Um die Generation Z ranken sich einige Mythen. Von Helikoptereltern aufgezogen, seien sie verwöhnt und anspruchsvoll in ihrer Jobauswahl, heißt es. Ob dieses Bild generell so stimmt, sei mal dahingestellt.
„Viele Mittelständler beschweren sich, dass sie keine jungen Mitarbeiter finden und dass die jungen Leute so fordernd sind“, erklärt Professorin Antje-Britta Mörstedt, Vizepräsidentin Fernstudium und Digitalisierung an der PFH Private Hochschule Göttingen. Für die Generation Z sei ein Chef nicht per se ein Chef. Sie erwarten einen Dialog auf Augenhöhe in einer familiären Atmosphäre mit Führungskräften, die sich aktiv um sie kümmern. Genau diesen Eindruck sollte daher die Firmenwebseite vermitteln – u.a. mit schnell konsumierbaren Informationen, die die Bewerber auch emotional ansprechen.
Benefits in Stellenanzeigen erwähnen
Stellenanzeigen müssen ebenfalls persönlicher gestaltet werden und die Bewerber direkt ansprechen. „Es hilft, beispielsweise auf Leistungen wie gemeinsame Kanu-Ausflüge oder wöchentliche Fußball-Treffen hinzuweisen“, empfiehlt Professorin Mörstedt. „Unternehmen, die jungen Mitarbeitern Möglichkeiten zum dualen Studium oder andere geförderte Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten, sind gerade für Mitarbeiter der Generation Z mit Karriereambitionen sehr interessant“, ergänzt Professor Farid Vatanparast, der an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management das KompetenzCentrum Entrepreneurship & Mittelstand leitet. Daher sollten Firmen aus seiner Sicht mit diesen Programmen beim Recruiting aktiv werben. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind zwar nicht allen Mitarbeitern der Generation Z gleich wichtig, aber wichtiger als älteren Mitarbeitern. So könnten Unternehmen aus Mörstedts Sicht beispielsweise Nachhaltigkeitspreise, die sie gewonnen haben, aktiv für ihr Recruiting einsetzen.
Soziale Netzwerke gezielt nutzen
Um potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen, müssen Mittelständler auf mehreren Kanälen der sozialen Netzwerke präsent sein. „In den sozialen Medien nutzen Firmen Influencer, um potenzielle Mitarbeiter der Generation Z über sich zu informieren“, so Professor Vatanparast. Unternehmen sollten sich aus Sicht des Experten vorab überlegen, welche Bewerber die passenden Qualifikationen mitbringen, und herausfinden, in welchen sozialen Medien diese unterwegs sind, um sie gezielt anzusprechen. „Um sich ein Image aufzubauen, sollten Firmen die Plattform ,TikTok´ nutzen“, empfiehlt Professorin Mörstedt. Hier könnten sie mit kurzen Video-Clips zeigen, wie „cool“ die Jobs im Unternehmen sind. Aber recruiten werden die Unternehmen aus Sicht der Expertin dort nicht.
Kurze, humorvolle Videos sind hilfreich
Auch die Videoplattform „YouTube“ empfiehlt Professorin Mörstedt Firmen zum Recruiting. „In kurzen, informativen und gerne auch humorvollen Videos können Mitarbeiter der Generation Z kurz erzählen, was sie besonders an ihrem Job mögen.“ Diese Videos sollten aus ihrer Sicht am besten von Mitarbeitern der gleichen Altersgruppe gedreht werden, beispielsweise im Rahmen eines Auszubildendenprojekts oder in Zusammenarbeit mit einer Agentur und deren Mitarbeitern der Generation Z. Ein Beispiel können sich Firmen laut Professorin Mörstedt u.a. an der Kampagne der Metzgerei Hack nehmen, die mit provokant-witzigen Slogans in den sozialen Medien auf sich aufmerksam gemacht hat. „Wenn Mitarbeiter im Unternehmen Karriere gemacht haben, können Unternehmen diese besonderen Biografien für kurze Videos oder Berichte nach Storytelling-Art auswählen, um online und offline die Entwicklungsmöglichkeiten sichtbar zu machen“, empfiehlt Professor Vatanparast. Firmen sollten ihre jungen Mitarbeiter zudem aus Vatanparasts Sicht dazu ermuntern, ihren Freunden in den sozialen Netzwerken Interessantes aus ihrer beruflichen Praxis mitzuteilen per Post oder Video, nachdem die internen Datenschutzregelungen geklärt sind. So können Unternehmen ohne viel Aufwand online auf sich aufmerksam machen. „Wenn ein Mitarbeiter etwas Berufliches in seinen WhatsApp-Status einfügt, sehen dies direkt alle seine Kontakte“, erklärt er.
Auch die Eltern der Generation Z sollten Firmen beim Recruiting berücksichtigen, da sie oftmals als Ratgeber für ihre Kinder agieren. Sie sind laut Professorin Mörstedt vor allem auf Facebook unterwegs. Auch auf Jobmessen informieren sich die Eltern der Generation Z Professor Vatanparast zufolge über mögliche Arbeitgeber für ihre Kinder. Daher sollten Unternehmen aus Sicht des Experten darauf achten, dass sich die Eltern vor Ort und online niedrigschwellig über offene Stellen informieren können.
Mitarbeiter werben Mitarbeiter
Gerade Mittelständler mit kleinerem Budget sollten ihre jungen Mitarbeiter nach Tipps und Feedback fragen, um Gleichaltrige auch aus deren Freundeskreis zu rekrutieren, und die Maßnahmen dann gemeinsam mit ihnen umsetzen. „Anreizsysteme können sinnvoll sein, wenn Mitarbeiter für die erfolgreiche Empfehlung eines neuen Mitarbeiters eine Prämie wie eine Woche Sonderurlaub oder eine finanzielle Prämie erhalten“, so Professor Vatanparast.
Schnell antworten auf Bewerbungen
„Wenn Firmen Bewerbungen von jungen Mitarbeitern erhalten, sollten sie möglichst schnell darauf reagieren und nicht erst nach mehreren Wochen“, sagt Professorin Mörstedt. Und gerade bei dieser Zielgruppe sei es wichtig, diese am Tag des Bewerbungsgesprächs vorne an der Rezeption abzuholen, den Job genau zu erklären, den künftigen Chef und das mögliche Team vorzustellen und „bloß keine Stress-Interviews zu führen“. Bewerbungsgespräche auf Augenhöhe sind aus ihrer Sicht wichtig, da diese Generation das so von ihren Eltern gewöhnt ist. Die erste Runde von Bewerbungsgesprächen können Firmen auch digital beispielsweise über Anbieter wie „Skype“ durchführen. „Spätestens das zweite Gespräch sollte vor Ort stattfinden“, so die Professorin weiter. Hier sollte der Mitarbeiter den künftigen Chef und das Team kennenlernen und die Firma sollte zum schriftlichen Test relativ schnell Rückmeldung geben.
„Und wenn zwischen dem Abschluss des Bewerbungsverfahrens und dem ersten Arbeitstag ein Zeitraum von mehreren Wochen und Monaten liegt, ist es wichtig, weiter mit den jungen Mitarbeitern in Kontakt zu bleiben“, empfiehlt Professorin Mörstedt, „sei es in Form von Postkarten, einer Einladung zum Frühstück in der Zwischenzeit oder diese vorab in der Mitarbeiterzeitschrift vorzustellen, damit sie sich wirklich willkommen geheißen fühlen“. Barbara Bocks| redaktion@regiomanager.de
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