Wohl keine deutsche Metropole ist besser mit schnellem Internet ausgestattet als Köln. Hier steht 97,2 Prozent der Haushalte eine Internetverbindung von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) zur Verfügung. Leverkusen ist sogar noch etwas besser ausgestattet, Düsseldorf, Aachen und Bonn nur geringfügig schlechter. Insgesamt waren Mitte 2017 in NRW 83,3 Prozent der Haushalte mit Breitband von mindestens 50 Mbit/s versorgt – nur die Stadtstaaten sind besser aufgestellt; nächstes Flächenland ist Schleswig-Holstein mit 81,9 Prozent, während Mecklenburg-Vorpommern Schlusslicht ist. Der Durchschnittswert für Deutschland liegt bei 76,7 Prozent, im ländlichen Bereich aber bei nur noch 36,2 Prozent. Der Oberbergische Kreis ist in NRW die am schlechtesten versorgte Region mit 47,1 Prozent.
Abgehängt durch langsames Internet
Wie ein Unternehmen jedoch selbst in einer relativ gut mit schnellem Internet versorgten Stadt abgehängt werden kann, lässt sich z.B. in Bielefeld studieren – zu 81,1 Prozent ans schnelle Internet angeschlossen. Der Reise Know-How Verlag gehört zu den restlichen 18,9 Prozent: „Wenn wir eine Buchvorlage mit 500 bis 1.000 Megabyte an die Druckerei schicken wollen, dann dauert das vier Stunden und der ganze Laden liegt platt“, meint Inhaber Peter Rump. „Darum verschieben wir das meist in die Nachtstunden.“ Der nächste Anschlusspunkt für schnelles Internet liege zwar nur 100 Meter entfernt, allerdings unterhalb der Bundesstraße 68. Die Telekom hat Rump eine Lösung fürs nächste Jahr angekündigt – auf Kupfer und nicht auf Glasfaser basierend. Rund 16 Prozent der Unternehmen verzichten mangels Bandbreite auf den Einsatz bestimmter Technologien, meldeten 2016 die Industrie- und Handelskammern in
Nordrhein-Westfalen (IHK NRW).
Gewerbegebiete: Überraschungen im Boden
Für den Industriestandort NRW haben die 3.000 Gewerbegebiete naturgemäß besondere Bedeutung. Aber „den Betrieben stehen hier Glasfaseranschlüsse nur in Einzelfällen zur Verfügung“, heißt es in der Breitband-Studie der Micus Strategieberatung. Und wie genau sie ans Internet angeschlossen sind, ist überraschenderweise oft unklar, sagt Dr. Matthias Mainz, Federführer Wirtschaftspolitik und Digitalisierung bei IHK NRW. „Man weiß vielfach nicht, was für Kabel im Boden verlegt ist. Die Telekommunikations-Unternehmen müssen und wollen das nicht unbedingt offenlegen. Dazu sollte man sie allerdings drängen. Mit diesen Ergebnissen sollte man dann die Netze dort ausbauen, wo der Nutzen am größten ist.“ Tatsächlich wird momentan vielerorts im Land die Breitband-Infrastruktur verbessert. „Den Masterplan hat man dafür sicherlich nicht; es gibt viele kleine Initiativen“, sagt Dr. Mainz.
