Für viele Verkehrsteilnehmer sind Lastwagen ein Ärgernis und in Tagesmedien finden sich überwiegend Negativmeldungen über den Güterverkehr auf der Straße. Berichte von durch LKW verursachte Unfälle, umgekippten Transportern, die die Fahrbahn blockieren, Gefährdern in engen Baustellen und Fahrern, die sich im Führerhaus mit anderen Dingen als dem Lenken ihres Gespanns beschäftigen, finden sich zuhauf in Zeitungen, im Radio, Fernsehen und auf Internet-Nachrichtenportalen. Aber die LKW-Branche ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, ohne sie würde das öffentliche Leben zum Erliegen kommen. Keine Waren mehr im Supermarkt, kein Benzin an Tankstellen, keine Transporte von und zu Baustellen, Abfall stapelt sich in Hinterhöfen und ein Wohnungswechsel wird zum großen Problem. Ganz zu schweigen von den Arbeitsplätzen bei Herstellern, Zulieferern, Fahrzeugbauern, im Verkauf und in der Logistikbranche.
Zulassungen in Deutschland
Kein Transportmittel bietet derart hohe Flexibilität wie die Nutzfahrzeuge im Straßenverkehr. Schiffe liefern nur bis zum nächsten Hafen, Flugzeuge zum Flughafen und der Schienenverkehr zum Bahnhof. Von da aus aber müssen die Güter weiterverteilt werden – über die Straße bis zur Haustüre. Laut Statistischem Bundesamt nehmen die Zulassungen von Nutzfahrzeugen aller Art kontinuierlich zu. Wurden im gesamten vergangenen Jahr fast 370.000 Fahrzeuge neu angemeldet, waren es in den ersten acht Monaten dieses Jahres schon 250.731 und damit im Durchschnitt erneut mehr als im Vorjahr. Insgesamt sind nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes 2018 insgesamt 3,03 Millionen Lastkraftwagen in Deutschland zugelassen (2017: 2,91 Millionen). Den größten Anteil davon machen Transporter mit einem zugelassenen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen aus (2,5 Millionen), gefolgt von der Gewichtsklasse bis 7,5 Tonnen (239.258). Die Herstellerstatistik führt Daimler vor Volkswagen und Ford an.
Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) rechnet in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anstieg der Transporte insgesamt und damit auch im Nutzfahrzeugsektor. 2017 wurden 3,68 Milliarden Tonnen über die Straße transportiert, für 2018 hat das BAG bereits auf rund 3,77 Milliarden Tonnen hochgerechnet. Diese Steigerung um 2,2 Prozent soll sich in etwa auch 2019 (+2,3 Prozen) und 2020 (+2,1 Prozent) fortsetzen. Im Gesamttransportaufkommen folgt übrigens nach dem Straßengüterverkehr die Eisenbahn auf Platz zwei – mit vergleichsweise „wenigen“ 401 Millionen Tonnen im Jahr 2017. Anders ausgedrückt bedeutet das, dass der Straßenverkehr 79 Prozent der im vergangenen Jahr insgesamt transportierten Güter befördert hat. Und der stark wachsende Online-Handel lässt die Vermutung zu, dass das noch lange so bleiben wird.
Innovationstreiber
Die LKW-Branche ist sich ihrer besonderen und herausragenden Stellung im Güterverkehr ebenso bewusst wie ihrer Zukunftsverantwortung. Die jüngste „IAA Nutzfahrzeuge“ im September in Hannover stand unter dem Motto „Driving tomorrow“ und präsentierte die Zukunft von Transport und Logistik. „Wir sehen Pioniergeist, neues Denken und enorme Dynamik: bei den Herstellern von schweren Nutzfahrzeugen, von Transportern, von Bussen, bei der Trainerindustrie, bei vielen Zulieferern und auch bei Software- und IT-Firmen“, hatte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), anlässlich der Messe gesagt. Denn auf der Branchenmesse wurde auch deutlich, dass die LKW-Sparte Teil des größten Innovationstreibers in Deutschland ist: des Automobilsektors, der mit seiner Masse an Zulieferbetrieben rund 40 Prozent des gesamten Patentaufkommens abbildet. Elektromobilität und autonomes Fahren, vernetzte Fahrzeuge und Trailer sind schon seit Jahren Thema für die Hersteller und Zulieferer von Nutzfahrzeugen. Die Deutsche Post war eines der ersten Unternehmen, das mit ihren Streetscootern den Weg zur E-Mobilität wagte. Inzwischen bestellen auch Speditionen bei der Tochtergesellschaft des Briefzustellers, denn für die „letzte Meile“ ist die Reichweite der innovativen Gefährte allemal eine gute Alternative. „Auf der IAA wurden Probefahrten mit 36 Elektromodellen sehr gut angenommen. Wir konnten Teil zahlreicher Weltpremieren mit E-Transportern und E-Bussen sein und auch der mittelschwere LKW im Verteilerverkehr wird elektrifiziert“, so Mattes weiter. Im Zuge der Digitalisierung würden die Assistenzsysteme für LKW immer ausgefeilter und sorgten dadurch auch für noch bessere Sicherheit im Straßenverkehr, beispielsweise mit der „Mirror Cam“, die den Außenspiegel ersetzt und den toten Winkel für den Fahrer sichtbar macht. Zugmaschinen sind schon lange vernetzt und auch der Trailer wird smart. Anhänger und Auflieger kommunizieren mit der Dispo und Frachtbörsen, bieten „selbstständig“ freie Kapazitäten an und machen sogar Nutzungsvorschläge. Über eine App wird digitale Abfahrtskontrolle möglich gemacht und der Fahrer bekommt Daten vom Trailer, notfalls auch Warnhinweise.
Digitalisierung
Ebenfalls im Rahmen der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover formulierte VDA-Präsident Mattes die Forderung an die Politik, mit wichtigen Rahmenbedingungen für 5G-Netze die Weichen für die Digitalisierung der Branche zu stellen. Diese sei Basis für zahlreiche Neuerungen, die auf der Messe für die Fahrzeuge vorgestellt wurden. Mit digitalisierten und vernetzten Verkehrssystemen sowie dem automatisierten und autonomen Fahren werde der Straßenverkehr insgesamt sicherer und effizienter. An anderer Stelle konkretisierte Mattes den Bedarf für Logistiker: „Nicht erst auf der Straße, sondern bereits bei der industriellen Fertigung von Fahrzeugen wird eine leistungsfähige digitale Infrastruktur benötigt.“ Unternehmen bräuchten automatisierte und effizientere Produktionsprozesse. Dazu seien Kommunikationstechnologien mit Eigenschaften notwendig, die die 5G-Technologie bereitstelle.Stefan Mülders
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