Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, Katja Hessel (FDP), zeichnete ein düsteres Bild von der deutschen Wirtschaft. „Unser Land steht am Scheideweg, ob Wachstum oder Stagnation, ob Spitzengruppe oder Mittelmaß“, sagte sie. Deutschland müsse produktiver, innovativer und wettbewerbsfähiger werden. Nur mit Reformen werde sich wieder Wachstum einstellen, so Hessel. Die Bundesregierung plant, mit dem „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“ für Reformen zu sorgen.
Der Regierungsentwurf für das geplante Regelwerk, das kurz als „Wachstumschancengesetz“ bezeichnet wird, wurde am 30. August dieses Jahres vom Bundeskabinett beschlossen. Am 13. Oktober hat der Bundestag erstmals über den Entwurf beraten. Diese Beratung eröffnete Katja Hessel mit ihren düsteren Worten zur deutschen Wirtschaft. Wenn es im Gesetzgebungsverfahren zu keinen Verzögerungen kommt, wird das Wachstumschancengesetz voraussichtlich im November 2023 vom Bundestag verabschiedet. Sofern der Bundesrat wie geplant im Dezember zustimmt, wird es bereits am 1. Januar 2024 in Kraft treten. Das Gesetz bietet Unternehmen erhebliche Vorteile, die sie nutzen sollten.
Mit dem Wachstumschancengesetz will die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Dafür sind verschiedene Maßnahmen geplant, das zentrale Projekt ist jedoch die Einführung einer Investitionsprämie zur Förderung der Wirtschaftstransformation. Dafür wird innerhalb des geplanten Regelwerks ein eigenes Gesetz geschaffen: Das Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz (KlimaInvPG), das den ersten Teil des Wachstumschancengesetzes bildet. Die Klimaschutz-Investitionsprämie soll die steuerliche Förderung von Investitionen in die Dekarbonisierung der Wirtschaft umsetzen, die im Koalitionsvertrag noch als „Superabschreibung“ bezeichnet wurde. Der Wechsel von der Abschreibung zur Investitionsprämie hat einen klaren Vorteil: Unternehmen können unabhängig von ihrer Ertragslage von der Prämie profitieren. Dafür müssen sie nur wissen, wie es funktioniert.
Wer hat Anspruch?
Grundsätzlich haben alle in Deutschland nach dem Einkommensteuergesetz oder Körperschaftsteuergesetz beschränkt oder unbeschränkt Steuerpflichtige Anspruch auf die Klimaschutz-Investitionsprämie, die Einkünfte nach Paragraf 2, Absatz 1, Satz 1, Nummer 1-3 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielen. Dazu gehören Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit. Sowohl Körperschaften und Personengesellschaften als auch Privatpersonen können begünstigt sein. Auch Unternehmen, die nach Paragraf 1a Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu einer Kapitalgesellschaft optieren, sind anspruchsberechtigt.
Was wird gefördert?
Die Klimaschutzprämie umfasst die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Auch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die durch die Umrüstung bestehender Anlagen entstehen, sind begünstigt. Leider enthält der Regierungsentwurf keinen Katalog, der die förderfähigen Anlagen auflistet. Ob eine sogenannte „Begünstigungsfähigkeit“ vorliegt, hängt immer davon ab, ob ein Unternehmen nachweisen kann, dass eine geplante Anlage einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wird. Dieser Nachweis muss im Antrag für die Prämie erbracht werden und wird in jedem konkreten Fall geprüft.
Was wird nicht gefördert?
Das Umlaufvermögen, unbewegliche sowie immaterielle Wirtschaftsgüter sind von der Förderung ausgeschlossen. Daher dürften Energiesparmaßnahmen an Gebäuden, die zu nachträglichen Herstellungskosten führen, eher nicht förderfähig sein. Auch Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung, Ausgaben für Fernwärme und/oder Fernkälte oder für Energieanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, sind nach dem derzeitigen Stand nicht begünstigt. Erstinvestitionen in ausländische Betriebsstätten sind ebenfalls von der Förderung ausgeschlossen. Leasing ist in den ersten beiden Förderjahren ebenfalls nicht in der Prämie enthalten.
Wie hoch ist die Förderung?
Die Klimaschutz-Investitionsprämie beträgt 15 Prozent der nachgewiesenen Anschaffungs- und/oder Herstellungskosten. Die Bemessungsgrundlage ist jedoch auf 200 Millionen Euro begrenzt. Daher können maximal 30 Millionen Euro geltend gemacht werden. Liegen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter 10.000 Euro, ist die Bemessungsgrundlage zu niedrig. In diesem Fall kann die Prämie nicht in Anspruch genommen werden.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Unternehmer müssen die Investition, für die sie die Klimaschutzprämie beantragen möchten, in einem Einsparkonzept darlegen. Dieses muss zumindest die folgenden Informationen enthalten: Standort und Bezeichnung der Maßnahme, eine ausführliche technische Erläuterung des Projekts und eine Beschreibung der Produktionsumgebung vor und nach der Investition. Erforderlich ist auch eine Auflistung der zur Umsetzung der Maßnahme erforderlichen Wirtschaftsgüter mit den jeweiligen Kosten. Eine Kalkulation der Energiebilanz vor und nach der Investition sowie eine Überschlagsrechnung der Energie- und Energiekosten-Einsparungen dürfen ebenfalls nicht fehlen.
Wer erstellt das Einsparkonzept?
Unternehmen dürfen das Einsparkonzept grundsätzlich nicht allein erstellen. Sie müssen die Dienstleistungen eines zugelassenen Energieberaters in Anspruch nehmen. Wenn das Unternehmen jedoch über ein Energie- oder Umweltmanagementsystem verfügt, das nach der DIN-Norm EN ISO 50001 oder nach dem Eco-Management and Audit Scheme (EMAS) zertifiziert ist, können unternehmenseigene Energiemanager das Einsparkonzept erstellen.
Wie lange gibt es die Prämie?
Das Wachstumschancengesetz soll Ende dieses Jahres in Kraft treten. Der Förderzeitraum würde dann am 31. Dezember 2023 beginnen und am 1. Januar 2030 enden. Unternehmen sollten später anfallende Investitionen frühzeitig planen und angehen. Der Grund: Teilherstellungskosten und Anzahlungen auf Anschaffungskosten, die vor dem 1. Januar 2030 geleistet werden, können begünstigt werden.
Wann und wie ist der Antrag zu stellen?
Die Klimaschutzprämie muss elektronisch beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Der Antrag kann erst nach der Anschaffung oder Herstellung einer förderfähigen Sachanlage gestellt werden. Die Anschaffung oder Herstellung muss innerhalb des Förderzeitraums erfolgen. Alle Voraussetzungen der Förderung müssen im Antrag enthalten sein, einschließlich des Einsparkonzepts. Insgesamt sind vier Anträge möglich. Wenn vier einzelne Klimaschutzprämien bewilligt werden, werden die Einzelbeträge addiert, wobei die Summe auf 200 Millionen Euro begrenzt ist. Wichtig: Anträge können auch nach dem Ende des Förderzeitraums noch bis zum 31. Dezember 2031 gestellt werden. Da erst die erforderlichen IT-Systeme eingerichtet werden müssen, gehen Experten davon aus, dass Anträge vor Anfang 2025 nicht möglich sein werden.
Was gilt steuerlich?
Bei der steuerlichen Abschreibung der Anschaffungs- und Herstellungskosten werden diese um die Investitionsprämie reduziert. Kapitalgesellschaften müssen in Höhe der Prämie eine Gewinnrücklage bilden.
Andrea Martens | redaktion@regiomanager.de
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