In Deutschland leben rund 7,6 Millionen schwerbehinderte Menschen. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie einen Grad der Behinderung von 50 und mehr zuerkannt bekommen haben. Die schweren Behinderungen treten vornehmlich bei älteren Menschen auf. So sind ein Drittel der Schwerbehinderten 75 Jahre und älter. Lediglich zwei Prozent sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Umgekehrt heißen diese Zahlen aber auch, dass rund zwei Drittel in einem potenziell erwerbsfähigen Alter sind. Die Arbeitslosenquote ist unter Schwerbehinderten vergleichsweise hoch. Im Jahr 2016 lag sie bei 13,4 Prozent. Das Inklusionsbarometer 2016 der Aktion Mensch hat festgestellt, dass vor allem bei kleineren Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten ein erhebliches Potenzial besteht, durch weitere Informationen, Aufklärung und finanzielle Unterstützung die Bereitschaft zu fördern, Menschen mit einer Behinderung einzustellen. Die Unternehmen müssen sich aufgrund der demografischen Entwicklung (Fachkräftemangel), der Alterung und der damit größer werdenden Anfälligkeit für Erkrankungen oder Behinderungen ihrer Belegschaften künftig mit Themen wie z.B. Barrierefreiheit beschäftigen. Denn ist die Barrierefreiheit erreicht, könnte auch die Bereitschaft steigen, bisher arbeitslose Schwerbehinderte einzustellen, da keine zusätzlichen Investitionen anfallen. Unternehmen müssen ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl Arbeitsplätze für Schwerbehinderte einrichten. Bei der Einrichtung einer Arbeitsstelle für Schwerbehinderte gibt es jedoch einiges zu beachten – u.a. die Beschäftigungsverpflichtung, den besonderen Kündigungsschutz und den Zusatzurlaub.
Beschäftigungsverpflichtung
Nach dem Schwerbehindertenrecht gilt: Arbeitgeber, die jahresdurchschnittlich über mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen, haben auf wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen (§ 71 Abs. 1 SGB IX). Bei der Berechnung der Mindestzahl von Arbeitsplätzen und der Zahl der Arbeitsplätze, auf denen schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen sind, zählen Ausbildungsstellen nicht mit (§ 74 Abs. 1 SGB IX). Arbeitgeber mit weniger als 40 Arbeitsplätzen müssen demzufolge einen Schwerbehinderten einstellen und Unternehmen mit beispielsweise 130 bis 149 Arbeitsplätzen sollen sieben Pflichtarbeitsplätze vorhalten. Erreichen die Arbeitgeber die Quote zur Beschäftigungsverpflichtung nicht, müssen sie jährlich eine Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt abführen (§ 77 Abs. 1 SGB IX). Die Ausgleichszahlung hat eine Doppelfunktion: Sie soll – erstens – einen Anreiz schaffen, Schwerbehinderte einzustellen (Antriebsfunktion) und – zweitens – einen Ausgleich herstellen mit denjenigen Unternehmen, die schwerbehinderte Arbeitnehmer beschäftigen (Ausgleichsfunktion). Die Beschäftigungspflicht hat allerdings immer Vorrang und erlischt nicht durch die Entrichtung der Ausgleichsabgabe.
Kündigungsschutz
Schwerbehinderte wie auch gleichgestellte behinderte Beschäftigte haben einen besonderen Kündigungsschutz, sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate andauert. Der Arbeitgeber muss bei der Kündigung dieser Arbeitnehmer das Integrationsamt und die Schwerbehindertenvertretung beteiligen. Der Arbeitgeber muss vor Ausspruch der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die Zustimmung des Integrationsamtes (§ 85 SGB IX) einholen. Die Aufgabe des Integrationsamtes ist es, die besonderen Schutzinteressen eines schwerbehinderten Arbeitnehmers zur Geltung zu bringen. Das Verfahren vor dem Integrationsamt soll möglichst zu einer einvernehmlichen Lösung führen (§ 87 Abs. 3 SGB IX). Der Gesetzgeber hat im vergangenen Jahr zusätzlich die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung erweitert. Das Gesetz zur Änderung des SGB IX ist seit dem 30. Dezember 2016 in Kraft. Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung (sofern eine solche gebildet ist) in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder mehrere schwerbehinderte Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist unwirksam.
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