PERSONAL & KARRIERE
Ungenutztes Potenzial gesunken
Im Jahr 2019 wünschten sich knapp 4,4 Millionen Menschen im Alter von 15 bis 74 Jahren Arbeit oder eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach Ergebnissen der Arbeitskräfteerhebung weiter mitteilt, sank das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent (minus 231.000 Personen). Ob und inwieweit dieser Trend sich weiterhin fortsetzen oder durch die Corona-Krise im Jahr 2020 unterbrochen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Das ungenutzte Arbeitskräftepotenzial setzte sich im Jahr 2019 aus knapp 1,4 Millionen Erwerbslosen, rund 2,1 Millionen Unterbeschäftigten und 899.000 Personen in stiller Reserve zusammen. Im Vorjahresvergleich sank sowohl die Zahl der Erwerbslosen (minus 95.000) als auch die Zahl der Unterbeschäftigten (minus 109.000) deutlich. Die Zahl der Personen in stiller Reserve ging nur leicht zurück (minus 26.000 Personen). Unterbeschäftigte sind Erwerbstätige, die den Wunsch nach Erhöhung ihrer Arbeitszeit haben und dafür auch zur Verfügung stehen. Im Jahr 2019 waren in Deutschland 4,9 Prozent der Erwerbstätigen im Alter von 15 bis 74 Jahren nach eigenen Angaben unterbeschäftigt. 9,3 Prozent der Teilzeitbeschäftigten und 3,2 Prozent der Vollzeitbeschäftigten wünschten sich eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Unterbeschäftigte in Vollzeit ihre Arbeitszeit meist nur um wenige Stunden erhöhen wollen. Personen in stiller Reserve haben überhaupt keine Arbeit, gelten nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) jedoch nicht als erwerbslos. Zur stillen Reserve gehören Personen, die zwar Arbeit suchen, jedoch kurzfristig (innerhalb von zwei Wochen) für eine Arbeitsaufnahme nicht zur Verfügung stehen.
Weiterhin Ost-West-Gefälle
30 Jahre nach der Wiedervereinigung hat sich viel getan auf dem Arbeitsmarkt. Darauf macht die Bundesagentur für Arbeit anlässlich des Jahrestags aufmerksam. „In den 90er-Jahren galt es, die Strukturveränderungen im Osten aufzufangen. Die Arbeitslosenquoten lagen in den späten 90er-Jahren im Westen zwischen acht und 9,5 Prozent, im Osten dagegen kletterten sie auf über 15 Prozent, im Jahr 1998 mit einem vorläufigen Höchststand von 17,8 Prozent.“ Seither sei die Arbeitslosigkeit nach einem erneuten Hoch durch die Arbeitsmarktreformen bis 2019 deutlich gesunken und lag 2019 bei 6,4 Prozent. „Die aktuelle Pandemie stellt den Arbeitsmarkt in Ost, West, Nord und Süd vor besondere Herausforderungen. Wie unser Land mit ihnen fertig werden wird, ist vor allem von der weiteren Entwicklung der Virusinfektionen und eventuellen weiteren wirtschaftlichen Einschnitten abhängig“, so die Bundesagentur. Abseits der allgemeinen Entwicklung lohne sich ein besonderer Blick auf die Frauen: „Sowohl in westdeutschen Bundesländern als auch in den ostdeutschen hat die Beschäftigungsquote von Frauen über die Jahre zugenommen. Dabei haben die westdeutschen Frauen über die Jahre aufgeholt. Ostdeutsche Frauen haben aber mit einer Quote von 61,5 Prozent immer noch eine höhere Beschäftigungsneigung als westdeutsche mit 56,5 Prozent.“ Spitzenreiter waren zuletzt die Frauen in Sachsen, von denen 65,2 Prozent einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgingen. In Thüringen waren es 63,3 Prozent, in Brandenburg 63,2 Prozent. In Westdeutschland liegen die Frauen in Bremen und NRW deutlich zurück. In Bremen gingen 51,3 Prozent der Frauen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, in NRW waren es 53,3 Prozent.
