Mit viel Fingerspitzengefühl lässt Stefan Wermter die Nadel durch das Gewebe gleiten. Stich für Stich fügt der Essener Schneidermeister einzelne Stoffelemente und Zierdetails zu einem individuellen, perfekt sitzenden Kleidungsstück zusammen – und zwar in präziser Handarbeit. „Für uns ist ein Millimeter eine halbe Ewigkeit“, betont der Inhaber der Maßschneiderei Wermter. „Jeder Nadelstich, jede Naht und jeder Schnitt muss perfekt sitzen.“ Entsprechend hoch ist der Zeitaufwand: Im Durchschnitt investieren Stefan Wermter und sein Team 40 Stunden Arbeit in ein maßgeschneidertes Unikat.
Dabei versuchen sie ihren Kunden jeden Wunsch zu erfüllen: Im Essener Stammhaus am Bredeneyer Kreuz können u.a. Maßanzüge, Maßhemden, Cuts, Smokings und Fräcke für Herren sowie Kostüme, Kleider, Blusen und Hosenanzüge für Damen erstanden werden. Auch um Änderungen, Reparaturen und fachmännische Kleiderpflege kümmern sich die Experten. Zu seinem siebenköpfigen Team zählt zudem eine Damenschneidermeisterin, die auf die Fertigung und die Änderung von Brautkleidern spezialisiert ist. „Wir fertigen sowohl Business-Outfits als auch Kleidung für besondere Anlässe wie Abendveranstaltungen oder Hochzeiten an“, verrät Stefan Wermter, der das Unternehmen in dritter Generation führt.
Sein Großvater Aloysius Wermter – ebenfalls Schneidermeister – gründete das Unternehmen 1934 in Ostpreußen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kam die Familie schließlich nach Essen. Hier fanden die Wermters eine neue Heimat und bauten den Betrieb wieder auf. Sohn Joachim legte 1968 ebenfalls die Meisterprüfung ab, bevor er das väterliche Unternehmen in den 1970er-Jahren übernahm. Seit 2007 führt Stefan Wermter die Maßschneiderei, zu der heute auch die benachbarte Änderungsschneiderei „Kreuzstich“ gehört. Darüber hinaus verfügt die Firma über ein Atelier im Mühlenhof Golf & Country Club in Kalkar.
Mehrfach ausgezeichnet
Dass Stefan Wermter das Schneidern im Blut liegt, belegen die zahlreichen Auszeichnungen, die er im Laufe der Jahre erhalten hat. Zuletzt wurde er beim 55. Bundeskongress des Maßschneiderhandwerks in Wiesbaden mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Sein selbst geschneidertes Sakko aus leichtem Flanell mit blauem Karomuster und pinkem Innenfutter konnte stolze 98 von 100 Punkten erzielen. „Jeder Teilnehmer näht einen Anzug und führt ihn selbst auf dem Laufsteg vor“, berichtet der Schneidermeister. Die Jury, die aus namhaften Handwerksmeistern besteht, bewertet dann u.a. die Verarbeitung, die Passform, Handarbeiten und die modische Kreativität.
Nur um einen Punkt schrammte der Essener an der höchsten Auszeichnung der Branche vorbei, der „Goldenen Schere“. Entsprechend motiviert schmiedet Stefan Wermter bereits Pläne für den nächsten Wettbewerb: „Mein Anspruch ist es, immer das Bestmögliche zu erreichen. Deshalb werde ich beim nächsten Mal wieder Vollgas geben und noch eine Schippe drauflegen. Als Ziel habe ich die Goldene Schere ausgegeben“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Beim Blick auf seine Medaillen- und Urkundensammlung überrascht es, dass er anfangs nicht sicher war, ob er in die Fußstapfen seines Vaters treten sollte. „Nach der Schulzeit fragte er mich, ob ich mal in das Schneiderhandwerk reinschnuppern möchte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie eine Nadel in der Hand.“ Dennoch wurde ihm schnell klar, dass der Beruf für ihn tatsächlich zur Berufung werden könnte. „In der Ausbildung hat es mein Lehrmeister schließlich geschafft, meine Leidenschaft für das Handwerk vollends zu entfachen.“ Anschließend war Stefan Wermter in verschiedenen namhaften Betrieben tätig, bevor er 1994 ins Familienunternehmen zurückkehrte. Vier Jahre später legte er die Meisterprüfung ab.
