Management

Starke Partner: Erfolgreich mit starken Partnern

Wie finden Unternehmen die richtigen Kandidaten für die Zusammenarbeit?

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von Regiomanager 25.05.2023
(© ­­­master1305 − stock.adobe.com)

Der Weg hin zu einer erfolgreichen Partnerschaft im Geschäftsleben ist alles andere als einfach – „ganz analog zum zwischenmenschlichen Bereich“, sagt Christoph Bode vom Stiftungslehrstuhl für Procurement an der Universität Mannheim. „Statt Tinder und Co. nutzen wir den Sourcing-Prozess, der von der Bedarfsanalyse bis hin zur Lieferantenauswahl das Auswahlproblem verdichtet.“
Um den Lieferantenmarkt gezielt zu bearbeiten und später die Auswahlkriterien stringent anzuwenden, müssten im Vorfeld die Beschaffungsziele mit den internen Kunden verhandelt und mit der eigenen Warengruppenstrategie abgestimmt werden. Grundsätzlich gelte dann aber das Vorsichtsgebot: „Es bedeutet, dass der Einkauf eine sorgfältige Lieferantenbewertung durchführen sollte. Toyota ist beispielsweise bekannt für seinen aufwendigen Lieferantenauswahl- und Onboarding-Prozess, der sich über Jahre hinziehen kann und bei dem schon im Vorfeld massiv in die Lieferan-tenentwicklung investiert wird.“ Eine hundertprozentige Sicherheit gebe das aber auch nicht. „Des-halb ist es genauso wichtig, die Partnerschaft mit geeigneten Governance-Mechanismen, wie Zielsetzung und -messung sowie Anreizstrukturen, abzusichern und sich quasi gegenseitig zum Ver-trauen zu koordinieren.“


Harte Fakten und
erster Eindruck


Florian C. Kleemann, Professor für Supply Chain Management an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften München, vergleicht die Suche von Geschäftspartnern mit der Personalauswahl: „Da kann ich zig Gespräche führen, am Ende ändert sich der erste Eindruck selten komplett.“ Professioneller würde er allerdings empfehlen, dass man vorab so viele Informationen wie möglich über den jeweiligen Kandidaten sammelt. „Diese sollten sich mit harten Fakten, zum Beispiel Zertifikaten, untermauern lassen.“ Es sollte jedoch immer genügend Raum für persönliche Eindrücke geben. „Bei vielen komplexen Dingen, die heutzutage beschafft werden, können Sie nämlich vorab gar nicht sagen, wie das Ergebnis letztlich erreicht wird.“


Verlässlichkeit in kritischer Lage


Natürlich will jedes Unternehmen möglichst nur mit „starken Partnern“ zusammenarbeiten. Doch was ist damit eigentlich gemeint? „Unter einem ,Partner’ verstehen wir in der Forschung immer eine längerfristige Beziehungsepisode, wo gemeinsame Ziele auf Basis von gegenseitigem Vertrauen und affektivem Commitment verfolgt werden“, erklärt Christoph Bode. Wichtig sei der Gegensatz zu kurzfristigen Transaktionen („one-shot“). Diese seien geprägt von Macht, Abhängigkeit und „rein kalkulatorischem Commitment“. „Partnerschaftliches Vertrauen dagegen ist die Erwartung, sich in kritischen Situationen auf den anderen verlassen zu können. Somit wäre ein ,starker Partner’ ein Lieferant, der auch in schwierigen Situationen zuverlässig ist und die gemeinsame Beziehung unterstützt – auch über vertragliche Verpflichtungen hinaus. Umgekehrt ausgedrückt: Wenn ich nicht verwundbar bin, brauche ich keinen starken Partner.“


Corona und die Lieferketten


Die Corona-Pandemie war zweifellos eine solch schwierige Situation. Sie hat wesentliche Faktoren einer Partnerschaft schonungslos offengelegt. „In vielen Lieferantenbeziehungen war es vermutlich eine Phase der Offenbarung“, meint Florian C. Kleemann, Professor für Supply Chain Management an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften München. „Wer ist Partner, wer versucht, sich in der Krise auf den Schultern anderer über Wasser zu halten? Wie kann man sich gegenseitig so unterstützen, ohne sich selbst ,aufzugeben’?“ Schnell wurden Stimmen laut, die Lieferketten zu verkürzen, also auf geographische Nähe zu setzen. „Am Ende ist die Entscheidung für eine Partnerschaft immer abhängig von sehr vielen Faktoren“, so Kleemann. Das Gesamtpaket aus Kosten, Nutzen und Risiken müsse stimmen, und das eigentlich auf globaler Perspektive. Es gehe also um den „weltweit besten Lieferanten“. In der Nähe sieht er jedoch tatsächlich Vorteile, zum Beispiel schnellere Reaktionsmöglichkeiten, ähnliche Mentalität und natürlich auch Sprache. „Da würde ich annehmen, dass hier persönliche und geographische Faktoren ein gutes Stück weit korrelieren.“ Dennoch: „Geographische Nähe ist keine Garantie – weder für eine ,stimmige Chemie’ zwischen den Handelnden noch für reibungslose Geschäftsbeziehungen.“


Was ist mit den Eigeninteressen?


Wie aber lassen sich eine gute Partnerschaft und verständliche Eigeninteressen, zum Beispiel bei den Preisvorstellungen, sinnvoll in Einklang bringen? „Im Einkauf geht es immer um Wettbewerb und nicht um Romantik“, betont Christoph Bode. „Aber partnerschaftliche Beziehungen entziehen sich oft dem direkten Wettbewerb: Bei Entwicklungsprojekten mit früher Lieferanteneinbindung etwa lässt sich ein Lieferant nach der Vergabeentscheidung kaum noch – oder nur mit viel Aufwand – in den Wettbewerb bringen.“ Als Benchmark diene dann nicht der Wettbewerb per se, sondern die Zielerreichung und letztlich die Zufriedenheit. Beziehungszufriedenheit lässt sich, so der Experte aus Mannheim, vereinfacht auf folgende Formel bringen: „Zufriedenheit = Erwartung − Realität.“ Für eine gute, faire Zusammenarbeit sei es daher wichtig, im Vorfeld die gegenseitigen Erwartungen zu klären und daraus transparente Ziele und Zielmessungen sowie „Eskalationssequenzen“ zu definieren. „Und wenn die gemeinsame Zusammenarbeit die gesetzten Ziele verfehlt, muss frühzeitig interveniert werden. Ist dann auch noch Opportunismus im Spiel, muss man unter Umständen schmerzhafte Lieferantenwechsel durchführen.“
„In Verhandlungen, die ich führe, habe ich mich immer an zwei Faktoren gehalten, so Florian C. Kleemann: „Nicht lügen und nicht persönlich werden.“ Daher dürften und sollten auch vertraute Lieferanten wissen, dass sie im Wettbewerb stehen. „Und wenn sich dabei herausstellt, dass eine Seite zu sehr auf den eigenen Vorteil aus ist, ist es ja auch legitim, sich anderweitig zu orientieren.“
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

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