Der Mittelstand ist eine tragende Stütze der Volkswirtschaft in Deutschland. Doch neben den bestehenden Unternehmen haben auch Neugründungen eine bedeutsame Stellung in der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes: Sie schaffen Arbeitsplätze, beleben den Wettbewerb, bringen innovative Produkte auf den Markt, fördern den Strukturwandel und verjüngen das unternehmerische Landschaftsbild. Laut „KfW Gründungsmonitor 2017“ gab es 2016 insgesamt 672.000 Personen, die gegründet haben. Damit ist ein weiterer Rückgang in der Zahl der bundesweiten Existenzgründungen zu verzeichnen – sowohl im Hinblick auf Vollerwerb als auch auf Nebenerwerb. Zwei Gründe spielen dabei eine wesentliche Rolle: Konjunktur und Arbeitslosigkeit. „Seit der Wiedervereinigung waren noch nie so viele Menschen in Beschäftigung. Die Rekordsituation auf dem Arbeitsmarkt hat einen starken Absorptionseffekt auf potenzielle Gründer, gegen den die Sogwirkung des höheren Wirtschaftswachstums nicht viel ausrichten kann“, so lautet eine Schlussfolgerung der Studie. „Per saldo wirkte sich die Entwicklung der beiden gesamtwirtschaftlichen Faktoren entsprechend negativ auf das Gründungsgeschehen im Jahr 2016 aus.“ Im Verhältnis zu den Notgründern – Personen, die gründen, weil sie keine bessere Alternative sehen – stehen die Chancengründer besser da, die eine konkrete Geschäftsidee realisieren möchten. „Chancengründer bringen im Durchschnitt häufiger Marktneuheiten an den Start, beschäftigen häufiger Mitarbeiter und schaffen es länger als Notgründer, am Markt zu bestehen“, so die Macher der Studie.
Hightech-Gründungen
In den genaueren Blickwinkel bei den Neugründungen kommen die Hightech-Neugründungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, Innovationskraft zu haben, sind diese Unternehmensgründungen ein besonderer Indikator. „Unser Ziel muss es sein, dass Deutschland zu einer der führenden Innovationsnationen weltweit aufsteigt und bei entscheidenden Zukunftstechnologien auch morgen zur Weltspitze zählt“, verkündet das BMWi auf seiner Internetseite. Hierzu habe Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries im April 2017 eine auf zwei Säulen ruhende Innovationsagenda vorgelegt. Säule 1: eine technologieoffene Förderung, die es Unternehmerinnen und Unternehmern erlaubt, selbst die Entscheidung zu treffen, in welche Technologien sie investieren wollen. Und Säule 2: eine verstärkte Fokussierung auf Zukunftstechnologien und strategische Schlüsselbereiche.
2016 wurden 11.311 Unternehmen in dem Hochtechnologie-Bereich gegründet, so lauten die Zahlen der „Hightech-Gründungen in Deutschland. Regionalanalyse und Dynamik 2016/2017“ der Wirtschaftsforschung Creditreform. Von den wirtschaftsaktiven Gründungen (159.321 Unternehmen) waren rund sieben Prozent im Hochtechnologie-Sektor (11.311 Unternehmen). In der Studie sind nur die Unternehmensgründungen berücksichtigt, die eine unternehmerische Tätigkeit darstellen, die bislang nicht ausgeführt wurde. Das bedeutet, dass Umgründungen, Beteiligungsgesellschaften sowie die Neuerrichtung aufgrund eines Umzugs hier wegfallen. Auch Kleingewerbegründungen, die in der Regel einen Nebenerwerb darstellen, sind hier außen vor. Als Hightech-Unternehmen werden Neugründungen verstanden, die in der Spitzentechnologie und in der hochwertigen Technik angesiedelt sind, sprich: die forschungsintensive Industrie, aber auch die Dienstleistung, die auf technologischer Innovation oder neuen Forschungsergebnissen basiert. Die Vorarbeiten solcher Gründungen fallen umfangreicher in der Forschung und Entwicklung aus als bei anderen Wirtschaftszweigen.
