Es ist gar nicht so lange her, da galt Whisky noch als typisches Altherren-Getränk in Deutschland. Eins, das gut betuchte Geschäftsleute in illustrer Runde zu sich nahmen. Mittlerweile ist der hochprozentige Tropfen in der Mitte der Gesellschaft angekommen, Whisky-Tastings sind quer durch alle Altersgruppen beliebt, erlesene Whiskys eignen sich als beliebte Präsente und Mitbringsel und – was viele Laien nicht wissen – bestimmte Whiskysorten werden vor dem Hintergrund von Draghis Niedrigzinspolitik auch interessant als Geldanlage. Wer sich gut informiert und bereit ist, ein wenig zu investieren, kann mit dem Hochprozentigen durchaus Geld verdienen.
Einzigartigkeit zählt
Natürlich eignet sich dafür nicht jeder Whisky. Aussichtsreiche Kandidaten für eine vernünftige Rendite sind vor allem die sogenannten Single Malts-Whiskys, die aus einer einzigen Destille stammen. Besonders angesagt sind „Scotchs“, Exemplare aus Schottland. „Jeder Single Malt ist einzigartig. Im Grunde kann jedes Fass innerhalb einer Destille unterschiedlich schmecken“, erklärt Thilo Marquaß, Geschäftsführer von Kaspar Spirituosen in Essen und Düsseldorf. Weil dieser Whisky mehrere Jahre in den Fässern lagern muss, kann er nicht beliebig nachproduziert werden. Gleichzeitig steigt weltweit die Nachfrage nach dem seltenen Tropfen – und daher auch sein Wert. Der Leitindex für Scotch Whisky, der APEX 1000, konnte so im letzten Jahr um 14 Prozent zulegen. „Besonders wertvoll sind Whiskys aus ,Lost Distilleries‘, also Destillen, die nicht mehr produzieren, wo der verbleibende Whisky aber noch verkauft wird“, ergänzt Marquaß (siehe Info-Kasten). Gegenüber Wein hat der hochprozentige Tropfen den großen Vorteil, dass er nicht „umkippt“. „Man muss nicht auf die Uhr gucken, nachdem man einen Whisky geöffnet hat“, schmunzelt Marquaß. Auch die Lagerung sei wesentlich einfacher. „Lichtarm und normale Raumtemperatur. Ganz unspektakulär.“ Neben schottischem und irischem ist mittlerweile japanischer Whisky angesagt, wenn er denn in kleiner Stückzahl Deutschland erreicht. Hierzulande relativ unbedeutend ist amerikanischer Whiskey, Bourbon genannt. Dagegen nimmt das Interesse an heimischer Herstellung zu: Von den rund 29.000 Obst- und Kornbrennereien in Deutschland destillieren mittlerweile rund 300 auch Whisky. Noch ist die Fan-Gemeinde dafür relativ klein, aber man darf gespannt sein, wie es in den nächsten Jahren aussieht, wenn immer mehr deutscher Whiskys das interessante Alter erreichen.
Wo informieren?
Es gibt viele Möglichkeiten, sich ein solides Wissen über Whisky anzueignen. Im Web existieren zahlreiche Foren, Facebook-Gruppen tauschen sich über die ganze Welt verteilt aus, Fachbücher und -zeitschriften führen den Laien an das Thema heran. Wer es praktischer mag, sollte einfach mal an einem Whisky-Tasting teilnehmen, eine Fachmesse besuchen oder seinen nächsten Urlaub in einem Whisky-Ursprungsland machen – und das Nützliche mit dem Genuss verbinden. Eine regional bekannte Fachmesse im Ruhrgebiet ist die Aquavitae, die vom 29. bis 30. Oktober 2016 in der Stadthalle in Mülheim an der Ruhr stattfindet. Mit dem neuen Wissen und den Eindrücken im Gepäck lässt sich dann nicht nur ein Whisky finden, der den persönlichen Geschmack trifft, sondern der unter Umständen auch mit Gewinn weiterverkauft werden kann. Denn unter Whisky-Kennern gilt die Devise: Immer drei Exemplare zulegen – eins zum Sammeln, eins zum Tauschen und eins zum Genießen!
Was beachten?
Mit dem Whisky-Boom haben leider auch die Fälschungen zugenommen. Es kommt nicht selten vor, dass auf populären Auktionsplattformen leere Flaschen begehrter Sorten für mehrere Hundert Euros den Besitzer wechseln. Experten wie der Whisky-Blogger Marco Jansen raten daher, jede Flasche für die Sammlung ausschließlich im Fachhandel zu kaufen. Wer Whisky auch als Investment betrachtet, sollte zudem wissen, dass weltweit die Produktionskapazitäten – zwar langsam, aber kontinuierlich – ausgebaut werden. Mittel- und langfristig dürfte das die derzeit teils imposanten Renditen wieder dämpfen. Und noch ein Ereignis wird Auswirkungen haben: der Brexit. Die Briten haben am 23. Juni beschlossen, aus der EU austreten zu wollen – und damit auch für die Whiskyhochburg Schottland gestimmt. Was das genau für den Handel und den Preis bedeutet – das kann zu diesem Zeitpunkt wohl noch niemand genau sagen. Denkbar ist, dass die Schotten den Brexit zum Anlass nehmen, ihrerseits ein neues Referendum zur Unabhängigkeit durchzuführen, um dann wieder an die EU andocken zu können. Auch im Whisky-Land Irland werden nun Stimmen lauter, sich endlich mit dem abgespaltenen Norden zu versöhnen. Vor dem Hintergrund dieser ganzen Unwägbarkeiten ist es umso wichtiger, die wichtigste Anlage-Regel bei Whisky zu beherzigen: Investiere nur in solche Whiskys, die dir auch persönlich schmecken! Im schlimmsten Fall bleibt man auf einem edlen Tropfen sitzen. Einen, der auch in zig Jahren noch schmecken wird.
Thomas Corrinth | redaktion@regiomanager.de
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