Die Weltbank hat 167 Nationen miteinander verglichen und unserem Land schon mehrfach die Logistik-„Goldmedaille“ verliehen: zuletzt 2018, 2016 und 2014, außerdem im Langzeitvergleich 2012–2018. In fünf von sechs Unterkategorien belegt Deutschland den ersten Platz: Verkehrswege, Zollabfertigung, Logistikkompetenz, Tracking & Tracing sowie Pünktlichkeit. Ohne Nordrhein-Westfalen, wo fast ein Drittel der deutschen Logistikumsätze generiert werden, wäre Deutschland in diesem Ranking weit abgeschlagen. NRW ist ein logistisches Kraftzentrum mit dem bundesweit dichtesten Straßen- und Schienennetz, zwei internationalen Großflughäfen sowie einem dichten Netz von Wasserstraßen. Mit Duisburg befindet sich hier auch der größte Binnenhafen der Welt. Nicht überraschend, dass über ein Viertel aller Logistikzentren in Deutschland in NRW liegt. Warum? Weil in einem Radius von nur 150 Kilometern rund um Düsseldorf 500 Millionen Verbraucher erreichbar sind.
Vieles hat mit dem Rhein zu tun. Schon die Römer nutzten ihn zum Transport – allerdings parallel zu ihrem Straßennetz, denn sie waren überzeugt „multimodal“ unterwegs. Im Mittelalter war der Rhein dann der bedeutendste Handelsweg in Nord-Süd-Richtung. Heute transportieren 135 Meter lange Binnenschiffe Container auf dem Rhein – vierlagig gestapelt. Verrückt, dass die Tonnage auf dem Rhein abnimmt, obwohl hier noch verschwenderisch viel Platz ist – im Vergleich zur Schiene und vor allem der Straße. In den Chemieparks im Rheinland und im Ruhrgebiet schlägt das chemische Herz Europas. So sind 30 Prozent der deutschen Chemie in NRW ansässig. Und auf dem alten Zechengelände in Duisburg-Rheinhausen ist mit dem „Logport I“ ein Logistikzentrum modernsten Zuschnitts entstanden.
NRW ist dichter besiedelt als die Niederlande oder Japan. Das macht manche logistische Prozesse besonders anspruchsvoll. Entwickelt werden Lösungen dafür ebenfalls in Nordrhein-Westfalen mit seiner dichten Forschungsinfrastruktur; sie könnten Nutzen bringen auf der ganzen Welt, ob autonomes Fahren oder Blockchain-Technologie für die Logistik.Aber in NRW geht es nicht nur um die Zukunft, sondern immer wieder auch um die Vergangenheit. Leider. Um zerbröselnde Rheinbrücken – die bundeseigenen sind im Schnitt 46 und die kommunalen 63 Jahre alt – und um marode Schleusen im Wesel-Datteln-Kanal. Es dauert zu lange, bis etwas dagegen gemacht wird. Die Betuwe-Linie – die Güterzugstrecke vom Rotterdamer Außenhafen nach Deutschland – wurde 2007 eröffnet. Schon damals beteuerte die deutsche Seite, bald die Anbindung auszubauen. Immerhin ist die Bahnstrecke Teil des wichtigen europäischen Rhein-Alpen-Güterverkehrskorridors von Rotterdam nach Genua. Stand März 2020, so beklagt etwa der Verband der Chemischen Industrie, besteht nur auf zwölf von 73 Kilometern Baurecht und es ist von deutlichen Verzögerungen bei der Fertigstellung auszugehen.Aber man sollte nicht nur meckern, denn es tut sich auch einiges. Rund ein Fünftel der Mittel im Bundesverkehrswegeplan 2030 stehen für NRW zur Verfügung. Allenthalben wird gebuddelt. Gut so. Denn wenn die Logistikinfrastruktur zwischen Rhein und Weser stimmt, gibt es vielleicht bald wieder gute Noten von der Weltbank.
Info
Logistikforschung und Entwicklung
- 47 Logistikstudiengänge und maßgebliche Logistikforschungsinstitute
- Spitzenplätze Logistik-Hochschul-Ranking 2020: 1: Uni Duisburg-Essen,
3: FH Münster, 9: Uni Bochum - Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund ist
das größte Logistikforschungsinstitut weltweit - Im EffizienzCluster LogistikRuhr entwickeln 180 Firmen und 20 Wissen-
schaftseinrichtungen seit 2010 effiziente, ressourcenschonende Technologien
Binnenschifffahrt in NRW: Steckbrief
- An der Schnittstelle wichtiger europäischer Wasserstraßen
- 720 Kilometer schiffbare Wasserstraßen (Deutschland: 7476 Kilometer),
118 Häfen – Anbindung an wichtige „Westhäfen“ (z. B. Rotterdam, Antwerpen) - Rhein (226 Kilometer in NRW), eine der verkehrsreichsten Binnenwasserstraßen
der Welt, fließt auf 226 Kilometer durch NRW; 2020 wurden in NRW-Rheinhäfen
75,6 Prozent umgeschlagen - „Binnenschifffahrtsland Nr. 1“ im Vergleich der Bundesländer: 2019 wurden am
Niederrhein ca. 159 (2008 noch 181,3) Millionen Tonnen Güter registriert (Quelle: BDB) - „Duisport“ (Duisburg): größter Container-Binnenhafen der Welt auf 1550 Hektar
vereint Straße, Schiene und Wasser - „Logport I“ im Duisburger Hafen: eines der größten Logistikzentren Europas
Eisenbahn in NRW: Steckbrief
- Streckenlänge (nach Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung): 5523 Kilometer – NRW/D: 14,4 Prozent
- Beförderte Güter (2016; ohne Durchgangsverkehr): Versand: 64.443 Tausend Tonnen – NRW/D: 22,7 Prozent
- Empfang: 61.502 Tausend Tonnen – NRW/D: 21,0 Prozent
Straßenverkehr in NRW: Steckbrief
- Autobahnnetz: über 2250 Kilometer, weitgehend sechsspurig ausgebaut; 4400 Kilometer Bundesstraßen, 13.100 Kilometer Landstraßen, 9800 Kilometer Kreisstraßen
- Deutscher Flächenstaat mit der höchsten Belastung der Straßen (über 25 Prozent des deutschen Straßenverkehrs): durchschnittlich 57.000 Fahrzeuge auf Autobahnen pro Tag
- Bei Gütermenge im Gesamtverkehr mit deutschen Lkw ist NRW Spitzenreiter unter den Ländern: Versand/Empfang aus NRW Steigerung +8,2/8,0 Prozent (2010–2016) auf 585,900/572,522 Millionen Tonnen
Luftverkehr in NRW: Steckbrief
- Zwei Großflughäfen und vier Regionalflughäfen mit internationalen Zielen
- DUS Passagierflughafen Nr. 3 in Deutschland, CGN Luftfracht-Airport Nr. 3 in Deutschland
- Alle UPS-Pakete nach und aus Europa laufen über Köln/Bonn. UPS ist größter Arbeitgeber am Airport (2.100 Mitarbeiter), pro Stunde werden 190.000 Pakete sortiert, auch Fedex betreibt ein Verteilerzentrum
- Keine Nachtflugverbote hat Paderborn/Lippstadt; Köln/Bonn und Münster/Osnabrück erlauben zwischen 22 und 6 Uhr nur „Kapitel-3-Flugzeuge“
Claas Möller | redaktion@regiomanager.de
Claas Syrt Möller
| redaktion@regiomanager.de
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