KONJUNKTUR
Überbrückungshilfe bis Jahresende
Die staatliche Überbrückungshilfe wird bis Dezember fortgesetzt. Dabei werden, so das Bundesfinanzministerium, die Zugangsbedingungen abgesenkt und die Förderung wird ausgeweitet. Das Hilfsprogramm soll kleine und mittelständische Unternehmen sowie Soloselbstständige und Freiberufler, die von den Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung besonders stark betroffen sind, mit nicht rückzahlbaren Zuschüssen zu den betrieblichen Fixkosten unterstützen. Je nach Höhe der betrieblichen Fixkosten können Unternehmen für die vier Monate bis zu 200.000 Euro an Förderung erhalten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier: „Die Verlängerung der Überbrückungshilfe bis zum Jahresende ist ein wichtiges Signal an die Unternehmen und Branchen, die angesichts der Corona-Pandemie um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen.“ Er freue sich besonders, dass es gelungen sei, im verlängerten Programm höhere Förderbeträge für kleine und Kleinstunternehmen durchzusetzen. „Die Begrenzung der Förderung für Unternehmen bis zehn Beschäftigte auf maximal 15.000 Euro wird gestrichen. Höhere Fördersätze gibt es auch für Unternehmen, die weiterhin praktisch vollständig stillliegen, wie zum Beispiel die Veranstalter- oder Schaustellerbranche. Gute Nachrichten auch für Unternehmen, die zwar wieder geöffnet sind, aber dauerhaft mit reduzierter Kapazität fahren müssen, wie zum Beispiel Gastronomie oder Einzelhandel. Künftig können bereits Unternehmen, deren Umsatz um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen ist, Überbrückungshilfe beantragen.“
Spitzenreiter bei der Kurzarbeit
Die Metallindustrie, der Maschinenbau, das Gastgewerbe, der Fahrzeugbau mit Zulieferern sowie die Elektrobranche sind die Wirtschaftszweige mit dem größten Anteil an Kurzarbeitern. Das ergibt sich aus Berechnungen und Schätzungen des ifo Instituts auf Grundlage seiner Konjunkturumfrage für September. „Die Zahlen sind auch in diesen Branchen im September durchgängig gesunken. Jedoch liegen sie immer noch sehr deutlich über dem Durchschnitt aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Dieser beträgt aktuell etwa elf Prozent“, sagt ifo-Arbeitsmarkt-Experte Sebastian Link. Im September befanden sich 31 Prozent der Beschäftigten in der Metallindustrie in Kurzarbeit, 29 Prozent waren es im Maschinenbau, 26 Prozent im Gastgewerbe, 24 Prozent im Fahrzeugbau sowie 23 Prozent in der Elektrobranche. Es folgten Unternehmen der Textil- und Bekleidungsbranche, Hersteller von Leder, Holz und Papier sowie Druckereien mit 20 Prozent, sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen mit 18 Prozent, die Möbelindustrie mit 15 Prozent, der Großhandel mit 13 Prozent. In der Mineralöl- und Chemie-Industrie, bei Pharma-Unternehmern sowie Herstellern von Gummi, Kunststoff und Glas betrug der Anteil zwölf Prozent, bei Verkehr und Lagerei elf Prozent. Unterdurchschnittlich in Anspruch genommen wird die Kurzarbeit von Autohändlern und -werkstätten mit zehn Prozent, von Informations- und Kommunikations-Dienstleistern mit acht Prozent, im Einzelhandel mit sieben Prozent, im Baugewerbe mit sechs Prozent, in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit fünf Prozent sowie im Finanz- und Versicherungsgewerbe und im Grundstücks- und Wohnungswesen mit zwei Prozent.
