In der deutschen Wirtschaft ist seit einiger Zeit ein interessantes Phänomen zu beobachten: Das Interesse an der sogenannten Ressourceneffizienz wächst und wächst. „War es früher eher ein Nischenthema im Umweltbereich, erleben wir, dass es immer häufiger auf der Agenda der Industrieunternehmen steht“, sagt Dr. Martin Vogt, Geschäftsführer des VDI Zentrums Ressourceneffizienz (VDI ZRE) mit Sitz in Berlin. Nach einer Umfrage des VDI ZRE unter Mittelständlern aus dem vergangenen Jahr meinten zwei Drittel, dass branchenweit das Thema intensiv diskutiert werde. Im Vorjahr waren es noch 56 Prozent gewesen. „Für zwei Drittel der Unternehmen ist Ressourceneffizienz bereits Teil der Unternehmensstrategie“, so Dr. Vogt.
Kompetenzzentrum
unterstützt KMU
Die bundesweite Informationsstelle für Ressourceneffizienz in Unternehmen ist im VDI Zentrum Ressourceneffizienz angesiedelt. Das Kompetenzzentrum unterstützt mit seiner Arbeit vor allem kleine und mittlere Unternehmen dabei, Ressourceneffizienzpotenziale zu heben, da diese oft keine Kapazitäten haben, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Das Zentrum arbeitet im Auftrag der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. Es soll das verfügbare technische Wissen über den effizienteren Verbrauch von Material und Energie bündeln. Das branchenspezifische Know-how stellt es den Unternehmen zur Verfügung.
Doch was bedeutet Ressourceneffizienz überhaupt? Laut VDI-Richtlinie beschreibt sie das Verhältnis eines bestimmten Nutzens oder Ergebnisses zum dafür nötigen Ressourceneinsatz. Der Nutzen besteht in einem konkreten Produkt, einer Dienstleistung oder deren Kombination. Der Aufwand besteht in der Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen. „Insgesamt bedeutet Ressourceneffizienz, dass der gesamte Produktlebensweg unter die Lupe genommen werden kann, deswegen ist für viele der Begriff recht vage“, erklärt Dr. Martin Vogt. „Es beginnt bei der Herstellung des Rohmaterials über die Produktherstellung, die Nutzungsphase des Produkts und endet bei der Weiterverwertung des Produkts oder der Beseitigung.“ Ressourceneffizienz kann seiner Aussage nach auf vielerlei Arten erreicht werden. „Der ,Klassiker’ ist erstens, durch Optimierungen mit weniger Materialeinsatz genauso viel an Endprodukten herzustellen.“ Eine zweite Möglichkeit ist die Materialsubstitution. Der Leichtbau bei Fahrzeugen, etwa der Ersatz von Konstruktionen aus Stahl durch Aluminium, sei dafür ein typisches Beispiel, wo vor allem in der Nutzungsphase Einsparpotenziale prognostiziert würden. Kraftstoffverbrauch und Abnutzung sind nur zwei Beispiele dafür. Um Aussagen über die Ressourceneffizienz dieser Materialien treffen zu können, ist allerdings eine Betrachtung des gesamten Lebenszyklus erforderlich.
Sparmodell
Kreislaufwirtschaft
„Eine dritte Möglichkeit ist die Kreislaufwirtschaft, wo Materialien am Ende der Nutzungsphase wieder dem Stoffkreislauf zugeführt werden“, so Dr. Vogt weiter. Der Nutzen für in dieser Hinsicht sensibilisierte Unternehmen kann sich in barer Münze ausdrücken. Der Chef des Kompetenzzentrums zitiert in diesem Zusammenhang das Statistische Bundesamt, wonach die Materialkosten mit über 40 Prozent den größten Kostenblock im verarbeitenden Gewerbe einnähmen. „Die Personalkosten liegen im Vergleich bei unter 20 Prozent. Einsparungen auf diesem Gebiet machen sich daher weit deutlicher in der Firmenkasse bemerkbar als bei Personal- oder Energiekosten.“ Unternehmen, die effizient produzierten und dadurch Materialkosten einsparten, verschafften sich somit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Sie seien unabhängiger von Preisschwankungen des Marktes. „Stellt man die gedankliche Rechnung auf, die Materialkosten um nur zwei Prozent zu senken, kann mitunter so viel Geld gespart werden, dass am Ende der Gewinn um 30 Prozent steigt“, so Dr. Vogt, der zugleich die weniger kaufmännischen Aspekte nicht unter den Tisch fallen lassen will. „Die Unternehmen, die ressourceneffizient produzieren, leisten einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.“ Nicht zuletzt würden Kunden die Ressourceneffizienz von Vorprodukten immer mehr einfordern. „Dementsprechend kann man davon ausgehen, dass auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die häufig Zulieferer sind, über die Anforderungen ihrer Kunden das Thema Ressourceneffizienz auf ihre Agenda gesetzt bekommen“, so der Experte.
Gutes Beispiel Landgasthof
Grundsätzlich, davon ist Dr. Martin Vogt überzeugt, zahle sich Ressourceneffizienz für alle Branchen des verarbeitenden Gewerbes aus. „Bei uns im VDI ZRE liegt der Fokus insbesondere auf der Metall- und Kunststoffverarbeitung, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Chemie und Verfahrenstechnik, dem Fahrzeugbau, der Elektroindustrie sowie der Bauwirtschaft.“ Doch das Zentrum wirbt auch mit Erfolgsgeschichten aus anderen Branchen. So wurde jüngst das Beispiel eines oberbayerischen Landgasthofs auf YouTube hochgeladen. Der Familienbetrieb in fünfter Generation hat mit verschiedenen kleinen Maßnahmen seine Lebensmittelabfälle um bis 30 Prozent verringern können. Unter anderem ist die Szene zu sehen, wie die Chefin des Hauses drei unterschiedliche Schnitzel-Portionsgrößen präsentiert: für den kleinen Appetit bis zum Bärenhunger. So sollen die berühmten Reste auf den Tellern vermieden werden. Banal? Vielleicht. Doch die Wirtsleute sprechen von fünf Prozent weniger Nahrungsmitteln in der Tonne – allein durch diese simple Aktion. „Die Leitidee, den Verbrauch von endlichen, natürlichen Ressourcen vom Wirtschaftswachstum und dem Konsum zu entkoppeln, bringt viele Gewinner hervor: wettbewerbsfähige Unternehmen, zufriedene Arbeitnehmer, einen attraktiven Wirtschaftsstandort Deutschland und die Schonung der natürlichen Ressourcen unseres Planeten“, betont Dr. Martin Vogt.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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