Dem bundesdeutschen Garten- und Landschaftsbau geht es gut, wie der Blick auf die Branchendaten zeigt: Der Gesamtumsatz entwickelt sich seit über einem Jahrzehnt positiv: Von 4,24 Milliarden Euro in 2005 auf 7,48 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Die Betriebe in NRW steuern davon rund 1,6 Milliarden Euro bei. 65 Prozent des NRW-Marktvolumens stammen von den rund 1.000 Betrieben des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westfalen (VGL NRW). Bundesweit wächst die Anzahl der Fachbetriebe, während die Insolvenzquote weiter sinkt: 2016 lag sie bei 0,56 Prozent. Entsprechend stieg die Anzahl der Beschäftigten von 95.000 (2005) auf fast 114.000 (2016) an. Sorgen bereitet den über 1.700 Fachbetrieben allerdings der Nachwuchs. Die Anzahl der Auszubildenden sank in den vergangenen Jahren. „Dabei sind die Karrierechancen sehr gut“, sagt Karoline Giesebrecht, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim VGL NRW. Nach der Lehre stehen dem Nachwuchs viele Wege offen: von der Ausbildung zum Meister, Techniker oder Fachagrarwirt ebenso wie zum Bachelor- und Magisterabschluss.
Klimawandel erfordert Umdenken
Der Klimawandel und gesellschaftliche Veränderungen und Anforderungen führen seit Jahren zu neuen Innovationen in der Branche. „Grünanlagen statt Steingärten“, fordert die Branche deswegen im öffentlichen, industriell-gewerblichen und privaten Raum. Grünflächen nutzen nicht nur dem Klima, sondern können durchaus auch Kosten sparen: Rein technisch betrachtet sind sie ideale Versickerungsflächen für Regenwasser, für die keine Abwassergebühren anfallen. Gleichzeitig dienen sie Besuchern wie Mitarbeitern als angenehmes Entree oder sogar als kleine grüne Oase. „Der Wohlfühleffekt, den Pflanzen erzeugen, machen sich auch immer mehr Firmen und Institutionen zunutze“, weiß Gerald Jungjohann vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL) aus Erfahrung. „Ein professionell gestaltetes grünes Arbeitsumfeld wird so zur Visitenkarte des Unternehmens.“ Gleichzeitig verschwindet damit oft ein Teil des Straßengrau mit samt unangenehmer Geräuschkulisse und schlechter Luft. Ein neuer Trend unterstützt zudem die (Wieder-)Anlage von Grünanlagen: das Urban Gardening. Auf den Unternehmensflächen wachsen dabei Gemüse und Kräuter für die Mitarbeiter oder es entsteht ein repräsentativer Garten. In dem können neben Besprechungen auch Gästetreffen organisiert werden. Dank hochmoderner Outdoorküchen geraten sie zum kulinarischen Event in einer gepflegten Anlage, die damit unterschwellig Wachstum, Nachhaltigkeit und Innovation symbolisiert. Kunst und Kultur können diese Funktionen noch untermauern. Die jeweilige Gestaltung und Ausrichtung der Firmengrünanlagen lässt sich passgenau zum Unternehmen gestalten.
Neue Grünanlagen im Blick
Angesichts der zunehmenden Urbanisierung geraten aber auch andere mögliche Grünanlagen ins Visier der Planer: Fassaden und Dächer. Sie können für Unternehmen künftig interessant werden. Denn der Konflikt zwischen dem Erhalt von Grünflächen auf der einen und die Nachfrage nach Bauland für Industrie/Gewerbe und Wohnen auf der anderen Seite verschärft sich zunehmend. Da große Freiflächen in Städten immer häufiger Mangelware werden, lohnt es sich, im Bestand über eine Dach- oder Fassadenbegrünung nachzudenken, um sie als Ersatzfläche ausweisen zu können. Das kann künftig möglicherweise die Erweiterung der Produktionsfläche auf dem eigenen Areal ermöglichen und einen Umzug ersparen. Die Zeiten langweiliger Efeubegrünungen von Gebäuden sind längst vorbei. Neue Techniken und Verfahren zur Dach- und Fassadenbegrünung einerseits und offene Bauweisen, die optisch das Grün im Büro- bzw. Produktionsbereich erlebbar machen, andererseits erleichtern die notwendige Fusion von innen und außen. Begrünte Dächer, Fassaden und Terrassen erfüllen gleichzeitig auch noch wichtige ökologische und ökonomische Funktionen: Sie regulieren das Klima, speichern Niederschläge, bilden Lebensräume für Pflanzen und Tiere, sichern die Dachhaut, bieten Schutz vor UV-Strahlung, verbessern den Wärmehaushalt und verlängern die Haltbarkeit des Daches und der Fassade. Welche Begrünung im Einzelfall welchen Effekt hat, wissen die Fachleute. Die Garten- und Landschaftsbaubetriebe vor Ort kennen nicht nur die klimatischen Bedingungen und die benötigten Pflanzen und ihre Bedürfnisse, sondern bringen auch das nötige Know-how und die Erfahrung bei der Umsetzung mit.
Ganz nebenbei profitiert auch das Umfeld von diesen Maßnahmen: Die Unternehmen zeigen damit Verantwortung für die direkte Nachbarschaft und beteiligen sich an der Verbesserung des Mikroklimas im städtischen Umfeld. Freundlich gestaltete Firmengärten oder begrünte Hallenrückwände können so zur Attraktivität einzelner Straßenzüge und Quartiere beitragen und dienen der Imageförderung. Ob das entstandene Grünareal dann auch noch für die Öffentlichkeit freigegeben werden kann, hängt von den Sicherheitsanforderungen des jeweiligen Unternehmens ab.
Die Garten- und Landschaftsbau-Branche geht davon aus, dass angesichts der weiter steigenden Verknappung der Ressource Boden die Gestaltung und Umwandlung von nicht versiegelten Arealen in Grünflächen, die Renaturierung sowie Gebäudebegrünungen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Architekten, Landschafts- und Städteplaner, Gebäudebegrüner und Praktiker werden künftig sehr viel enger zusammenarbeiten, um den Anforderungen angesichts des Klimawandels und des Umweltschutzes gerecht zu werden. Aber auch die Bevölkerung stellt – wegen derrch die Schrumpfung von privaten Flächen durch die Nachverdichtung – zunehmend höhere Ansprüche an den öffentlichen Raum. Immer größere Teile des Freizeitlebens verlagern sich bereits heute auf Plätze, Parks, Gemeinschaftsgärten oder Sport- und Freizeitanlagen. Nicht alle von ihnen erfüllen die nötigen Standards oder ökologischen Anforderungen. Die Garten- und Landschaftsbau-Branche ist auf den Wandel gut vorbereitet. „Unsere Mitgliedsunternehmen sind hochinnovativ und auf dem modernsten Stand“, ist Karoline Giesebrecht überzeugt. Angesichts der absehbaren Aufgaben – auch bei der Wohnumfeldverbesserung, der Revitalisierung von Siedlungen und der Modernisierung von vielfach veralteten Spiel- und Freizeitanlagen – schaut die Branche positiv in die Zukunft.
Barbara Bocks | redaktion@regiomanager.de
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