Immer wieder hört oder liest man von Generation X, Y oder Z. Und jeder dieser Generationen werden spezifische Eigenschaften und eigene Wertvorstellungen zugeschrieben, die sich in besonderem Maße auf die Arbeitswelt und damit auf Unternehmen auswirken sollen. Können die Menschen der verschiedenen Generationen vielleicht gar nicht anders, als sich zu einem bestimmten Muster zu entwickeln?
Die Generation X
Zwischen 1966 und 1980 geboren ist die Generation X mit Krisen groß geworden. Der Kalte Krieg, der Mauerfall und die Aids-Epidemie waren markante Einschnitte im Leben der Generation X. Kein Wunder, dass finanzielle Sicherheit und das Streben nach Erfolg im Beruf einen Halt gebenden Rahmen schaffen sollten. Die Generation X kennt ein Berufs- und ein Privatleben, die beide stark voneinander abgegrenzt sind.
Die Generation Y
Immer auf der Suche nach dem Sinn hinter der eigenen Existenz. So wird die Generation Y oder die Millenials, also die Menschen, die zwischen 1981 und 1995 geboren wurden, gerne bezeichnet. Durch die zunehmende Digitalisierung haben sich für diese Personengruppe ganz neue Horizonte eröffnet. Die Generation wird als tolerant beschrieben, Selbstbestimmung bekommt einen immensen Stellenwert. Ein Fakt, der sich besonders im Berufsleben bemerkbar macht. Die „Always-on“-Mentalität der Generation Y prägte Begriffe wie Work-
Life-Blending, also das Vermischen von beruflichem und privatem Leben.
„Millennials verbinden den Job mit dem Privaten, checken auch spätabends von zu Hause aus noch Mails, machen mit ihrem Team in der Mittagspause Sport oder gehen gemeinsam nach der Arbeit was trinken. Überstunden werden hier eher als selbstverständlich erachtet.“ – Rüdiger Maas, Leiter des Instituts für Generationenforschung in Augsburg.
Die Generation Z
Eine Welt ohne Internet? Für die Generation Z, die zwischen 1995 und 2010 geboren ist, unvorstellbar. Wie selbstverständlich ist die Gen Z mit der Informationsflut des World Wide Web groß geworden und wird noch immer damit groß. Zwischen neuen Berufsbildern wie Streamer und Influencer wird diese Personengruppe aber auch mit schlechten Neuigkeiten überhäuft wie keine vor ihr. Shitstorms bei Fehlverhalten politischer Größen, aber auch soziale Ungerechtigkeit und der Klimawandel beeinflussen sie. Besitz hat für die Gen Z im Vergleich zur Gen X massiv an Bedeutung verloren, ein idealer Nährboden für Abo-Modelle und Sharing-Anbieter. Bezahlt wird eher für den Nutzen eines Produktes, nicht mehr für den Besitz. Doch diese Flut an Informationen hat ihren Preis: immer geringere Aufmerksamkeitsspannen und Konzentrationsprobleme. Gleichzeitig rückt eine Sensibilisierung für die eigenen Belange, die eigene Gesundheit in den Fokus. Damit einher geht eine wieder striktere Trennung von Berufs- und Arbeitsleben, der Wunsch nach klaren Regeln und festen Strukturen. Und trotz fester Strukturen avanciert die Gen Z zum Regelbrecher, so z.B. bei den Fridays for Future-Demonstrationen, bei denen Tausende Schülerinnen und Schüler für mehr Klimaschutz auf die Straße gingen. „Dass Jugendliche, die noch nicht einmal volljährig sind, eine solche politische Initiative organisieren, ist historisch neu. Die 68er-Bewegung prägten Studierende jenseits der 20. Die maßgeblichen Organisatoren der Proteste um den Hambacher Forst sind zwischen 20 und 40. Und nun sehen wir Menschen, die zum Teil gerade dem Grundschulalter entwachsen sind und Sprecher- oder Leiterrollen für die lokalen Ableger von ,Fridays for Future‘ ausüben“, urteilt der Generationenforscher Klaus Hurrelmann über das Engagement der Gen Z.
Kritik an der
Generationenforschung
Dass Menschen sich anhand ihrer Erfahrungen nach einem bestimmten Schema entwickeln, unterschiedliche Wertevorstellungen und Lebensziele haben, erscheint auf den ersten Blick logisch. Doch hat die Generationenforschung auch Kritiker. So z.B. der Marburger Soziologe Professor Dr. Martin Schröder, der nach seinen Studien feststellt: „In Wirklichkeit gibt es die [hinter den Generationen] vermuteten Einstellungsunterschiede nicht.“
„Wenn man sich die Einstellungen unterschiedlicher Geburtenjahrgänge anschaut, fällt auf, dass die vermeintliche Generation Y genauso denkt wie so ziemlich alle anderen Generationen vor ihr. Es gibt Einstellungsunterschiede, die sich in der gesamten Gesellschaft breitmachen, aber die erfassen alle Generationen gleichermaßen“, so Professor Schröder. Darüber hinaus gilt es, bei der Betrachtung verschiedener „Generationen“ auch den sozialen Aspekt einzubeziehen. Und hier hinkt die Gleichschaltung von Menschen nur aufgrund ihres Jahrgangs. Viel sinnvoller scheint die Einteilung der gesamten Gesellschaft nach Milieus, denn hier kommen Einstellungen, Werte sowie soziale Schicht zum Tragen, die in der Generationendiskussion vollkommen außer Acht gelassen werden.
Stellen wir einmal einen 15-jährigen Gymnasiasten, Sohn wohlhabender Eltern, die stets ein offenes Ohr für die Belange ihres Sohns haben, aus einem Hamburger Nobelviertel mit einem gleichaltrigen Hauptschüler aus einem von Kriminalität und Arbeitslosigkeit geprägten Brennpunktviertel gegenüber, wird klar, wo die Probleme im Ausrufen bestimmter Eigenschaften von Generationen liegen. Beide Schüler werden vermutlich wenige Einstellungen, Werte und Ziele gemeinsam haben. Besonders Unternehmen verlassen sich bei der Besetzung von neuen Positionen auf die vermeintlichen Ansprüche der verschiedenen Generationen, doch vielmehr geht es doch um den Menschen – und der ist viel mehr als sein Geburtsjahr.
Anne Martin | redaktion@regiomanager.de
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