Es gibt den Mobber, den Choleriker, die Besserwisserin, die Unzuverlässige, den Krachmacher, die Hilfsbedürftige …. Beim Thema „Schwierige Mitarbeitende“ ist man schnell dabei, zu kategorisieren und nach Tipps für den Umgang mit den verschiedenen Typen zu suchen. Das kann mitunter hilfreich sein, ist aber letztlich zu einfach gedacht. „Natürlich gibt es bestimmte Verhaltensmechanismen, die auf bestimmte Typen hinweisen. Grundsätzlich sollte man die Mitarbeitenden aber nicht in Schubladen stecken, sondern tiefer schauen“, sagt Team- und Führungsexpertin Birgit Kersten-Regenstein. Die Geschäftsführerin des Trainingsinstituts „Teamkompetenz” weiß: Oftmals liegt es an der Führungs- und Unternehmenskultur, dass Mitarbeitende mit störendem Verhalten auffallen und damit für eine angespannte Atmosphäre im Betrieb sorgen.
Oft sind Mitarbeitende nicht per se schwierig
„Meist sind die Mitarbeitenden nicht per se schwierig, sondern sie sind schwierig geworden“, sagt auch Yvonne Faerber, Senior-Beraterin bei Profil M Beratung für Human Resources Management und Mitautorin des Buches „Umgang mit schwierigen Mitarbeitern“. Daher gelte es, genau auf das Problem zu schauen und sich folgende Fragen zu stellen:
1) Was konkret ist das Verhalten, das stört?
2) Woran liegt es? (Es sollten Hypothesen aufgestellt werden, warum das Verhalten stört.)
3) Was möchte ich als Team- oder Unternehmensleiter anders haben?
„Das Ziel sollte auf jeden Fall positiv formuliert sein. Zu sagen, dieses oder jenes möchte ich nicht mehr so haben, wie es ist, packt die Sache letztlich nicht an den Wurzeln“, findet Faerber. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter arbeitet so gründlich, dass er Aufgaben nur sehr langsam erledigt und Prozesse dadurch ins Stocken geraten. Dies führt zu Unmut bei seinen Teamkollegen und -kolleginnen, die zudem von seinen peniblen Fragen genervt sind. „Hier könnte man als Ziel formulieren, dass Prozesse in Zukunft schnell und reibungslos laufen“, so Faerber.
Andere Perspektive einnehmen
Die Beraterin rät, im zweiten Schritt die Perspektive des als schwierig geltenden Mitarbeitenden einzunehmen. „Zu versuchen, die Welt beziehungsweise das vermeintliche Problem aus der Brille des Mitarbeitenden zu betrachten, hilft dabei, diesen beziehungsweise diese zu verstehen“, erläutert Faerber. Damit wiederum käme man den Gründen für die Verhaltensweise des Mitarbeitenden näher.
Ausgangspunkt sollte ihr zufolge immer ein Gespräch mit dem Mitarbeitenden sein, in dem man das, was man wahrnimmt, ruhig beschreibt. Einem Mitarbeitenden, der durch chronische Unpünktlichkeit bei Meetings auffällt, könnte man beispielsweise folgendermaßen gegenübertreten: „In unseren wöchentlichen Meetings bist Du zuletzt drei Mal zu spät gekommen. Das stört den Ablauf des Meetings und führte dazu, dass wir Zeit verloren haben.“ Dann sollte dem Gegenüber die Möglichkeit gegeben werden, zu schildern, wie er oder sie die Situation sieht. Auch könnte nach dem Grund gefragt werden. „Manchmal sind Lösungen schnell gefunden. So könnte es bei dem beschriebenen Beispiel sein, dass der Mitarbeitende vorher immer ein anderes Meeting hat und es deshalb nie pünktlich zur Besprechung schafft – und gerade weil er nicht stören wollte, dies nicht kommuniziert hat“, führt Faerber aus.
