Die Bauwirtschaft und das Handwerk im Allgemeinen erleben zurzeit einen kleinen wirtschaftlichen Boom. Die Auftragsbücher waren auch über den Jahreswechsel gut gefüllt, und das ist auch bei Trockenbau-Unternehmen nicht anders. Im Jahr 2016 wurden nach Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie mit 309 Milliarden Euro fast zehn Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes für Baumaßnahmen verwendet. Mit rund 2,5 Millionen Erwerbstätigen und damit fast sechs Prozent der Gesamtmasse ist das Baugewerbe einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Wenngleich der Wettbewerbsdruck in der Baubranche sehr hoch ist, etablieren sich auf Qualität ausgerichtete Firmen am Markt. Dabei hat sich der Innenausbau in Trockenbauweise erst etwa ab den 1960er-Jahren und dann auch zunächst sehr zögerlich in Deutschland durchgesetzt. Lange Zeit herrschte Unklarheit darüber, ob der Akustik- und Trockenbau als Teilbereich eines Handwerks der zurzeit 41 Gewerbe umfassenden Anlage A der Handwerksordnung (HWO) zu sehen ist und damit den entsprechenden Einschränkungen, u.a. der Meisterpflicht, unterliegt. Erst mit dem „Gesetz zur Änderung des Übergangsgesetzes aus Anlass des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften“, verabschiedet am 31. Mai 2000 (BGBl. I, Seite 774) und in Kraft getreten am 08. Juni 2000, wurde klargestellt, dass dem nicht so ist. Fortan durften entsprechende Arbeiten auch von Unternehmen ausgeführt werden, die nicht in der Handwerksrolle eingetragen sind.
Definition der Branche
Nicht klar geregelt wurde im Gesetz, wie sich Akustik- und Trockenbau konkret definiert. Hierzu aber teilt die Ausbildungsverordnung das Berufsbild in die wesentlichen Bereiche Trockenbaukonstruktionen und Sanieren und Instandsetzen von Bauwerken. Zu Ersteren werden Montagewände, Deckenbekleidungen und Unterdecken, Wand-Trockenputz und Vorsatzschalen, Brandschutz-, Fertigteilefußboden- und Trockenbaukonstruktionen gezählt. Zur Sanierung und Instandsetzung gehören neben den genannten Gewerken auch nachträgliche Einbauten von Badezimmern oder Dachgeschossausbauten. Fachlich definiert wird der Trockenbau als „raumabschließender Innenausbau für Wand, Decke und Boden“. Trockenbausysteme sind gekennzeichnet durch leichte Konstruktionen mit geringem Flächengewicht, die somit einen geringen Anspruch an die Statik haben und Baukosten senken. Der Kreativität in der Ausführung sind dabei nahezu keine Grenzen gesetzt. Ausgenommen ist die Verwendung von Materialien, die einer längeren Trocknungszeit bedürfen. Ganz ohne feuchte Werkstoffe geht es aber trotzdem nicht: Spachtelmassen beispielsweise dürfen verwendet werden, entsprechende Oberflächen können aber bereits nach kurzer Zeit weiterbearbeitet werden.
Junger Handwerkszweig
Der Akustik- und Trockenbau hat in Deutschland noch keine allzu lange Tradition. Erst 1974 wurde das Berufsbild mit der dreijährigen Ausbildung zum Trockenbaumonteur etabliert. Zehn Jahre später folgte der weiterführende Berufsabschluss zum Industriemeister Akustik- und Trockenbau. Erst seit gut zehn Jahren ist Trockenbau auch bauvertragsrechtlich offiziell als eigenständiges Gewerk anerkannt. 2006 nämlich wurde von der Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau (heute Bundesfachabteilung Ausbau und Trockenbau) die Aufnahme der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen DIN 18340 „Trockenbauarbeiten“ in die Vergabe- und Vertragsordnung für das Bauwesen durchgesetzt. Heute hat sich der Trockenbau zu einem Hauptgewerbe in der modernen Bauwirtschaft entwickelt. Er steht im Schnittfeld der Gewerke und verbindet diese zugleich. Für den Akustik- und Trockenbau werden ständig neue Innenausbau-Systeme und Konstruktionsverfahren entwickelt. Innerhalb der Bauwirtschaft gilt er als flexibel, sauber, schnell und preisgünstig. Eine beratende Einbindung bereits in der Planungs- oder Ausschreibungsphase wird empfohlen; so sei eine ideale Unterstützung der Bauherren im Hinblick auf moderne Gestaltung und Ausführung des Gebäudeausbaus möglich.
Anerkannter Fachbetrieb
Schon aus dieser Schlüsselfunktion heraus ergibt sich der Bedarf, dass unabhängig von einem nicht erforderlichen Eintrag in die Handwerksrolle Qualitätsrichtlinien eingehalten werden. „Produkt- und verarbeitungsbezogenes Image- und Qualitätsdenken einer Branche ist wesentliche Grundlage für das Ansehen ihrer Bauweise und Leistungen. Nur so lassen sich angemessene Marktpreise und Bewusstsein für hochwertige Verarbeitung der Produkte erreichen“, kommentiert die Bundesfachabteilung Ausbau und Trockenbau (BFA ATB). Mit der Auszeichnung „Anerkannter Fachbetrieb“ zeichnet die Bauindustrie deshalb Unternehmen aus, die als Auftragnehmer nachweislich Know-how und Qualität mit guter Leistung verbinden. Die zunehmende Fülle angebotener Systemkomponenten und Materialien im modernen Trocken- und Leichtbau sinnvoll zu kombinieren sei eine Herausforderung, die immer breiteres Fachwissen erfordere. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Realisierung von Schall-, Feuchte- und insbesondere Brandschutzlösungen, für die eigentlich nur ausgewiesene Fachunternehmen herangezogen werden sollten. Gleichzeitig kritisiert der BFA ATB die gängige Praxis der Hersteller, „im einseitigen Absatzmarktinteresse immer wieder zu beobachtende gewerkeübergreifende Einstiegs- und Aufschulungsangebote für jedermann“ anzubieten. Diese laufe dem Qualitätsanspruch zuwider.
Stefan Mülders | redaktion@regiomanager.de
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