Das Bundesarbeitsgericht hat sich in zwei Entscheidungen aus Dezember 2022 und Januar 2023 zur Verjährung des Urlaubsanspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) positioniert. Gegenstand war zum einen die Verjährung des Urlaubsanspruchs während des laufenden Arbeitsverhältnisses und zum anderen die Verjährung des finanziellen Urlaubsabgeltungsanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für nicht gewährten Urlaub. In beiden Fällen ging das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass die Urlaubs(abgeltungs)ansprüche grundsätzlich der regelmäßigen dreijährigen Verjährung unterliegen und nach Ablauf der Verjährungsfrist verfallen können. Für die Verjährung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen gelten jedoch unterschiedliche Regelungen.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Verjährung von Urlaubsansprüchen während des laufenden Arbeitsverhältnisses erheblich erschwert. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.12.2022 (Az. 9 AZR 266720) beginnt die dreijährige Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche nämlich nicht grundsätzlich mit dem Ende des jeweiligen Urlaubsjahres. Die Verjährung beginne, so das Bundesarbeitsgericht, erst mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Urlaubsanspruch und seinen Verfall zum Jahresende hingewiesen hat und der Arbeitnehmer den Urlaub dann trotzdem nicht beansprucht. Der Arbeitgeber müsse den Arbeitnehmer durch diese Aufforderungs- und Hinweisobliegenheit in die Lage versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Dies folge aus dem europarechtlich verankerten Zweck des Urlaubs, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen.
Die Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruch beginnt hingegen auch ohne Hinweis des Arbeitgebers mit Ablauf des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Das hat das Bundesarbeitsgericht am 31.01.2023 (Az. 9 AZR 456/20) geurteilt. Dass den Arbeitgeber in diesem Fall keine Mitwirkungsobliegenheit treffe, sei darauf zurückzuführen, dass sich der Anspruch auf Gewährung von Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen reinen Zahlungsanspruch verwandle. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fehle es daher an einer Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers, der den Urlaub zum Schutz seiner Gesundheit tatsächlich nicht mehr beanspruchen kann.
Arbeitgeber sind angesichts der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Verjährung von Urlaubs(abgeltungs)ansprüchen gut beraten, Vorsorge durch entsprechende Verfallhinweise während des laufenden Arbeitsverhältnisses zu treffen. Ein derartiger Hinweis könnte beispielsweise auf der Entgeltabrechnung als Standardtext implementiert werden. Zudem ist zu beachten, dass die von dem Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze nur für den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem BUrlG gelten. Gewährt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern darüber hinausgehenden Urlaub, kann der Verjährungsbeginn für diese Urlaubsansprüche durch entsprechende Vertragsgestaltung vorverlegt werden.
Dr. André Bienek ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Essener Kanzlei ROTTHEGE.
Fragen beantwortet er gerne unter a.bienek@rotthege.com
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