Grundsätzliche Gründe für schwieriges Verhalten
„Es klingt banal, aber zu versuchen, den Mitarbeitenden verstehen und entsprechend nachzufragen, ist Gold wert“, bringt es die Beraterin auf den Punkt. Denn so kriege die Führungskraft zumindest eine Idee, ob das Verhalten des Mitarbeitenden durch bestimmte Umstände oder dessen noch nicht ausreichende Kompetenzen wie etwa Unsicherheit in der Kommunikation begründet ist. Oder ob es an der Persönlichkeit des Mitarbeitenden liegt wie fehlende Motivation, eine bestimmte Haltung oder gar eine Rebellion gegen den Job. Fest steht: Hätte der Mitarbeitende im eben geschilderten Fall einen anderen Grund für sein regelmäßiges Zuspätkommen genannt wie etwa „er fände etwas zu spät kommen nicht so schlimm“, wäre die Situation eine ganz andere.
Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen
Es gilt aber nicht ausschließlich auf den oder die Mitarbeitende zu schauen. Manchmal entwickeln sich schwierige Verhaltensweisen bei diesen auch, weil die jeweilige Führungskraft keine klare Führungsidentität hat. Darauf macht Birgit Kersten-Regenstein aufmerksam. „Als Geschäftsführer sollte ich mein Augenmerk daher auch auf das Führungsverhalten meiner Führungskräfte richten“, sagt sie. „Wie motivieren sie ihre Mitarbeitenden? Wie viel Verantwortung übergeben sie diesen? Wie steht es um ihre Empathie? Und wie gehen sie mit Fehlern um?“ Entscheidend sei insbesondere auch, inwieweit die Führungskräfte sich in der Verantwortung sähen, ungünstige Entwicklungen von Mitarbeitenden beziehungsweise störendes Verhalten zu benennen. „Feedback zu geben, ist eine Kunst – und wenige beherrschen sie“, so Kersten-Regenstein. Denn die meisten glaubten, Feedback bedeute zu loben oder zu kritisieren. Es gehe aber eher darum, dem anderen sein Verhalten bewusst zu machen und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang ist laut Yvonne Faerber unter anderem wichtig, den oder die Mitarbeitenden zu fragen, wie man ihn/sie unterstützen kann, und klare Vereinbarungen zu treffen.
Klar sein!
Manchmal muss man nach Ansicht von Birgit Kersten-Regenstein und Yvonne Faerber aber auch klar aussprechen, dass bestimmte Verhaltensweisen schlicht nicht gewünscht sind. Kersten-Regenstein zufolge hat dies auch etwas mit der Bewahrung der Unternehmenskultur zu tun. „Geschäftsführer wie Führungskräfte sollten deutlich machen, wofür sie und das Unternehmen stehen. Und sie sollten deutlich machen, dass sie es nicht dulden, wenn jemand diese Werte unterläuft“, sagt sie. Das gelte zum Beispiel für Personen, die sich unkollegial verhalten und sich häufig mit falschen Lorbeeren schmücken. „Hier ist es wichtig, Beispiele zu schildern, den eigenen Eindruck zu vermitteln und den Mitarbeitenden aufzufordern, in Zukunft transparent zu sein und sich als Teamplayer zu erweisen“, so Kersten-Regenstein.
Anregungen zur Selbsthilfe
Was aber tun, wenn Mitarbeitende das Team aufgrund von Eigenschaften nerven, die schwer zu verändern sind? Wenn jemand zum Beispiel eine sehr laute, polternde Art hat? „Hier empfehle ich, in die Persönlichkeitsentwicklung der Mitarbeitenden zu investieren, die sich beschweren, weil sie sich extrem gestört fühlen“, so Kersten-Regenstein. Für sie gelte es eine Lösung zu finden, wie sie sich besser abgrenzen und mit den Störmomenten umgehen könnten. Das bedeutet: ihnen helfen, selbst für sich zu sorgen. Denn manchmal müsse man auch akzeptieren, dass Menschen nicht immer veränderbar sind.
Petra Walther | redaktion@regiomanager.de
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