Weniger Start-ups durch Corona
Mehr als die Hälfte der Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Deutschland rechnen in diesem Jahr mit weniger bzw. deutlich weniger Unternehmensgründungen. Das geht aus dem aktuellen Gründerreport des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor. „Die Corona-Pandemie bedeutet einen Rückschlag für das Unternehmertum in Deutschland – und führt voraussichtlich zu weniger Start-ups und Unternehmensgründungen“, fasst DIHK-Präsident Eric Schweitzer die Ergebnisse der Umfrage unter rund 350 IHK-Gründungsexperten zusammen. Den IHK-Experten zufolge machen Stilllegungen oder Einschränkungen der geschäftlichen Aktivitäten und Nachfragerückgänge mögliche Unternehmensgründungen in Gastgewerbe, Tourismus, Verkehr und anderen Dienstleistungsbranchen derzeit äußerst schwierig. „Die Politik sollte ihre wirtschaftspolitischen Maßnahmen darauf ausrichten, unternehmerische Aktivität und Innovationsgeist zu stärken“, mahnt Schweitzer. In der Corona-Krise sind die Überbrückungshilfen oder gründungsgerechte Förderangebote der KfW, der Bürgschaftsbanken und der Landesförderinstitute aus Sicht der Unternehmen auch dafür wichtige Instrumente. „Vernünftige Rahmenbedingungen für neue unternehmerische Ideen müssen die Unternehmen dauerhaft in die Lage versetzen, den Krisenmodus aus eigener Kraft zu verlassen“, fordert der DIHK-Präsident. So sehen 70 Prozent der Start-ups einen Abbau bürokratischer Hemmnisse als allererste Politikpflicht. Dazu gehört die konsequente Nutzung der Digitalisierung, um Meldungen und Genehmigungen gebündelt und rasch erledigen zu können. Zudem brauchen die Unternehmen laut DIHK einen besseren Zugang zu Beteiligungskapital. Der Zwei-Milliarden-Fonds des Bundes für innovative Start-ups sollte deshalb in allen Bundesländern für Gründerinnen und Gründer verfügbar sein.
VERKEHR & INFRASTRUKTUR
Pedelecs boomen weiter
1,1 Millionen Privathaushalte in Nordrhein-Westfalen besitzen mindestens ein Pedelec (Elektrofahrrad). Der Anteil der Haushalte mit Pedelecs ist im Jahr 2020 auf 13,9 Prozent gestiegen. Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt mitteilt, hat sich dieser Anteil in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. Im Jahr 2015 hatte der Anteil der Haushalte mit Pedelecs (460.000 Haushalte) noch bei 5,8 Prozent gelegen. Im Vergleich dazu ist die Ausstattung der Haushalte mit Fahrrädern (einschließlich Pedelecs) von 2015 (78,9 Prozent) bis 2020 auf 77,1 Prozent zurückgegangen. Im Vergleich der Haushalte von Erwerbs- und nicht Nichterwerbstätigen (z. B. Rentner oder Pensionäre) zeigen sich Unterschiede bei der Ausstattung mit Pedelecs: Haushalte von Erwerbstätigen liegen hier mit 13,4 Prozent unter, Haushalte von Nichterwerbstätigen mit 14,6 Prozent über dem Landesdurchschnitt (13,9 Prozent). Den höchsten Ausstattungsgrad ermittelten die Statistiker mit 18,8 Prozent für Haushalte von Rentnern oder Pensionären.
RECHT & FINANZEN
Immer weniger Barzahlungen
Sogenannte „unbare Zahlungsinstrumente“ wurden in Deutschland bereits 2019, also vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie, stärker genutzt. Dies zeigen die neuesten Ergebnisse der Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungs-Statistiken der Deutschen Bundesbank. Insgesamt wurden 24 Milliarden Zahlungstransaktionen von Zahlungsdienstleistern in Deutschland bargeldlos mit ihren Nichtbankenkunden in einem Gesamtwert von 61 Billionen Euro abgewickelt. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Steigerung um sieben Prozent (Anzahl) bzw. acht Prozent (Wert). Am stärksten nahmen die Zahlungen mit der Karte zu. Um fast 19 Prozent auf 6,3 Milliarden. Darunter haben Transaktionen mit Debitkarten mit knapp fünf Milliarden den höchsten Anteil. Deren Nutzung hat sich im Jahr 2019 um 20 Prozent erhöht. Debitkarten werden in Deutschland häufig in Form der „girocard“ ausgegeben. Kreditkarten ohne und vor allem Kreditkarten mit Kreditfunktion spielen in Deutschland weiterhin eine eher untergeordnete Rolle. Die Lastschrift ist mit elf Milliarden Transaktionen nach wie vor das beliebteste unbare Zahlungsinstrument, gefolgt von der Überweisung mit knapp sieben Milliarden.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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