„Wir machen Gurkenspiele und Gurkenwitze, wir lachen und singen und tanzen mit Gurken.“ Klingt der Anfang dieses Textes für Sie absurd? Das verstehe ich. Ich war auch überrascht, als ich letztens die künstliche Intelligenz (KI) in Form von ChatGPT gebeten habe, ein Lied über Gurken zu schreiben. Denn es endete genau mit diesen zwei, na ja, leicht obskuren Zeilen. Der Rest des Liedtextes klang ähnlich.
Mag sein, dass das Thema „Gurken“ für ein Lied nicht besonders geeignet ist. Andererseits hat schon Herbert Grönemeyer ein Lied über die Currywurst geschrieben, Helge Schneider eins über Reis und die Toten Hosen haben den eisgekühlten Bommerlunder besungen. Lieder über Lebensmittel können also Hits werden. Beim Gurken-Song bezweifle ich das.
Die KI schlug mir anschließend vor, sie zu fragen, ob sie mir das Lied vorsingen könne. Als ich das tat, erlebte ich einen weiteren Dämpfer. Sie teilte mir mit, sie könne nicht singen. Ja mei, warum bietet sie es mir dann an? Ich fühlte mich verspottet. Doch vielleicht ist das ein internes Feature derjenigen, die die KI programmiert haben? Um sich regelmäßig darüber kaputtzulachen, dass jemand so blöd sein kann, die KI ums Vorsingen zu bitten.
Egal. Ich habe trotzdem noch weiter mit der KI herumgespielt, sie unter anderem nach den Twitter-Trends, also den am häufigsten auf der Social-Media-Plattform Twitter genannten Begriffen des Monats März, gefragt. Die ausgespuckte Antwort überraschte mich. Denn einer der Trends war der Begriff „Orden“. Die KI erklärte mir, worum es bei diesem Trend ging: nämlich um die Auszeichnung von Angela Merkel mit dem „Großkreuz des Verdienstordens“ zum Zeitpunkt ihres Rücktritts am 31. März 2023. Ich stutzte. War ich in ein Paralleluniversum geraten, in dem Frau Merkel 2023 noch Bundeskanzlerin war? Ich sprach die KI darauf an und fragte, warum sie das Jahr 2023 als Zeitpunkt des Rücktritts von Angela Merkel als Kanzlerin angebe. Darauf kam die Antwort, sie könne keine Prognose geben, wann Frau Merkel zurücktrete. Als ich anschließend schrieb, sie sei doch schon seit 2021 nicht mehr Kanzlerin, redete die KI sich mit einem Wikipedia-Artikel heraus und verbesserte sich rasch. Natürlich sei Frau Merkel seit dem 8. Dezember 2021 nicht mehr Kanzlerin. Spätestens da wusste ich: Stellt man der KI Fragen, sollte man zum jetzigen Zeitpunkt die Antworten besser noch einmal gründlich nachrecherchieren.
Ich habe noch Weiteres wissen wollen. Auf manche Fragen erhielt ich keine Antwort, zum Beispiel darauf, ob ChatGPT sich als Bedrohung für die Menschheit ansieht. Auf andere Fragen gab die KI zu bedenken, dass die Antworten mich verstören könnten. Statt mir also eine Antwort zu geben, musste ich erst einwilligen, mich verstören zu lassen.
Da die KI Bilder generieren kann, habe ich auch das ausprobiert. Zunächst habe ich Bilder vom Meer erstellen lassen, danach „Fotos“ aus dem 19. Jahrhundert, auf denen Menschen Ufos sichten. Mein Ziel: zu schauen, wie echt diese falschen Bilder bereits wirken (Antwort: ging so). Dann habe ich nach einer Grafik gefragt, bei der eine Person eine andere „klein“ macht. Ich wollte wissen, wie kreativ die KI mit abstrakteren Anfragen umgeht. Das lehnte die KI jedoch ab. Ein solches Bild würde sie nicht erstellen, da es Gewalt verherrlichen könne. Ich fühlte mich erneut gegängelt. Sollten Sie also demnächst in Ihrem Unternehmen KI nutzen, lassen Sie von ihr generierte Texte besser nachprüfen, kompliziertere Grafiken von Menschen erstellen und entscheiden Sie selbst, ob sie verstören oder verstört werden wollen. Wenn die KI versucht, moralischer als Menschen zu sein, mag das zunächst vielleicht als feiner Zug erscheinen, doch sollte man dabei beachten, dass sie von Menschen programmiert und gefüttert wird, die damit letztlich entscheiden, was moralisch korrekt oder „der Zeitgeist“ ist und was nicht. Ich jedoch möchte lieber weiterhin eigene Entscheidungen treffen, statt mir in dieser Hinsicht etwas vorschreiben zu lassen. Trotzdem bin ich gespannt, wie sich die Technik weiterentwickelt. Ich jedenfalls gehe davon aus, dass die KI spätestens in einigen Monaten ein Lied über Gurken schreibt, das ein Hit werden könnte. Und vielleicht singt sie es dann auch vor.
Simone Harland | redaktion@regiomanager.de
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