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Personalgespräch: Wie Sie Beurteilungsfehler vermeiden

Als Vorgesetzter können Sie im Personalgespräch viele Fehler machen. Wir haben die wichtigsten Fehler zusammengetragen und uns erklären lassen, wie sie sich vermeiden lassen.

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von Regiomanager 01.07.2018
Foto: © blacksalmon– stock.adobe.com

Zum Thema „Mitarbeitergespräche“ haben viele Personen ein ähnlich ambivalentes Gefühl wie beim Thema „Weihnachtsfeier“ oder „Betriebsausflug“. Die einen lieben diese Termine und andere sind froh, wenn sie sie hinter sich haben. Fakt ist jedoch, dass sie unter anderem eine gute Gelegenheit bieten, sich mit Mitarbeitern auszutauschen und deren Motivation zu erhöhen.

„Für ein Mitarbeitergespräch sollten Unternehmer in der Regel zwischen 60 und 90 Minuten einplanen“, sagt Dr. Martina Frost aus dem Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. in Düsseldorf. Ein paar Wochen vor dem Termin sollten sie Frost zufolge mit dem Mitarbeiter nach einem passenden Termin suchen und während des Gesprächs Störungen unter anderem durch Telefonate vermeiden, um ihre Wertschätzung auszudrücken. „Ohne festen Termin geht ein Mitarbeitergespräch gerne mal im Tagesgeschäft unter“, so Frost weiter. Außerdem können Führungskräfte Mitarbeitern mit einer gewissen Vorlaufzeit mitteilen, welche Themen im Gespräch zur Sprache kommen, damit sich diese in Ruhe darauf vorbereiten können.

„Wichtig ist es, keine Monologe zu führen, sondern aktiv zuzuhören.“

Dr. Martina Frost

„Manche Führungskräfte bereiten sich auf ein solches Gespräch vor, indem sie sich während des Jahres einige Notizen sowohl über positive Leistungsmerkmale als auch über Verbesserungsoptionen machen“, sagt Prof. Dr. Christian Ernst, Personalexperte von der Technischen Hochschule Köln. Das verhindert Ernst zufolge den so genannten „Regency-Effekt“. Dieser Effekt liegt vor, wenn beim Feedback nur die letzten Wochen und Monate gut in Erinnerung bleiben. Ein anderer typischer Beurteilungsfehler ist der so genannte „Halo-Effekt“. „Hier wird von einer bekannten Eigenschaft des Arbeitnehmers auf andere oft unbekannte Eigenschaften geschlossen“, sagt Frost. Ein berühmtes Beispiel sei die Vermutung, dass Brillenträger als intelligenter gelten als Personen ohne Brille. Im Gespräch ist es laut Frost außerdem wichtig, keine Monologe zu führen, sondern als Führungskraft aktiv zuzuhören und dann zwar „hart“ in der Sache, aber „weich“ mit der Person zu sprechen.

Sandwich geht nach hinten los

Eine beliebte Möglichkeit, Feedback auszusprechen, war lange Zeit die Sandwich-Methode. Diese Methode, bei der Führungskräfte erst etwas Positives, dann die Kritik und dann wieder etwas Positives äußern, wird von Mitarbeitern allerdings oftmals schnell erkannt. „Wichtiger ist es, authentisches und wertschätzendes Feedback sowie konkrete Anregungen zu geben“, so Frost.

„Ein begründetes Feedback wirkt auch in subjektiver Form sehr konstruktiv.“

Prof. Dr. Christian Ernst

Auch Ernst kritisiert die klassische „Sandwich-Methode“ als zu unflexibel und durchschaubar: „Da sagen Mitarbeiter schnell: ‚Unser Chef hat wohl ein Führungstraining besucht.‘ Der Grundgedanke sei aber richtig. Ein differenziertes Feedback ist Ernst zufolge immer ein dynamischer Mix aus positiven und kritischen Aspekten. Eine mögliche Bewertung könnte Ernst zufolge so lauten: „Ihr Arbeitspensum ist vorbildlich, aber es passieren noch zu viele Fehler. Nehmen Sie sich ruhig mehr Zeit für die wichtigen Vorgänge.“ Wenn Führungskräfte die Leistung ihrer Mitarbeiter bewerten, sollte ihnen bewusst sein, dass dies niemals objektiv geschieht und sie sollten mit der eigenen Subjektivität offensiv umgehen. „Ein begründetes Feedback wirkt auch in subjektiver Form sehr konstruktiv“, sagt Ernst. Man könne auch Selbst- und Fremdbild einmal nebeneinander stehen lassen, sofern es sich nicht um eine vergütungsrelevante Leistungsbeurteilung handele.

