Als ich Mitte der 2010er Jahre von Prof. Vilim Vasata (einer der Gründerväter von BBDO und deutsche Werbelegende) in sein Loft im Medienhafen in Düsseldorf eingeladen wurde, beeindruckte er mich beim Kaffee mit einer beiläufigen Aussage: „Die Währung der Werbung ist die Aufmerksamkeit.“
Irgendwie ist mir das natürlich klar gewesen. Ich muss es hier aber einfach nochmal ganz deutlich aussprechen: Die Aufmerksamkeit leidet! Sie schwindet und es wird immer teurer und komplexer möglichst viele Verbraucher zu erreichen.
Reisen Sie mit mir doch einmal kurz zurück in die 1970er Jahre unserer Republik: Ein typischer Samstagabend und die ganze Familie sitzt gespannt vor dem Fernsehaltar im Wohnzimmer. Bis zu 30 Millionen Zuschauer verfolgen gespannt „Am laufenden Band“ mit Rudi Carell. Eine für heutige Verhältnisse unfassbar große Zahl! Was für eine Hebelwirkung.
Heute freuen sich die TV-Sender schon über wenige Millionen Zuschauer. Ganze Generationen ignorieren lineares TV. Der Zeitung sterben die Leser weg. Das Radio wird durch Streams ersetzt – hält sich aber noch wacker. Großflächenplakate sind teuer und begrenzt. Und Publikumszeitschriften verschwinden sang- und klanglos aus unseren Bahnhofsbüchereien. Gedruckte Prospekte werden gegen digitale Werbung ausgetauscht. Nischenprodukte wie Podcasts oder Verkaufsfernsehen sind Tropfen auf den heißen Stein. Google und Social Media scheinen die Alternativen zu sein.
Aus wenigen Massenmedien sind mittlerweile viele verschiedene Kommunikationskanäle geworden. Unsere Werbewelt wird fraktaler und fragmentierter. Der Rückzug einiger Mitgliedskunden bei Payback zeigt auch, Daten sind nicht alles. Trotzdem verspricht uns die Mediavermarktung der digitalen Kanäle beste Konversion und Treffsicherheit. Verstehen Sie mich nicht falsch, es geht nicht mehr ohne digitale Kommunikation, aber bitte intelligenter und in Kombination mit weiteren Maßnahmen!
Die Heißluftfritteuse, welche ich am Black Friday bestellt hatte, hat mich tagelang nach ihrem Kauf „digital“ verfolgt. Wie schön wäre es doch, stattdessen Rezeptvorschläge zu bekommen, die mich gerne erreichen dürften. So intelligent ist die digitale Welt dann doch nicht. Verzeihen Sie mir bitte die folgende abschließende martialische Waffenmetapher, die ich aber für sehr treffend erachte.
Die Zielgruppe finden und ihr so die nötige Aufmerksamkeit abverlangen, ist die Aufgabenstellung. Dazu brauche ich immer eine gute Idee, die präzise das Bewusstsein meiner Zielgruppe trifft. Diese Idee ist dann meine beste Waffe – vielleicht ein guter Bogen. Aber was kann der ohne Pfeile? Diese Pfeile sind mein Mediabudget. Oft muss mehrfach geschossen werden, um ins Schwarze zu treffen.
„Marketing reloaded“ ist für dieses Bild ein schöner Titel. Aber nehmen Sie nicht die alten Waffen und drücken einfach erneut ab. Das wird nicht ausreichen, um ins Schwarze zu treffen bzw. in die gewünschten schwarzen Zahlen zu kommen.
Das Marketing der Zukunft gelingt nur, wenn wir mit digitalen und analogen Ideen und Maßnahmen in einen „Digilog“ gehen.
Autor: Der gebürtige Ruhrpottler Rüdiger Konetschny ist Werber mit ganzem Herzen. Seit 30 Jahren arbeitet er als studierter Germanist und Publizist erfolgreich in der Werbebranche. Als Gastdozent war er an der BIZ Iserlohn oder der Hamburg Mediaschool aktiv. Er und sein Team arbeiten europaweit für große Handelsmarken wie Poco, Möbel Boss, Adler, NKD, KiK, Woolworth, TEDi sowie für den BVB, Vorwerk, ThyssenKrupp uvm.
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