Ohne gut qualifizierte Mitarbeiter ist unternehmerisch kein Blumentopf zu gewinnen. Diese Binsenweisheit in die betriebliche Praxis zu überführen ist jedoch leichter gesagt als getan. Da hilft es, wenn man als Unternehmer die Qualifikation seiner Mitarbeitenden auch nach außen hin dokumentieren und somit für die Anwerbung attraktiver Aufträge nutzen kann.
Beispiel: Schweißerprüfung
So berichtet etwa Matthias Grahl, Chef des gleichnamigen Schweißfachbetriebs aus Wachau bei Dresden, dass der Schweißerpass als Qualitätssiegel der Branche ein Muss für die Mitarbeiter des Unternehmens sei. Ihre Kompetenz für die Schweißerprüfung, in einem oder mehreren der heute gängigen sechs Verfahren, erlernen Fügeexperten in ihrer Berufsausbildung zum Metallbauer (Konstruktionstechnik) oder in Weiterbildungskursen. Und dann gibt es obendrauf noch den ‚Internationalen Schweißfachmann‘, also den betrieblichen Meister in Sachen Schweißen. Dafür braucht es aber eine längere Weiterbildung (ca. 300 bis 360 Unterrichtsstunden). Bei Grahl zeigten mehrere Mitarbeiter Interesse an dieser Weiterbildung. Der Chef wählte einen für den Kurs aus. Die anderen gingen aber nicht leer aus. Für sie besorgte er eine Fortbildung und die Nachprüfung ihrer Schweißerpässe, die alle zwei Jahre ansteht.
Weiterbildungskosten
sind Investitionen
Ist eine Weiterbildung bei einem externen Anbieter notwendig, stellt sich sofort die Frage: Wer bezahlt die Kursgebühren und wie wird die Arbeitszeit geregelt? Für den ‚Internationalen Schweißfachmann‘ sind immerhin zwischen 4.500 bis 6.000 Euro je nach Anbieter fällig. Fortbildungen sind teuer. Inzwischen gibt es das Aufstiegs-BAFöG, das der Metallbaubetrieb derzeit für einen Mitarbeiter nutzt und damit einen Großteil der Kosten abdeckt. Für die Weiterbildung gibt es unterschiedliche Zeitformate: in Vollzeit oder Teilzeit. Wird das berufsbegleitende Format gewählt, fällt kaum Arbeitszeit aus. Das bedeutet konkret, dass ein Kurs für ca. drei bis sechs Monate ansteht, und das nach Feierabend. Freitag 15:00 bis 20:00 oder 21:00 Uhr und Samstag von 7:30 bis 15:00 Uhr. „Für den Mitarbeiter, der sich für Aufstiegsfortbildung entscheidet, ist das schon eine Belastung, die er wollen muss“, erklärt Matthias Grahl.
Grundsätzlich gilt: Arbeitgeber müssen die Fort- und Weiterbildungskosten für ihre Beschäftigten nur dann übernehmen, wenn sie ihnen die Teilnahme vorschreiben. Für einen Kurs, den der Arbeitnehmer selbst anschiebt, muss das Unternehmen weder die Kosten dafür tragen noch den Mitarbeiter für diese Zeit von der Arbeit freistellen. Aber: Arbeitgeber haben ein großes Interesse an der Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. 96 Prozent begrüßen laut einer Forsa-Umfrage Bildungsvorschläge ihrer Arbeitnehmer.
Betriebsbindung
vertraglich vereinbaren
Die Kosten bei lehrgangsorientierter Weiterbildung sind für viele Betriebe zwar ein Knackpunkt. Aber, so die Weiterbildungsbefragung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, rund 80 Prozent sagen, dass sie die Aufteilung der Kosten für angemessen hielten. Dieser Befund stützt die Erfahrung, wonach Betriebe die Ausgaben für Weiterbildung als Investition betrachten, von der sie mittel- bis langfristig profitierten. Was damit gemeint ist, verdeutlicht folgender knapper Dialog, den Bildungsprofis gerne erzählen. Der Meister fragt den Chef: „Was passiert, wenn wir in die Entwicklung unseres Mitarbeiters investieren und der uns dann verlässt?“ Chef: „Was passiert, wenn wir nicht in die Entwicklung der Mitarbeiter investieren und er bleibt?“
Wo berufliche Bildungsangebote für den Betrieb teuer sind, hat sich im Arbeitsrecht das Instrument der ‚Bindungsverträge‘ entwickelt. Das bedeutet: Übernimmt der Betrieb die Kosten ganz oder teilweise, verpflichtet sich der Arbeitnehmer im Gegenzug, dem Unternehmen treu zu bleiben. Konkret: Er oder sie kann nur dann vor Ablauf der Bindungsfrist kündigen, wenn er oder sie die Kosten für die Weiterbildung komplett oder anteilig dem Arbeitgeber erstattet. Die Arbeitsgerichte bis hin zum Bundesarbeitsgericht (BAG) haben diese Praxis inzwischen bestätigt. Bindungsfrist und Kosten müssen nur in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Das passende
Lernformat finden
In der betrieblichen Weiterbildung haben sich unterschiedliche Lernformate etabliert. Dabei gibt es keinen ‚Königsweg‘, dafür sind die Lerntypen und -bedürfnisse zu unterschiedlich. Im Info-Kasten sind sie zusammengetragen: angefangen vom klassischen Seminar bis zu den seit der Corona-Pandemie boomenden digitalen Angeboten.
Es fällt auf, dass die Chefs und die Mitarbeiter unterschiedliche Präferenzen haben. Besonders stark ist der Unterschied bei Coaching-Programmen, umfangreichen und länger dauernden Kursen und Blended-Learning-Angeboten.
Im betrieblichen Alltag kommt es darauf an, die Interessen und Wünsche auszutarieren. Weiterbildung auf Vorrat macht wenig Sinn. Nur wenn es einen konkreten betrieblichen Bedarf aktuell oder in absehbarer Zukunft gibt, ist es sinnvoll, Bildung als Lösung einzusetzen. Ein nur vermeintlicher oder vager Zukunftsbedarf ist der Motivationskiller für die Mitarbeiter.
Über die Bedeutung der Weiterbildung sind sich beide Seiten einig: 78 Prozent der Beschäftigten halten Weiterbildung für ‚sehr wichtig‘ oder ‚wichtig‘. Und 78 Prozent der Personalentscheider sehen in Weiterbildung einen klaren Wettbewerbsvorteil, 80 Prozent einen Grund für eine Gehaltserhöhung und 88 Prozent wissen, das Weiterbildung zum beruflichen Aufstieg verhilft.
Wie findet der Betrieb den
richtigen Bildungsanbieter?
Mittelständische Betriebe brauchen für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter oftmals externe Bildungsanbieter. Den passenden zu finden ist wie das berühmte Suchen der Stecknadel im Heuhaufen. Für die unter 14.000 Weiterbildungsanbietern suchenden Firmenchefs gibt es Datenbanken. Die größte Sammlung bietet www.kurs-net.de, ein Service der Arbeitsagentur. Interessant ist ebenfalls die Meta-Suchmaschine von www.iwwb.de,
die unter 3,6 Mio. Kursen aus rund 60 regionalen und überregionalen Weiterbildungsdatenbanken das Passende sucht. Regionale Anbieter in NRW finden Sie auch auf www.regiomanager.de. Die Handwerkskammern (www.handwerkskammer.de) und Industrie- und Handelskammern (www.dihk.de) bieten ebenfalls einen Überblick über ihre Kurse bzw. Anbieter.
Dr. Klaus Heimann | redaktion@regiomanager.de
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