„Mehr Gehalt!“ Das ist nach einer Studie von Toluna aus dem Jahr 2016 einer der häufigsten Wünsche von Mitarbeitern an ihren Arbeitgeber. Das Marktforschungsinstitut befragte 2015 im Auftrag der Versicherung Hannoversche Leben 1.000 Mitarbeiter zu ihren Erwartungen an den Chef. Kein Wunder also, dass eine Gehaltserhöhung als eines der sinnvollsten und effizientesten Mittel angesehen wird, Mitarbeiter zu motivieren. So weit nicht verwunderlich. Doch gerade bei diesem Wunsch ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit besonders groß: 41 Prozent der Befragten wünschten sich laut der Studie „höheres Gehalt als branchenüblich“, nur 16 Prozent hingegen erhalten es. Geringer schon, aber mit 22 zu zehn Prozent bezüglich Wunsch zu Wirklichkeit in der Studie an zweiter Stelle, was die Realitätsferne der Erwartungen angeht: mehr Urlaubstage als branchenüblich. Es gibt aber – zum Leid vieler Angestellter – auch die andere Seite, sprich: Die Arbeitgeberangebote übertreffen den Wunsch der Mitarbeiter bei Weitem. Stichwort Betriebssportangebote: Hier stehen gerade einmal drei Prozent Mitarbeiter-Wunsch einem um zehn Prozentpunkte höherem Angebot gegenüber. Heißt: Betriebssport ist beim Chef, nicht aber bei den Angestellten beliebt. Und Ersterer wundert sich womöglich, dass die Motivation der Angestellten nicht steigt.
Nicht jede Wunscherfüllung hilft weiter
Das klassische Beispiel der Gehaltserhöhung ist jedoch komplexer, als man zunächst vielleicht denkt. Wer in ihren Genuss kommt, hat nicht unbedingt nur Vorteile. Rutscht der Mitarbeiter in eine andere Gehaltsstufe, kann es sein, dass er nur wenige Euro mehr verdient. Andererseits wächst mit dem Gehalt oft auch der mentale Druck beim Arbeitnehmer: Gedanken wie „der Chef hat höhere Erwartungen an mich, da ich ja jetzt auch mehr Geld bekomme!“ begleiten die Gehaltserhöhung nicht selten. So gesehen ist das höhere Gehalt weit davon entfernt, für den Mitarbeiter wie für den Arbeitgeber als Motivationsstärkung grundsätzlich sinnvoll zu sein.
Wenig motivierend sind auch Zugeständnisse des Arbeitgebers, die für manchen Angestellten nahezu selbstverständlich erscheinen. Das kostenlose Mineralwasser und der Obstkorb in jeder Büroeinheit beispielsweise. Gerade in Unternehmen mit tendenziell jungem Mitarbeiterstamm wird diese Leistung oft nicht als Extra, sondern vielmehr als Standard angesehen – der Motivationscharakter verpufft fast gänzlich. Ähnlich sieht es laut der Toluna-Studie auch bei Firmen-Vergünstigungen für bestimmte Events oder für den Einkauf in bestimmten Partnerunternehmen aus. Und selbst die Möglichkeit, seinen Arbeitsplatz wesentlich individueller gestalten zu können, wird vom Arbeitgeber wesentlich häufiger angeboten als vom Mitarbeiter gewünscht. Egal ob die Arbeitnehmer die individuelle Gestaltung des Arbeitsplatzes als nahezu selbstverständlich ansehen oder tendenziell einfach keinen Wert darauf legen: Fühlt der Angestellte keinen Zugewinn durch eine bestimmte Maßnahme, kann der Chef keinen Motivationsschub erwarten.
Flexible Arbeitszeiten
Besieht man sich andere Maßnahmen, die möglicherweise auch die Motivation von Arbeitnehmern fördern können, liegen Vorstellung und Realität deutlich näher zusammen. Beispiel: flexible Arbeitszeiten. 53 Prozent aller Befragten würden gern freier über Arbeitsstart und Feierabendbeginn entscheiden können. Und immerhin 46 Prozent haben diese Möglichkeit. Was bedeutet das für das Motivationskonzept „flexible Arbeitszeit“? Es ist also tatsächlich ein probates Mittel. Natürlich wird der eine Arbeitgeber – z.B. bei einem Produktionsbetrieb – strukturell mehr Hindernisse aus dem Weg räumen müssen als der andere. Doch grundsätzlich zeigt die Erfahrung, dass das Modell der gleitenden Arbeitszeit aufgrund des Zuspruchs von beiden Seiten ein veritables Konzept zur Mitarbeitermotivierung darstellen kann. Auch auf Zuschüsse zur Gesundheitsvorsorge – also z.B. bei den Kosten fürs Fitnessstudio – können sich laut der Umfrage oft beide Parteien mit Gewinn einigen; hierfür stehen je sieben Prozent bei beiden Parteien. Diese Daten sind für Arbeitgeber viel wert, sie können möglicherweise ein längeres Trial-and-Error-Verfahren ersetzen. Zu Bedenken ist allerdings: Eine in einem Unternehmen sinnvolle Einrichtung, wie etwa das gemeinsame, von der Firma bezahlte zweite Frühstück, passt zu einem anderen Betrieb möglicherweise gar nicht. Was in einer Firma des produzierenden Gewerbes die perfekte Einrichtung ist, kann beispielsweise in einem Dienstleistungsunternehmen nicht sinnvoll umsetzbar sein. Auch das zeigt: Der Dialog mit den Arbeitnehmern ist für die Geschäftsführung auch in puncto Motivationsunterstützung absolut wichtig (siehe Kasten). Natürlich gibt es auch große Motivatoren, die sich nicht direkt finanziell ausdrücken lassen. Eine gute Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben – Work-Life-Balance genannt – gehört dazu. Oder den Mitarbeitern die Möglichkeit zu bieten, Ziele zu erreichen. Oft sind es gerade diese „soften“ Motivatoren, die viel Energie und manchmal einen langen Atem erfordern und schwer planbar sind. Doch es lohnt sich: Sie wirken nachhaltiger und beeinflussen die Atmosphäre im Unternehmen positiv.
Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de
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