Immobilien (Dienstleistungen)

Luft nach oben

Trotz positiver Branchenentwicklung versuchen Projektmanager und Bauträger bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Während die einen an der Verhinderung von Problemprojekten arbeiten, haben die anderen mit administrativen Hürden zu kämpfen.

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von Regiomanager 01.08.2017
Südwestfalen Manager 2016/05
Foto: © Ilan Amith – stock.adobe.com

Wohin der Weg in diesen Tagen auch führt, Bagger, Baukräne und Baken sind allgegenwärtig. Insbesondere in deutschen Ballungszentren reihen sich Baustellen fast nahtlos aneinander und lassen den viel zitierten Bauboom unübersehbar werden. Welch aufwendige Planungs- und Organisationsprozesse hinter einem Neubau-, Sanierungs- oder Modernisierungsprojekt stecken, ist jedoch nur den wenigsten bewusst. An dieser Stelle kommen Projektmanager ins Spiel, die derzeit ebenfalls von der hohen Baunachfrage profitieren. „Ich habe in meiner 30-jährigen Berufslaufzeit noch nie eine Phase erlebt, in der der Bedarf an Projektmanagern derart groß war“, sagt Prof. Dr. Norbert Preuß, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Verbandes der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e. V. (DVP). Trotz der sehr guten Auftragslage arbeite die Branche jedoch daran, sich weiterzuentwickeln. Schließlich standen Projektmanager nach Fehlentwicklungen bei Problemprojekten wie dem Berliner Flughafen BER, der Elbphilharmonie oder Stuttgart 21 in den vergangenen Jahren mehrfach in der Kritik. „Nach einer Serie von öffentlichen Großprojekten, die in finanzielle oder terminliche Schieflage geraten sind, haben wir uns intensiv mit der Ursachenforschung beschäftigt“, so Preuß, der seit März 2017 Aufsichtsratsmitglied der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) ist. Dabei liegen die Gründe häufig auch in der Auftraggeberorganisation und seien mit der Qualität der Planung, nachträglichen Änderungen und Fehlern im Vergabeverfahren verbunden.

Neue Leistungsbilder für komplexe Projekte

Als Konsequenz wurde die vom AHO – Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. – herausgegebene AHO-Schriftenreihe, um die Publikation „Ergänzende Leistungsbilder zum Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ erweitert. Das AHO-Heft 9, das erstmals 1996 erschien und mehrfach neu aufgelegt wurde, beschreibt die Handlungsbereiche des Projektmanagements in der Immobilienwirtschaft. Dazu zählen unter anderem der Aufbau von Organisationsstrukturen, die Definition und Verfolgung von Projektzielen, Qualitätssicherung und -kontrolle, Budget- und Terminplanung sowie der Aufbau von Vergabe- und Vertragsstrukturen. „Im neu konzipierten Heft Nr. 19, das im September 2017 veröffentlicht wird, werden eine ganze Reihe von zusätzlichen Leistungsbildern fokussiert, die für eine sichere Abwicklung von besonders komplexen Projekten sorgen sollen“, so der Vorsitzende der AHO-Fachkommission „Projektsteuerung/Projektmanagement“. Auf circa 300 Seiten werden darin insgesamt zwölf Leistungsbilder mit detaillierter Kommentierung behandelt – darunter die neuen Themen Projektentwicklung, Stakeholder-Management, Risikobewertung und Projektcontrolling. Die Grundlagen sind in der Branche bekannt, dennoch gibt es ein Umsetzungsproblem, das der DVP unter anderem mit einer Weiterbildungsoffensive angeht. So soll beispielsweise der Nachwuchs die Möglichkeit haben, an den Hochschulen spezielle DVP-Zertifikatslehrgänge zu absolvieren und damit das Fachwissen zu vertiefen.
Thematisiert wird außerdem die zunehmende Digitalisierung. Hier steht beispielsweise die Einführung der Building Information Modeling (BIM)-Methode im Fokus, die die Arbeitsweisen aller Projektbeteiligten nachhaltig verändert. Dazu hat der DVP eine Schulung für Projektmanager in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum konzipiert, die im November 2017 starten wird. Auch bei der öffentlichen Hand sieht Norbert Preuß Schulungsbedarf: „Für die Umsetzung von Infrastrukturprojekten sind dank sprudelnder Steuereinnahmen zwar Gelder vorhanden, dennoch sehen wir insbesondere in Nordrhein-Westfalen noch immer einen Investitionsstau. Das liegt in erster Linie daran, dass es der öffentlichen Hand an ausreichend qualifizierten Projektbearbeitern fehlt, die in der Lage sind, die Grundlagen für anstehende Projekte zu schaffen und diese zügig umzusetzen.“

