Nachhaltigkeit

Experten-Interview: ESG-Management im Handwerk

Welche Chancen und Herausforderungen umfasst das Nachhaltigkeitsmanagement für Handwerksbetriebe?

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von Miriam Leschke 15.07.2024
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Regio Manager: Herr Schaefer, Nachhaltigkeit ist ein Thema, das vielen Unternehmern Kopfschmerzen bereitet. Weshalb haben Sie sich so früh und freiwillig damit auseinandergesetzt?

Patrick Schaefer: Ich bin schon sehr lange der festen Überzeugung, dass wir sowohl gesellschaftlich als auch individuell dem Thema Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert beimessen sollten für die Sicherung einer in jeder Hinsicht verträglichen Entwicklung unseres Miteinanders über Generationen hinweg. Daher habe ich mich schon lange mit den Schlussfolgerungen und Implikationen sowie deren praktischer Umsetzung im täglichen Leben befasst. Zugleich liegt es nahe, das Thema in das berufliche Umfeld zu überführen und dort umzusetzen. Dazu gehört es meiner Meinung nach auch, als Unternehmen über das nachhaltige Agieren Rechenschaft abzugeben nach dem Motto: „Tue Gutes und spreche darüber!“

RM: Warum ist es für Handwerksbetriebe sinnvoll, sich frühzeitig auf Nachhaltigkeit zu konzentrieren?

PS: Da sind zunächst einmal die Arbeitsfelder und Produktangebote, die sich aus der Umsetzung vor allem ökologisch ausgerichteter Themen auf dem Wege in eine nachhaltigere Zukunft ergeben und bei denen das Handwerk ein wesentlicher Träger der Angebote und der Umsetzung sein kann. Ich denke etwa an Themen wie Photovoltaik, Heiz- und Kühltechnik, Wärmedämmung, verträgliche Materialien, Umgang mit Wasser. Aspekte, bei denen moderne Handwerksbetriebe ihre Kompetenz in zukunftsgerichtete, nachhaltige Techniken einbringen können. Da sind auf der anderen Seite in den Betrieben selbst aber auch soziale Themen, auf die sich die Handwerksbetriebe zur Verbesserung ihrer eigenen Performance und Zukunftsfähigkeit konzentrieren sollten. Ich nenne nur als Beispiele: Gewinnung von Mitarbeitenden durch Veränderung von Rahmenbedingungen wie Arbeitszeiten, Aus- und Fortbildung oder die Anpassung an familiäre Zeitbedarfe, aber auch an Wetterbedingungen. Außerdem haben sich Unternehmer im Mittelstand schon lange in ihrem Gemeinwesen sozial oder gesellschaftlich engagiert, haben ihre Unternehmen auf lange Sicht und über Generationen unter Berücksichtigung der Bedarfe ihrer Mitarbeitenden geführt, jetzt kommen weitere vor allem ökologisch ausgerichtete Aspekte dazu, der Grundtenor bleibt aber der Gleiche: Mittelstand und Nachhaltigkeit passen gut zusammen!

RM: Warum bestimmen Daten und Detailfragen zunehmend die praktische Umsetzung von Nachhaltigkeit und besteht die Gefahr einer Überregulierung?

PS: Für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens oder der Nachhaltigkeitsziele der UN in das praktische Leben braucht es Daten als Kommunikationsmittel. Ob Finanzinstitut, Kunde oder Mitarbeitender – alle wünschen sich für ihre Entscheidungen Messbarkeit und Vergleichbarkeit. Wir kennen das bereits aus der Bereitstellung von Finanz- oder Steuerdaten. Das bedeutet im ersten Schritt Aufwand für Unternehmen. Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsthemen sollten jedoch stets die Grundsätze der Effizienz und Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. Übertragen bedeutet das, dass eine breite Akzeptanz für die Nachhaltigkeit von unserer Bereitschaft zur Umstellung abhängt, die dann jedoch ohne einen überzogenen Mehraufwand möglich sein sollte. Es muss also einfach und dennoch effizient erfolgen. Das Messen und Einordnen sowie eine darauf basierende Berichterstattung sollten insofern angemessen zur Größe der Unternehmen und zum Nutzen der Berichtsempfänger ausgestaltet sein.

RM: Sie haben den ESG-Fragebogen, den Brinkschulte Medien Essen an alle Branchenakteure versendet, vorab überprüft und kuratiert. Sind die von Ihnen genannten Überlegungen auch relevant für Unternehmen, die nicht unter die Berichtspflicht fallen?

PS: Ja, das sind sie auf jeden Fall. Aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtungen der kleineren, kleinen und mittelständischen Unternehmen in Liefer- oder Anspruchsketten kommt es dazu, dass Stakeholder wie z.B. Banken Informationen und Daten zum Thema nachhaltiger Entwicklungen einfordern oder Kunden entsprechende Daten abfordern. Darauf strukturiert vorbereitet zu sein, ist in jedem Fall sinnvoll. In diesem Kontext sind Maßnahmen wie Ihr ESG-Fragebogen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), mit dessen Hilfe die Nachhaltigkeitsperformance in einem Score gemessen werden kann, eine große Chance. Mit solchen Tools können Unternehmen unkompliziert sehen, wo sie bereits stehen und was relevant ist. Im Fall Ihres ESG-Scores sogar im Vergleich mit Unternehmen der eigenen Region und Branche, was ein starker Motor für die gesamte Entwicklung sein kann.

Für Fragen oder Anmerkungen können Sie Herrn Schaefer erreichen unter: patrick.schaefer@bswberatung.de

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Interview-Partner Patrick Schaefer ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie geschäftsführender Gesellschafter der bsw Beratung GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Essen

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