Auf den ersten Blick sollte man sich in Wirtschaft und Politik im Rhein-Kreis Neuss keine Sorgen machen. Denn der erhält – vor allem was Wirtschaftskraft und Innovationsstärke angeht – regelmäßig „gute Noten“. So stufte der letzte Zukunftsatlas des renommierten Beratungsinstituts Prognos AG den Rhein-Kreis Neuss als am besten aufgestellten Kreis in Nordrhein-Westfalen ein, dem grundsätzlich gute Zukunftsaussichten attestiert werden. Dabei profitiert der Kreis auch von seiner zentralen Lage im Ballungsraum Rhein-Ruhr, in direkter Nachbarschaft zur Landeshauptstadt Düsseldorf und zur Millionenstadt Köln sowie der Nähe zu den Überseehäfen Antwerpen und Rotterdam. Auf diesen großen Standortvorteil baut die regionale Wirtschaftsförderung natürlich auf, wobei den Entscheidern bewusst ist, dass die derzeitige, erfreuliche Situation kein Freibrief sein kann. Der Rhein-Kreis Neuss steht vor der Herausforderung, den Strukturwandel im Rheinischen Revier positiv zu nutzen, um den Umbau seiner Wirtschaft mitzugestalten. Denn Klimawandel und Digitalisierung machen nicht vor den Kreisgrenzen halt.
Ein klarer Plan für den Strukturwandel
In diesem Bewusstsein setzt der Rhein-Kreis Neuss bereits seit einigen Jahren eindeutig auf Innovation und versteht sich als der Innovationskreis in NRW. Wichtige Bausteine dieser Strategie sind die Förderung des Mittelstandes (KMU-Förderung), die Start-up-Förderung, das Schaffen von Orten (Places), an denen sich Gründer entfalten können, und die Vernetzung von Gründern und Investoren. „Wir haben einen klaren Plan, wie unsere Zukunft aussehen soll und wo wir hinwollen“, betont der Leiter der Wirtschaftsförderung im Rhein-Kreis Neuss, Robert Abts. „Wir gestalten den Strukturwandel aktiv – und entwickeln diesen Prozess zusammen mit der Wirtschaft.“ Dabei geht es nach Auffassung des Wirtschaftsförderers sowohl um eine nachhaltig und klimagerechte Zukunftsgestaltung wie auch um die zukünftigen Trendthemen einer innovativen Wirtschaft. Hier ist vor allem wichtig, dass für Jobs, die im Zuge der Energiewende wegbrechen, auch wieder neue Jobs entstehen. „Unsere auf Innovationstransformation ausgerichtete Förderstrategie soll zwingend dazu beitragen, dass unsere wichtigen Industriekerne wettbewerbsfähig bleiben und die dortigen Arbeitsplätze im Kreis erhalten werden“, erklärt Robert Abts seine Strategie.
Erfolgreiches Gründerökosystem
Um diese Ziele zu erreichen, entfalten Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, Kreisdirektor und Wirtschaftsdezernent Dirk Brügge sowie ihr Wirtschaftsförderer Robert Abts mit der Unterstützung ihrer Politik seit Jahren vielfältige Aktivitäten, um Gründungen zu fördern und bestehende Unternehmen zu stabilisieren. Bereits im Jahr 2008 wurde in Neuss ein STARTERCENTER NRW eröffnet, das seither die Basis des Gründerökosystems im Rhein-Kreis Neuss bildet. Hier werden Seminare und Workshops zu Gründungsthemen sowie regelmäßige Veranstaltungen und Netzwerkabende angeboten. Ein weiterer wichtiger Baustein ist der digihub Düsseldorf/Rheinland zur Förderung der Digitalisierung, an dem der Rhein-Kreis Neuss seit Gründung 2016 als Gesellschafter direkt beteiligt ist. Seit 2018 gibt es das Gründerstipendium NRW, für das der Rhein-Kreis Neuss als Jury akkreditiert ist. Gründer können für einen Zeitraum von zwölf Monaten 1.000 Euro im Monat Förderung bekommen. Es werden Early-Stage-Gründungen – nicht nur mit digitalem Konzept – gefördert.
Der Innovationskreis in NRW
„Um weiter einer der wirtschaftsstärksten Kreise Deutschlands und ein attraktiver Innovationsstandort zu bleiben, hat der Rhein-Kreis Neuss 2020 seine Innovationskreis-Strategie mit den vier Säulen Mittelstand, Places, Start-ups und Network ins Leben gerufen“, erklärt Wirtschaftsförderer Abts. „So unterstützen wir seit Sommer 2021 mit dem Förderprogramm ‚accelerate_rkn‘ zukunftsweisende Start-ups im Kreisgebiet.“ Dabei bekommen Early-Stage-Gründungen mit innovativen Ideen ein Leistungspaket im Wert von 25.000 Euro über einen Zeitraum von fünf Monaten. Als weiteren Baustein zur Umsetzung der Innovationskreis-Strategie wurde im Oktober 2021 auf dem Gelände des Areal Böhler, an der Stadtgrenze Meerbusch-Düsseldorf, das Global Entrepreneurship Centre (GEC) eröffnet. Das GEC soll weltweit Start-ups unterstützen, die zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz beitragen – und bis zum Jahr 2030 2.000 bis 3.000 neue Jobs in die Region bringen. Das Projekt wird mit knapp zehn Millionen Euro aus dem STARK-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie sowie mit weiteren Mitteln des Rhein-Kreises Neuss im Rahmen des Sonderprogramms für das Rheinische Revier gefördert.