Je konkreter, desto besser

Die Anzahl der Beurteilungsmerkmale, nach denen Chefs ihre Mitarbeiter bewerten, ist Geschmackssache. Je konkreter die einzelnen Punkte jedoch sind, desto besser funktioniert der Austausch. „Gerade wenn die Selbsteinschätzung des Mitarbeiters und der Führungskraft nicht übereinstimmen, ist es hilfreich, wenn beide ihre Standpunkte an konkreten Beispielen und Situationen begründen“, rät Frost. Denn konkrete Fakten würden eher auf eine Sachebene führen und so eine konstruktive Einigung wahrscheinlicher machen. Ernst unterscheidet zudem stark zwischen den Begriffen „Kritik“ und „Feedback“. Kritik sollte aus seiner Sicht nicht in einem jährlich stattfindenden Mitarbeitergespräch platziert werden, sondern müsse zeitnah erfolgen. Auch Feedback, das an den Defiziten ansetzt, sei von echter Kritik zu unterscheiden. „Feedbackfähig ist eine Führungskraft nur, wenn sie nah genug an den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen agiert, also deren Verhalten und Leistung auch erlebt“, so der Personalexperte. Manchen Führungskräften fehle das kommunikative Rüstzeug. Feedback ist aus Ernsts Sicht im positiven Sinne Lob und Anerkennung. „Ein Führungsfehler besteht zum Beispiel darin, zu floskelhaft zu loben und dabei zu versäumen, die positiven Aspekte der Leistung auch tiefgründig zu beschreiben“, so Ernst weiter. Ein solches Lob komme bei Mitarbeitern nicht an. Kritisches Feedback müsse aufbauend sein. Das heißt zum Beispiel auch, inhaltlich zu differenzieren: genau zu beschreiben, was nicht passt, aber zugleich auch Verständnis auszudrücken für Aspekte, die durchaus legitim sind. „Du-Botschaften, die eher wie Vorwürfe klingen, und Generalisierungen wie ‘Sie kommen immer zu spät‘ sind Gift für eine konstruktive Zusammenarbeit“, sagt Ernst. Der Personaldienstleister Robert Half rät Vorgesetzten unter anderem dazu, Kritik möglichst unter vier Augen zu äußern, um den Mitarbeiter nicht bloßzustellen.

Generalisierungen gefährden konstruktiven Dialog

Im Gespräch sollten Führungskräfte Frost zufolge darauf achten, auch auf die Stärken der Mitarbeiter einzugehen und Kritik als Ich-Botschaften zu formulieren. „Sie sollten dabei möglichst konkrete Ereignisse und Zeiträume benennen und ausdrücken, was Sie sich in welchem Zeitraum von den Beschäftigten an Veränderungen wünschen und können gegebenenfalls auch Hilfe anbieten, um das Verhalten zu ändern“, so Frost weiter. Bei dem Gespräch sei ein positiver Gesprächsabschluss wichtig, um dem Mitarbeiter ein positives Gefühl zu geben und ihn zu motivieren. „Ein gutes Gespräch benötigt außerdem eine saubere Dokumentation, aus der man entnehmen kann, wie das Gespräch verlaufen ist und welche Maßnahmen und Verabredungen daraus entwickelt wurden“, sagt Ernst. Auf diese Art und Weise können Mitarbeiter und Führungskraft nach einer gewissen Zeit überprüfen, inwieweit beispielsweise Maßnahmen zur Weiterbildung geregelt wurden oder wo noch Nachbesserungsbedarf besteht. Eins gilt es generell laut Frost bei allen Bemühungen zu beachten: „Die besten Maßnahmen und Vorbereitung nützen nichts, wenn das Feedback von Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite nicht gewollt ist.“ Barbara Bocks | redaktion@regiomanager.de

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Fotostrecke

Prof. Dr. Christian Ernst, Technische Hochschule Köln

Dr. Martina Frost, Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.

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