Produktion

Stahlhandel: Aus der Welt in die Region

Stahlhändler beziehen ihre Waren weltweit und verkaufen sie dann im überschaubaren Umkreis. Trotz globaler Überkapazitäten sind die Absatzzahlen weitgehend stabil.

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von Regiomanager 01.06.2017
Münsterland Manager 2019/04
(Foto: © industrieblick – stock.adobe.com) | Stefan Mülders

Der Stahlhandel – oder auch die Stahldistribution – bildet das Bindeglied zwischen der weltweiten produzierenden Industrie und den verarbeitenden Unternehmen vor Ort. Die Branche ist sehr vielfältig, aber relativ überschaubar in der Unternehmenszahl. Der Bundesverband Deutscher Stahlhandel (BDS) in Düsseldorf zählt rund 400 Mitglieder. „Deutschlandweit existieren aber insgesamt etwa 600 lagerhaltende Stahlhändler und Stahl-Service-Händler“, weiß Jörg Feger, Bereichsleiter Research im BDS.
Nordrhein-Westfalen spielt aufgrund seiner überdurchschnittlich vielen Zentrallager und Stahl-Service-Center in der Region Rhein-Ruhr eine deutschlandweit wichtige Rolle. Die Unternehmen im bevölkerungsreichsten Bundesland sorgen – in den einzelnen Teilbereichen des Stahlvertriebs zwischen 30 und über 66 Prozent variierend – für 48 Prozent des Gesamtabsatzes bei Walzstahlfertigerzeugnissen.

Globale Überkapazitäten 

Bevor der BDS 1969 mit 2.100 Mitgliedern gegründet wurde, existierten in Deutschland drei Regionalverbände. Seitdem ist der BDS einziger Branchenverband. „Der Rückgang der Unternehmensanzahl ist mit einer üblichen Konzentration des Marktes zu erklären“, sagt Feger. „Unsere 400 Mitgliedsbetriebe sind deutlich größer als die große Anzahl der Händler vor 50 Jahren.“ Größte Herausforderung sei seit rund zehn Jahren die globale Überkapazität auf den Stahlmärkten, die herstellerseitig getrieben ist. Unter den Überkapazitäten leiden auch die Distributoren – unter anderem durch sinkende Preise und geringere Gewinnmargen. Aber ein darauf zurückzuführender merklicher Rückgang der Stahlhändler sei nicht die Folge gewesen. „Veränderungen im Distributorenmarkt sind eher einer natürlichen Fluktuation zuzuordnen. Die Abnehmer beweisen sich als sehr lieferantentreu.“ So sind auch die Lagerabsatzzahlen, die der BDS seit 2010 in Eigenregie erhebt und jeweils im Sommer für das Vorjahr veröffentlicht, weitgehend stabil. „Die Lagerabsätze des Stahlhandels haben in den Jahren 2010 und 2011 zugelegt, in den beiden Folgejahren leicht nachgegeben und 2014 wieder angezogen. Im letzten vorliegenden Erhebungsjahr 2015 sind die Mengen dann wieder rückläufig gewesen (-3,0 Prozent) und auf 10,7 Millionen Tonnen und damit den Wert von 2010 gefallen.“ Allerdings seien für 2016 und 2017 schon wieder Steigerungen festgestellt worden, die Statistiken seien nur noch nicht vollständig.

Leichter Aufwärtstrend erkennbar

„Der Absatz von Walzstahlfertigerzeugnissen lag im vergangenen Jahr bei 10,8 Millionen Tonnen und damit ein Prozent über dem Wert von 2015. Und für die ersten fünf Monate 2017 konnten wir vier Prozent mehr abgesetzte Tonnage feststellen als in der gleichen Vorjahresperiode.“ Grund für den leichten Aufwärtstrend ab 2016 sei unter anderem die gute Auftragslage bei den Abnehmern, etwa in der Baubranche. Auch die Antidumping-Entscheidungen der EU hätten in Teilbereichen wie zum Beispiel bei Flachprodukten zu einer Marktberuhigung geführt. Bezugsquellen für die Stahldistributoren sind weltweit zu finden. In Deutschland aber haben heimische Werke vor den europäischen Produzenten nach wie vor einen sehr hohen Anteil. Auch die Nordwest Handel AG bestätigt, dass weltweite Lieferanten noch einen geringen Teil ausmachen. „Rund 95 Prozent unserer Bezüge kommen aus der Europäischen Union. Allerdings sind wir gerade dabei, neue beziehungsweise weitere Märkte für unsere Fachhandelspartner zu erschließen“, sagt deren Referentin für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, Lea Dommel. Bei den Absatzkanälen sieht die Situation schon etwas anders aus: Hier beschränken sich die Stahlhändler auf regionale Märkte. „Der durchschnittliche Lieferradius liegt bei etwa 150 Kilometern, denn Stahl ist sehr schwer und sein Transport kostenintensiv“, sagt Jörg Feger. „Bei einzelnen Spezialhändlern kann der Radius auch schon mal etwas größer sein.“

Digitalisierung

Trotz traditioneller Vertriebswege kommt auch der Stahlhandel zukünftig nicht mehr ohne Digitalisierungsprozesse aus. Gerade der Preisdruck auf dem Weltmarkt macht es zur Notwendigkeit, neue Vertriebskanäle und damit zum Teil auch neue Zielgruppen zu erschließen. Einige große Händler haben inzwischen eigene Online-Portale aufgebaut, die sie gegen eine Art Provision auch anderen Unternehmen öffnen. Derartige Plattformen sollen den Aufwand auf Seiten der Händler mittelfristig verringern und die Lieferkette schneller und effizienter gestalten. Branchengrößen wie Klöckner oder Thyssenkrupp wollen so schon bald den Großteil ihrer Kunden online bedienen. Aber die Digitalisierung kann noch mehr: Perspektivisch sind die entwickelten Systeme darauf ausgerichtet, dass Maschinen in Produktionsbetrieben der Abnehmer das benötigte Material automatisiert bestellen. Spätestens an diesem Punkt wird klar, dass viele kleine Lösungen für Online-Shops nur wenig Sinn haben werden und für den jeweiligen Betreiber kaum gewinnbringend geführt werden können. Da scheinen einige wenige provisionsbasierte Plattformen deutlich effizienter.

Materialbeschaffung

Die Stahldistributoren nutzen drei Wege der Materialbeschaffung. Entweder sie erhalten ihre Waren direkt bei den Werken, über größere Händler oder sie sind Mitglied in einem der großen Einkaufverbünde. Die Einkaufsbüro Deutscher Eisenhändler GmbH (E/D/E) in Wuppertal und die Nordwest Handel AG in Dortmund verfügen über Untergruppen für den Stahlhandel und sind beide Mitglied im Bundesverband Deutscher  Stahlhandel.

Stefan Mülders | redaktion@regiomanager.de

Stefan Mülders
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