Management

Konfliktmanagement: Der Ton macht die Musik

Mit dem Kopf durch die Wand ist meist keine besonders gute Idee. Wie Führungskräfte Konflikte frühzeitig erkennen und lösen können.

Avatar
von Regiomanager 05.11.2018
(Foto: ©Rawpixel.com – stock.adobe.com) | Barbara Bocks

Konflikte sind normal, ob nun im privaten oder beruflichen Alltag. „Die meisten Konflikte entstehen durch zu wenig Kommunikation“, sagt Jonathan Barth, der als Wirtschaftmediator beim Steinbeis Beratungszentrum für Wirtschaftsmediation tätig ist. Führungskräfte sollten daher laut Barth dafür sorgen, dass in ihren Teams möglichst viel im direkten Austausch und per Telefon abgesprochen wird, da E-Mails mehr Raum für Missverständnisse lassen. Generell sollten Chefs und Führungskräfte in ihren Teams aktiv zuhören und nachfragen, ob sie das Gesagte richtig verstanden haben.

Nicht auf eine Seite stellen

„Wenn sie einen Konflikt in ihrem Team bemerken, sollten sich Führungskräfte nicht auf eine Seite stellen, sondern eine vermittelnde Rolle einnehmen und als Erstes zunächst mit jedem beteiligten Mitarbeiter einzeln das Gespräch suchen, um sich ein Bild von der Situation zu verschaffen“, so Barth weiter. Der Grund ist simpel. „Führungskräfte sind nicht neutral in ihrem unmittelbaren Umfeld, weil sie eigene Interessen verfolgen, sei es beispielsweise hinsichtlich der eigenen Position oder des Erfolgs des Unternehmens“, sagt Anke Beyer. Sie ist als Mediatorin, Supervisorin und Rechtsanwältin unter anderem im Institut für Mediation Streitschlichtung und Konfliktmanagement e. V. tätig. Ein fester Rahmen, wie ein fester Termin, der für alle Beteiligten klar ist, hilft Beyer zufolge bei der Auflösung. „Beim Konfliktmanagement geht es vor allem um das Ernstnehmen der Interessen und Bedürfnisse aller Unternehmensbeteiligten und ihrer subjektiven Sichtweise“, so Beyer weiter.

Der Grundgedanke des Harvard-Konzepts für bilaterale Verhandlungen ist, dass man bei Konflikten zunächst die persönliche und die sachliche Ebene voneinander trennt. „Es kommt vor, dass persönliche Konflikte einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Weg stehen“, sagt Beyer. Ein Indikator dafür ist beispielsweise die reaktive Abwehr. Dies ist zu beobachten, wenn zwei Mitarbeiter die gleiche Idee haben, aber nur einem der beiden Gehör geschenkt wird. Als zweiten Schritt sollten sich die Beteiligten laut des Harvard-Konzepts auf die Interessen und Bedürfnisse der agierenden Personen konzentrieren und daraus dann eine Lösung entwickeln. Wichtig ist laut Beyer außerdem, dass die Beteiligten sich für dieses Gespräch genügend Zeit nehmen. In fünf Minuten zwischendurch kann laut der Expertin kein Konflikt konstruktiv gelöst werden.