Global Entrepreneurship Centre für eine klimagerechte Zukunft
Die Aufgabe des GEC, Schlüsseltechnologien für eine klimagerechte Zukunft zu fördern und Industrien nachhaltig zu transformieren, passt sehr gut zu seinem Standort nahe an den Branchenkernen von Energiewirtschaft und chemischer Industrie. „Im Fokus unserer Transformationsarbeit stehen Branchen mit einem großen ökologischen Fußabdruck wie Textilwirtschaft, Landwirtschaft und Ernährung, Mobilität und Transport sowie Bauen und Wohnen – sie alle sind in der Region stark vertreten“, erklärt GEC-Co-Founder und -CFO Sebastian Gronwald. „Dass hier auch durch den Umbau des Rheinischen Reviers erhebliche Marktchancen für innovative Konzepte entstehen, kommunizieren wir in die weltweite Gründerszene.“
Gute Rahmenbedingungen
für Start-ups schaffen
Auf diese Weise konnten bereits drei deutsche Start-ups von den guten Rahmenbedingungen im Rhein-Kreis Neuss überzeugt und zur Umsiedelung bewegt werden. Dabei wurde selbstverständlich darauf geachtet, dass die Unternehmen gut in die Region passen. Inzwischen steht das GEC auch mit Start-ups aus dem Ausland in Kontakt, die Standorte in Deutschland oder Europa suchen. Wahrscheinlich wird es in Kürze gelingen, ein junges Unternehmen aus Indien in den Rhein-Kreis Neuss zu holen. Auf der anderen Seite ist es eine Aufgabe der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Start-ups, die erfolgreich skaliert haben, vor Ort so gute Bedingungen zu bieten, dass es keinen Grund gibt, die Region zu verlassen. Möglichst sollten auch die Produktionsstätten regional erhalten bleiben.
Start-ups fit für
den Markt machen
Die Arbeit des Global Entrepreneurship Centre beruht auf den drei Säulen „GEC Scaling Factory“, „GEC Catalyst“ und „GEC Technology“. Dabei dient die Scaling Factory der Überbrückung von „Skalierungs-Löchern“. Denn Start-ups bekommen häufig gerade zu Beginn ihrer Gründung genügend Fördermittel für Innovationsforschung, die aber leider endet, wenn es darum geht, in Hardware, Prototypen, Anlagen, außeruniversitäre Laborkapazitäten und weitere Maßnahmen zur Skalierung zu investieren – und das Geschäftsmodell nachhaltig fit für den Markt zu machen. Oft fehlt es dann sowohl an Kapital wie auch an Expertise für einen professionellen Markteintritt. Hier kann das GEC u.a. mit der Suche nach neuen Investoren helfen, Rechtsfragen klären, Produktions- und Laborflächen vermitteln, den IT-Workflow verbessern und bei der Gewinnung von geeigneten Fachleuten unterstützen. Es wird ein intensives Mentoring durch das GEC sowie externe Expertinnen und Experten betrieben. Im Rahmen des Catalyst-Programms bereitet das GEC außerdem früher-phasige Start-ups für die Factory-Qualifizierung vor. Im Fokus stehen Start-ups, die bereits gegründet wurden, aber den Sprung zum funktionsfähigen Produkt und konsistenten Geschäftsmodell noch vor sich haben. Hier geht es vor allem um die Schärfung des Geschäftsmodells – im Rahmen eines zehnwöchigen „Lean Launchpad“-Kurses gemeinsam mit Experten aus dem Silicon Valley.
Maßstäbe für modernes
Leben und Arbeiten setzen
Im dritten Schritt – GEC Labs + Technology – steht die Schaffung von kleinen Flächen für Labore und Produktion im Umfeld des GEC an, damit die Unternehmen in den ersten Skalierungsphasen weiter am Standort bleiben könnten. Da der Platz in den Hallen des Industrieareals Böhler begrenzt ist, plant das GEC seinen Standort in Zukunft an den Rand des Gebiets zu verlegen. Für das visionäre Innovationszentrum sind bereits Investoren gefunden, sodass hier neue Maßstäbe für modernes Leben und Arbeiten gesetzt werden können. „Beim Bau des Gebäudes setzen wir hauptsächlich auf Holz und andere wiederverwertbare Materialien“, wagt GEC-Mitgründer Sebastian Gronwald einen Ausblick. „Das fertige Innovationszentrum ›
könnte z.B. mit Dach- und Vertikalfarmen eigene Lebensmittel produzieren, einen weitgehend autonomen Wasserkreislauf haben und dadurch Abwässer reduzieren. Unseren Strom könnten wir mittels regenerativer Technologien autark erzeugen. Zusätzlich denkbar wäre die Anbindung und Erprobung nachhaltiger Verkehrskonzepte bis hin zu autonomer Mobilität.
