Erfolg eines Projektes steht und fällt in aller Regel mit den entsandten Fachkräften und ihrem speziellen Know-how. Wenn diese aus Frust, Verärgerung oder anderen Gründen ihre Entsendung vorzeitig, also vor Projektabschluss, beenden, kann das für Unternehmen verheerende Folgen haben. Und sehr teuer werden, weil viel Geld „verbrannt“, das heißt umsonst investiert wurde.

Rechtsvorschriften beachten

Teuer werden kann es auch, wenn Rechtsvorschriften nicht richtig verstanden und angewendet wurden. Eine Hauptfehlerquelle ist das Aufenthaltsrecht. Neben dem Herkunftsland (EU? Drittstaat?) spielen die Aufenthaltsdauer und die Art der Tätigkeit eine Rolle. Bei Verstößen, auch solchen gegen das Arbeitsgenehmigungsrecht oder gegen Visabestimmungen, kommt schnell der Verdacht illegaler Beschäftigung auf und es drohen folgenschwere Sanktionen: Bußgelder bis zu 500.000 Euro pro Fall und Mitarbeiter, auch Freiheitsstrafen, rückwirkende Zahlungen nicht entrichteter Sozialversicherungsbeiträge, Ausweisung der Impatriates und ihrer Familien oder ein (Wieder-)Einreiseverbot.

Expat Service Desk

Um kleine und mittlere Unternehmen in der Region Düsseldorf/Mettmann bei der Beschäftigung und Integration internationaler Fach- und Führungskräfte zu unterstützen, haben Stadt und Kreis zusammen mit der IHK Düsseldorf eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet, den Expat Service Desk ME & DUS. Anfang 2017 nahm er die Tätigkeit auf. „Wir wollen die ersten Schritte in Deutschland erleichtern, informieren und beraten“, erklärt Projektleiter Johannes Grünhage. „Wir verstehen uns als Ansprechpartner für alle Fragen zum Leben und Arbeiten in der Region.“ Der Service ist kostenlos, Arbeitssprachen sind Deutsch und Englisch. Grünhage spricht außerdem Chinesisch – er arbeitete jahrelang in Schanghai –, seine Kollegin Svitlana Bayer Russisch und Italienisch.
Bis April 2019 hätten sich 175 Unternehmen und 672 Impats aus 71 Nationen an den Desk gewandt, berichtet Bayer. Rund 2.200 Beratungen hätten stattgefunden und mehr als 30 Informationsveranstaltungen. Die Ratsuchenden kamen zumeist aus Drittstaaten, besonders häufig aus China, Indien, Japan, den GUS-Staaten und den USA. „Und wegen des Brexits auch zunehmend Briten“, so Grünhage. Der größte Informationsbedarf bestand zu Ausländerrechtsthemen (29 Prozent der Anfragen aus Unternehmen und 19 Prozent der von Einzelpersonen betrafen speziell dieses Gebiet), Sozialversicherungsrecht, Jobsuche (auch für Partner/Partnerin), Einschulung/Kinderbetreuung. Svitlana Bayer hat festgestellt, dass sich die Impats in zunehmendem Maße mittels der sozialen Medien untereinander informieren und austauschen.

Dortmund Expat Community

„Sich online verknüpfen und offline treffen“ ist das Prinzip der „Dortmund Expat Community“. Gut drei Viertel der rund 3.000 registrierten Mitglieder seien Expats, der Rest Einheimische, erzählt Vanessa Kuhlmann. Die Unternehmensberaterin betreut die Gruppe als Ambassadorin von InterNations, einem großen, weltweiten Netzwerk und Informationsportal für Berufstätige, die im Ausland leben und arbeiten. Nach eigenen Angaben zählt das seit 2017 zur XING-Gruppe gehörende Unternehmen mit Sitz in München 3,4 Millionen Mitglieder und ist in 420 Städten präsent. In Deutschland sind es rund 30, sieben davon liegen in NRW. Neben Dortmund sind das Aachen, Bochum, Bonn, Düsseldorf, Essen und Köln.
„InterNations fungiert als internationale Online- und Offline-Community, in der Berufliches und Privates verknüpft werden“, erklärt Vanessa Kuhlmann. „Den Mitgliedern bietet sie die Möglichkeit, sich mit anderen Mitgliedern, die die gleiche Lebenssituation und ähnliche Bedürfnisse haben, auszutauschen und zu vernetzen.“ Gelegenheit dazu bieten die monatlich stattfindenden After-Work-Events in Dortmund und diverse weitere Aktivitäten, z.B. gemeinsame Koch- oder Themenabende. Für die von bis zu 100 Teilnehmern besuchten After-Work-Event wählt Kuhlmann immer neue Lokalitäten aus, „damit sie Dortmund und Umgebung kennenlernen“. Über die sozialen Medien kündigt sie die Veranstaltungen an und bereitet sie nach. Und wenn ein englisch- oder arabischsprachiger Steuerberater gesucht wird, durchforstet sie ihr privates Netzwerk.
Vanessa Kuhlmann ist international geprägt und bringt selbst Expat-Erfahrung mit. Sie wuchs in Ägypten und England auf, mit Deutsch als Vater- und Englisch als Muttersprache, bekam es im Internat mit 60 verschiedenen Nationalitäten zu tun und hat u.a. in China gearbeitet. „Ich habe gemerkt, wie wichtig es ist, anderen die Hand zu reichen und selbst die Hand gereicht zu bekommen“, sagt sie. Anne Schneller | redaktion@regiomanager.de

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