Administrative Hürden für Bauträger

Langwierige Prozesse in den Behörden stellen auch die Service- und Trader-Developer, die klassische Bauträger-Aufgaben übernehmen, vor Herausforderungen. Die zeitaufwendige und bürokratische Kommunikation mit den Behörden sowie sehr lange Planungs- und Genehmigungsverfahren sind schließlich große Kostentreiber für die Branche. Neben administrativen Hürden erschwert vor allem der Baulandmangel Investitionen in den Neubau: „Die sehr restriktive Handhabung der Gemeinden bei der Ausweisung von Bauland und bei der Erteilung von Baugenehmigungen außerhalb von Bebauungsplangebieten ist eine starke Restriktion für den gesamten Markt“, erklärt Rolf Schettler, stellvertretender Vorsitzender des BFW Landesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Nordrhein-Westfalen. „Zahlreiche Bauideen können nicht umgesetzt werden, weil das passende Baugrundstück oder das Baurecht fehlt.“ Im Wohnungsbau erweise sich außerdem eine Überregulierung als Baubremse. „In der Öffentlichkeit ist häufig die Rede von explodierenden Mieten. Das ist jedoch ein regionales Sonderphänomen, das lediglich einzelne Städte wie Düsseldorf oder Köln betrifft. Regulierungen wie diese führen dazu, dass immer mehr Investoren ihre Aktivitäten im vermieteten Geschosswohnungsbau zurückfahren und stattdessen verstärkt in den Bau von Eigentumswohnungen, Reihen- und Einfamilienhäusern investieren.“ Beflügelt werde dieser Trend durch niedrige Zinsen. Trotz dieser Herausforderungen entwickelt sich die Branche äußerst positiv. Laut Statistischem Bundesamt stieg die Zahl der fertiggestellten Wohnungen 2016 auf 277.700 an – das sind 12,1 Prozent mehr als im Vorjahr. „Wer im Moment im Bauträgergeschäft kein Geld verdient, der macht etwas grundlegend falsch“, ist Rolf Schettler überzeugt. Dennoch werde der prognostizierte Bedarf von jährlich 400.000 Wohneinheiten nicht erreicht. Grund dafür seien in erster Linie die verschlechterten Rahmenbedingungen.
Lediglich im Bereich der Finanzierung sind die Bedingungen wegen des niedrigen Zinsumfeldes derzeit günstig. Für Bauträger ist dieser Aspekt besonders wichtig, da sie in der Regel das volle wirtschaftliche Risiko für ein Projekt und die vertriebliche Verantwortung tragen. Zwar sind auch Service-Developer am Markt vertreten, die als Dienstleister agieren und für Bauherren den Bauprozess steuern, die Mehrzahl der Bauträger kauft jedoch eigene Grundstücke, auf denen sie ihre Bauvorhaben durchführen. Dabei gestalten sie den Bauprozess wirtschaftlich, technisch und organisatorisch – von der Projektentwicklung über die Ausschreibung der Bauleistungen bis hin zum Vertrieb der Immobilie. Hier liegt eine weitere Herausforderung für die Branche: „Banken tun sich oftmals schwer damit, Bauträgervorhaben zu finanzieren. Schließlich besteht das Risiko, dass die kalkulierten Baukosten überschritten werden oder die Zahlung eines Käufers ausbleibt.“ Kreditwürdigkeit ist deshalb unabdingbar. „Kleine, unterkapitalisierte Unternehmen konnten Leistungsstörungen in der Vergangenheit nicht stemmen. Ein Marktkonzentrationsprozess hat dann dazu geführt, dass heute hauptsächlich große, kapitalstarke Unternehmen und kleine, regional agierende Individualisten am Markt agieren.“ Beide Gruppen gehen mit viel Rückenwind in die Zukunft: „Zum einen muss der Geschosswohnungsbau vorangetrieben werden, zum anderen haben wir großen Bedarf im Bereich der Errichtung und Nachrüstung von barrierefreien Gebäuden sowie der energetischen Verbesserung.“ Sowohl im Geschosswohnungsbau als auch im Reihenhaus- und Einfamilienhausbaubereich gebe es somit Luft nach oben. „Wenn es gelingt, die Rahmenbedingungen zu verbessern, stehen dem Bauträgergeschäft in den nächsten fünf Jahren weiterhin erfreuliche Zeiten bevor.“

Jessica Hellmann | redaktion@regiomanager.de

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