Standorte
Die meisten Neugründungen im Hightech-Segment finden sich über den Zeitraum von 2012 bis 2016 in Berlin (9,4 Prozent), gefolgt von Bayern (8,4 Prozent) und Baden-Württemberg (8,3 Prozent). Den höchsten Anteil an Gründungen hat die Stadt Jena in Thüringen (16,3 Prozent). Hier befinden sich eine Universität sowie eine Hochschule sowie zahlreiche forschungsintensive Industrien wie Optik und Chemie. An zweiter Stelle: Karlsruhe (13,4 Prozent) in Baden-Württemberg. Die Stadt ist ein wichtiger Standort für die Kommunikations- und Informationsbranche, außerdem befinden sich hier verschiedene Hochschulen und das Karlsruher Institut für Technologie – eine gute Voraussetzung für forschungsintensive Neugründungen.
Das ZEW, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, und die Creditreform haben sich die Standorte von Softwareunternehmen einmal genauer angeschaut. „Deutlich erkennbar findet eine
Spezialisierung auf Industrie 4.0-spezifische Softwaregründungen in Landkreisen statt. Die Spezialisierung auf IT-Sicherheit und insbesondere UKA-Gründungen sind hingegen ein urbanes
Phänomen. Die Spezialisierung auf datenverarbeitende Gründungen scheint hingegen kein spezifisch städtisches oder ländliches Phänomen zu sein“, so ein Fazit. Software-Unternehmen, die wiederum mit gewerblichen Kunden zusammenarbeiten, haben ihren Sitz in räumlicher Nähe zu den Kunden. Bei privaten Kunden hingegen spielt die räumliche Entfernung eine kleinere Rolle, hier geht es mehr um die Kundendichte.
Förderung
Ohne Förderung geht es in der Regel nicht, die Entwicklungsarbeit kostet mehr Geld als „normale“ Gründungen. Business Angels oder Gründerfonds helfen Start-ups, an Kapital zu kommen. Ab nächstem Jahr startet die Pilotphase des Projekts „Young Entrepreneurs in Science (YES)“; es soll das Potenzial von Neugründungen innerhalb des wissenschaftlichen Nachwuchses untersucht werden. An auserwählen Universitäten werden Doktoranden für das Thema „Unternehmensgründung“ sensibilisiert. Auch das Gründerstipendium „Invest“ oder der Gründerwettbewerb „Digitale Innovationen“ stellen Instrumente dar, mit denen die Bundesregierung Neugründungen im Bereich Hightech stärken
möchte. Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de
INFO
Die Hightech-Strategie der Bundesregierung
Sechs Zukunftsaufgaben für Wohlstand
und Lebensqualität:
- Digitale Wirtschaft und Gesellschaft
Mit innovativen Lösungen begegnen wir den Herausforderungen der Digitalisierung und wollen Chancen für Wertschöpfung und Wohlstand in Deutschland nutzen.
- Nachhaltiges Wirtschaften und Energie
Die Art und Weise, wie wir produzieren und konsumieren, soll ressourcenschonender, umweltfreundlicher, sozialverträglicher und damit nachhaltiger werden.
- Innovative Arbeitswelt
Wir nehmen den tief greifenden Wandel der modernen Arbeitswelt in den Blick, denn gute Arbeit ist eine wichtige Basis für kreative Ideen und wirtschaftliche Innovationen.
- Gesundes Leben
Wir stärken die Forschung für ein gesundes,
aktives und selbstbestimmtes Leben.
- Intelligente Mobilität
Wir forschen für eine integrierte Verkehrspolitik, die sowohl die Effizienz und Leistungsfähigkeit der einzelnen Verkehrsträger als auch ihr Zusammenspiel optimiert.
- Zivile Sicherheit
Komplexe Systeme und Infrastrukturen, z.B. für Energieversorgung, Kommunikation, Mobilität, Gesundheitsversorgung oder Logistik, müssen im Alltag der Menschen funktionieren.
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