Hohe Ausbaudynamik in NRW
„Nordrhein-Westfalen war von Anfang an das Flächenland in Deutschland mit der besten Breitbandversorgung und das wird sich fortschreiben“, zeigt sich Dr. Jürgen Kaack von Breitband NRW und gleichzeitig Inhaber der STZ-Consulting überzeugt. „Mittlerweile sind wir unter den Flächenländern auf Platz drei bei den Förderzusagen.“ NRW hat inzwischen seiner Analyse nach eines der komfortabelsten Förderprogramme: Der Bund trägt 50 Prozent der Kosten, die EU zehn Prozent und das Land gibt den Rest, was bei einer Kommune in der Haushaltssicherung bis zu 50 Prozent sein kann. „Durch die verschiedenen Förderprogramme ist eine enorme Dynamik und Bewegung entstanden.“ Viele Gebietskörperschaften beschäftigen sich mit dem Breitbandausbau, wozu nicht zuletzt die „Enabling-Richtlinie“ des Landes beiträgt. Drei Jahre lang können Kreise und kreisfreie Städte mit sogenannten Breitbandkoordinatoren mit jährlich 50.000 Euro finanziert werden. „Dadurch gibt es vielerorts nun engagierte und vor allem
permanente Ansprechpartner.“
Neben dem geförderten Ausbau, kann es aber auch schneller und günstiger gehen – und zwar wenn Kommunen und Privatwirtschaft zusammenarbeiten. Das Borkener Unternehmen Deutsche Glasfaser verfolgt ein Marktmodell, das auf die sogenannte Nachfragebündelung setzt. Wenn 40 Prozent der Haushalte oder Unternehmen in einem potentiellen Ausbaugebiet einen Vertrag mit Deutsche Glasfaser unterzeichnen, werden Glasfaseranschlüsse (FTTH) kostenlos ausgebaut – das heißt auch ohne langwierige und kostspielige Förderverfahren für die Kommunen. Mit ihrem Marktmodell für Privathäuser und Gewerbegebiete sind sie momentan das schnellst wachsende Unternehmen in Deutschland, das zukunftsfähige und kupferfreie Glasfaserleitungen bis ins Haus und Unternehmen ausbaut.
Schnelles Internet:manchmal Mogelpackung
Oberflächlich betrachtet ist Deutschland beim Breitband gut aufgestellt. Knapp über 80 Prozent der Haushalte haben einen „Next Generation Access“ mit Datenraten ab 50 Mbit/s. Der EU-Schnitt liegt insgesamt bei etwas über 70 Prozent, für den ländlichen Bereich jedoch bei nur 36,4 Prozent. Allerdings lag Deutschland 2015 bei den Glasfaseranschlüssen weit unter dem EU-Durchschnitt. Nur 6,6 Prozent der Haushalte sind direkt an Glasfaser angeschlossen („FTTP“, Fiber to the Premises), im ländlichen Bereich sogar nur 1,4 Prozent. Für Spanien liegen die Vergleichswerte beispielsweise bei 52,8 und 5,6 Prozent. Vor allem Kupferdoppeladern oder Kupferkoaxialkabel fürs Kabelfernsehen ermöglichen in Deutschland Geschwindigkeiten über 50 Mbit/s. Zwar ist die Telekom der größte Glasfaserverleger Deutschlands, sie setzt jedoch für den Abzweig zu den Nutzern auf das sogenannte Vectoring, die Optimierung vorhandener Kupferkabel, die Datenraten von 100 Mbit/s oder sogar etwas mehr ermöglichen – aber dann ist eben Schluss.
Re-Monopolisierung des Netzes
Konkurrenten und Fachleute werfen der Telekom vor, damit den Glasfaserausbau zu verlangsamen und die Konkurrenz zu behindern. „Es ist in gewisser Weise eine Re-Monopolisierung des Netzes“, ist auch Dr. Jürgen Kaacks Einschätzung. Er ist dafür, offensiv auf Glasfaser zu setzen. „Glasfaser ermöglicht symmetrische Anschlüsse, mit denen Upload- und Downloadrates gleich hoch sind. Nur Internet über Glasfaser ist ausreichend schnell etwa für künftige Anwendungen wie die Kontrolle von Operationen. Hinzu kommt, dass Kupferkabel im Gegensatz zu Glasfasernetzen überall im Boden relativ energiehungrige Komponenten erfordern.“
Datenwachstum jährlich20 Prozent
Dr. Kaack liegt mit seinem Einsatz für Glasfaser-Ausbau auf einer Linie mit der bisherigen rot-grünen und der neuen Landesregierung mit ihrem „Gigabit-Masterplan“. Ein Gigabit entspricht 1.000 Megabit pro Sekunde – statt 50. Dieser Quantensprung ist nur mit Glasfaser möglich. Dr. Jürgen Kaack weist darauf hin, dass das weltweit übertragene Datenvolumen Jahr für Jahr um rund 20 Prozent steigt. Und darum ist nicht nur er der Überzeugung, dass für eine zukunftsfähige Infrastruktur jetzt viel Geld in Glasfaser gesteckt werden sollte.
Claas Möller | redaktion@nrw-manager.de
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