Konflikte eskalieren auf lange Sicht eher

Sobald Führungskräfte Konflikte wahrnehmen, müssen sie diese zwar nicht sofort, aber möglichst zeitnah adressieren. Konflikte lösen sich nicht von selbst auf, sondern eskalieren auf lange Sicht eher. Und je mehr ein Konflikt eskaliert ist, desto weniger ist er laut Barth aus dem Team heraus lösbar. Daher bietet sich mitunter eine neutrale dritte Person aus der Personalabteilung, aus einem anderen Team oder auch ein unternehmensexterner Mediator als Schlichter an. „In manchen Fällen hilft es zunächst, die Arbeitsbereiche der Beteiligten zu trennen“, sagt Barth. Den Konflikt sollte die Führungskraft dennoch lösen. „Denn so genannte kalte Konflikte können später wieder akut werden, wenn sie nicht zeitnah adressiert werden und die Personen später doch wieder zusammenarbeiten“, so Barth weiter.
Von 2005 bis 2015 haben die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers (PWC) die Entwicklungsprozesse im Konfliktmanagement deutscher Unternehmen empirisch untersucht. Zu den offensichtlichen und verdeckten Kosten von ungelösten Konflikten gehörten laut der Studie neben „Dienst nach Vorschrift“ unter anderem auch eine höhere Mitarbeiterfluktuation. „Sind zwei Mitarbeiter in einem Konflikt verstrickt, der die beiden von ihrer Zusammenarbeit beispielsweise nur eine Stunde am Tag abhält, summiert sich dieser Fehlbetrag pro Monat schon auf 20 Stunden, die beide produktiver nutzen könnten“, sagt auch Beyer, „von den Effekten dieses Konflikts auf angrenzende Abteilungen einmal ganz abgesehen“. Bei der Konfliktlösung sollten Führungskräfte laut Barth nur koordinierend tätig werden. Idealerweise sollten die Beteiligten gemeinsam eine mögliche Lösung erarbeiten, damit der Konflikt dauerhaft gelöst wird.

Konfliktmanagement positiv besetzen

Führungskräfte können laut Beyer an der Motivation ihrer Mitarbeiter, der Entwicklung der Krankenstände sowie der Stimmung und der Art des Austauschs untereinander erkennen, ob sie sich mehr um das Konfliktmanagement kümmern müssen. Das Angebot eines offenen Ohrs, von Team-Building-Maßnahmen und Fortbildungen drücken Wertschätzung für die Mitarbeiter aus und hebeln nicht die gesetzten Ziele aus. Eine konstruktive Konfliktkultur einzurichten funktioniere allerdings nur, wenn diese von der Führungsebene trotz Arbeitsbelastung und Zeitmangels erkennbar mitgetragen würde. Wie die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat abläuft, ist oftmals ein Indikator für dieses Bewusstsein. Hinzu kommt noch, dass nur Wenige gerne über Konflikte reden. Daher rät Barth, das Thema daran auszurichten, die Strukturen und Abläufe im Team und auch mit angrenzenden Abteilungen zu verbessern. „Dafür reichen im Alltag bereits fünf bis zehn Minuten in einem wöchentlichen Team-Meeting, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen“, sagt Barth. Die Führungskraft sollte sich auch regelmäßig fixe Termine für kurze Einzelgespräche mit Mitarbeitern beispielsweise in der Mittagspause reservieren, um über die Zusammenarbeit zu sprechen. Am Ende von Projekten bietet es sich Beyer zufolge an, über das, was gut gelaufen ist und was verbessert werden könnte, zu sprechen, damit sich diese Konflikte nicht wiederholen.
Zu weiteren konkreten Maßnahmen für das Konfliktmanagement zählen beispielsweise Workshops für alle Mitarbeiter, unter anderem zu Themen wie kooperativem Verhandeln, Round-Table-Gesprächen, Mediationsangeboten, gegebenenfalls auch einer internen Mediationsstelle, die die Beteiligten bei Konflikten im Unternehmen unterstützt. Oftmals entstehen Konflikte zwischen Abteilungen wie Produktion und Vertrieb aus deren strategischen Zielen, die sich gegenüberstehen. Hier bietet sich laut Barth beispielsweise ein eintägiger Strategieworkshop mit allen Beteiligten an. Diesen Workshop sollte möglichst jemand aus einer nicht beteiligten Abteilung, der Personal- oder Rechtsabteilung oder ein neutraler externer Spezialist, anleiten. Interne Mediatoren sollten möglichst aus einem anderen Fachbereich stammen, aber am gleichen Standort sitzen. Die Experten der Europa-Universität Viadrina und PWC kommen in ihrer Studie zu folgendem Schluss: „Ohne eine gewisse Experimentierfreude und den Mut, neue Wege und Strukturen tatsächlich auszuprobieren, kann sich im Kern der Konfliktkultur von Unternehmen nichts ändern.“Barbara Bocks
| redaktion@regiomanager.de

Teilen:

Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*