Mit seiner über 30-jährigen Branchenerfahrung gelingt es ihm heute, jeden Kleidungswunsch zu realisieren. Sollte es dennoch mal kniffelig werden, kann er sich auf die Expertise seines Vaters verlassen, der noch ein wenig im Betrieb tätig ist.
Ihr umfangreiches Wissen geben die beiden gerne an den Nachwuchs weiter. Deshalb bildet der Betrieb regelmäßig aus. „Auf diese Weise ziehen wir selbst Nachwuchskräfte heran, die auf hohem Niveau nähen können.“ Insgesamt konnte die Maßschneiderei bereits 17 junge Menschen zur Prüfung führen.
8.000 Stoffe zur Auswahl
Stefan Wermters Ziel, das Bestmögliche zu erreichen, gilt auch für die tägliche Arbeit in seinem Atelier. „Unsere Kunden sollen den für sie besten Anzug bekommen, in dem sie sich rundum wohlfühlen. Deshalb legen wir großen Wert auf eine ausführliche Beratung.“
Dabei entstehen einzigartige Unikate: Vom Stoff über das Futter bis hin zu Knöpfen, Taschenform, Reversart oder Schlitzanzahl werden alle Elemente vom Kunden individuell ausgesucht. Unter anderem stehen rund 8.000 Stoffe zur Auswahl. „Wir setzen ausschließlich auf qualitativ hochwertige Ware von führenden Webereien. In der Regel handelt es sich um Naturstoffe, die jede Bewegung mitmachen, sich schnell erholen und atmungsaktiv sind.“
Anschließend werden die Körpermaße genommen und Musteranzüge anprobiert. So kann der Handwerksmeister genau sehen, ob körperliche Besonderheiten vorliegen, die berücksichtigt werden müssen. Die Maßanfertigung wird dann in der hauseigenen Werkstatt durchgeführt. Daneben bietet das Team auch die Maßkonfektion an: Entscheidet sich der Kunde für diese Variante, wird die Anfertigung des Kleidungsstücks von einem Zulieferbetrieb übernommen.
Nach vier Wochen findet die Anprobe statt. „Wir schauen uns an, ob alles perfekt sitzt. Bei Bedarf führen wir anschließend Korrekturen durch.“
Gerade diese Perfektion schätzen Stefan Wermters Kunden. Vor allem die hervorragende Passform und die Individualität der maßgeschneiderten und maßkonfektionierten Kleidungsstücke sorgen für Begeisterung. Gleiches gilt für den Service: „Bei der Beratung schauen wir nicht auf die Uhr, sondern nehmen uns viel Zeit.“ Für seine Kunden erweitert der Essener zudem gerne seine Öffnungszeiten. „Termine können zu jeder Tages- und Nachtzeit stattfinden.“ Darüber hinaus bietet der Betrieb einen Heimservice an. Beratungen und Anproben erfolgen in diesem Fall in den Räumlichkeiten der Kunden.
Um Atelierbesucher auch in Zukunft begeistern zu können, sucht Wermter stetig nach neuen modischen Trends. In Kürze werden beispielsweise maßkonfektionierte Jeans ins Sortiment aufgenommen.
„Mein größtes Ziel ist es, das 100-jährige Firmenjubiläum zu erreichen. Das habe ich meinem Großvater versprochen“, so der Chef. Bis zu diesem runden Geburtstag im Jahr 2034 hat er aber noch viel vor: Neue Standbeine und Produktgruppen sollen etabliert und weitere Nachwuchskräfte ausgebildet werden. Und natürlich bleibt der Traum von der Goldenen Schere bestehen. Die Zeichen stehen jedoch gut, dass Stefan Wermter dieses Ziel bald erreichen wird. Immerhin findet der Wettbewerb 2020 in Dortmund statt und ist somit fast ein Heimspiel für den Ruhrgebietler. Jessica Hellmann | redaktion@regiomanager.de
INFO
Leistungen
Maßschneiderei, Maßkonfektion, Änderungen, Reparaturen, Kleiderpflege, Herrenmode, Damenmode, Maßanzüge, Maßhemden, Cuts, Smokings, Fräcke, Kostüme, Kleider, Blusen, Hosenanzüge, BrautkleiderJessica Hellmann
| redaktion@regiomanager.de
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