Eine Brücke zwischen
Start-up-Szene und Region
Diese zukunftsorientierte Vision eines Innovations-Hotspots mit internationaler Ausstrahlung gefällt auch den Entscheidungsträgern im Kreishaus Neuss. „Das GEC ist ein High-Level-Produkt, das hilft, im Rhein-Kreis Neuss eine dynamische und eigenständige Gründungsszene zu etablieren“, erklärt Kreisdirektor Dirk Brügge. Dieses Gründerökosystem soll zugleich eine Brücke zwischen bodenständiger, regionaler Wirtschaft und der weltweiten Start-up-Szene sein, um Innovationen und neue Geschäftsmodelle in Richtung Mittelstand zu bringen – der im Gegenzug fest im Markt steht und eine gute Expertise in Bezug auf die Realisierbarkeit von Projekten hat. Gleichermaßen dürfte infolge der Ansiedlung und Skalierung nachhaltiger Start-ups durch das GEC ein neuer Mittelstand in der Region entstehen, der die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft nährt. „Das GEC als Transformationsort auf dem Areal Böhler ist ein Sinnbild für den Wandel von Industrie und neuer Start-up-Kultur. An einem solchen Ort herrscht ebendiese besondere innovative Atmosphäre, die sich auch für Start-ups gut anfühlt. Das GEC schafft Raum für Begegnungen zwischen ‚alter‘ und ‚neuer‘ Welt. Die hier investierten Ressourcen sind also sehr gut eingesetzt“, freut sich Brügge.
Info
Teilnehmer GEC-Factory-Programm
NANOO – die Zukunft
des effizienten Heizens
Die NANOO GmbH ist eine Neuansiedlung im Areal Böhler – mit innovativer Heiztechnik „made in Germany“. Ihr Produkt ist eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen IR-Heizplatten. Mit Infrarot- und Carbon-Nanotube-Technik erzielen NANOO-Heizungen höchste Effizienzgrade bei Wärmeerzeugung, Energieverbrauch und Heizkostenreduktion. NANOO bietet mit seiner flächendeckenden, ultradünnen Carbon-Nanotube(CNT)-Schicht eine größtmögliche Heizfläche und strahlt damit eine unvergleichlich angenehme Behaglichkeitswärme aus. – www.nanoo.de
Teilnehmer GEC-Factory-Programm
retraced – Transparenz und
Nachhaltigkeit in der Modebranche
Das Start-up retraced bietet eine Plattform, die Mode- und Textilunternehmen hilft, ihre Lieferketten mittels Software transparent zu machen. Mit der Technologie kann genau nachvollzogen werden, wie und wo Produkte hergestellt wurden. Dafür schlüsselt retraced die gesamte Wertschöpfungskette auf und vernetzt alle involvierten Unternehmen über die Plattform. Zusätzlich werden dabei Informationen über die Nachhaltigkeit der Materialien und Produktionsbedingungen gespeichert, die nachträglich nicht mehr verändert werden können. – www.retraced.com
Erhielt ein Gründerstipendium
SCOOPER – der schnelle Koffeinschub
für die Backentasche
SCOOPER, das sind zwei Freunde mit ein und derselben Vision, für die sie bei „Die Höhle der Löwen“ 150.000 Euro Investition realisiert haben. Ihr Produkt sind kleine Wachmacher, sogenannte „Pouches“, gefüllt mit natürlichem Koffein, gewonnen aus echten Kaffeebohnen und angereichert mit Vitamin B5. Der Pouch wandert von der Zunge in die Wangentasche oder unter die Oberlippe, in der er für zehn bis 15 Minuten verschwindet. Die Wirkung eines Pouches entspricht der eines Espressos mit dem Side-Effekt, sodass sie durch ihren Geschmack für einen frischen Atem sorgen. – www.scooper.energy
Durch digihub Ignition gefördert
SchrottBienen – eine
Recycling-Revolution
Das junge Neusser Start-up will den Status quo im Recycling revolutionieren. Auch kleine Mengen wertvoller Rohstoffe sollen in den Recycling-Kreislauf zurückgeführt werden. Aus Sicht der „Schrottbienen“ muss Schrotthandel digital, transparent und zu fairen Konditionen laufen. Die Kundinnen und Kunden können ihren Schrott so aufwandslos und stressfrei wie möglich entsorgen. Die abgeholten Altmaterialien werden fachgerecht und sortenrein entsorgt. Alles wird genau dokumentiert. – www.schrottbienen.de
Wirtschaftsförderung Rhein-Kreis Neuss
Oberstraße 91
41460 Neuss
Ein Porträt des Unternehmens und weitere Informationen zu Wirtschaftsförderung Rhein-Kreis Neuss finden Sie HIER
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