PERSONAL & KARRIERE
87 Bewerber auf 100 Stellen
Die Lage am Ausbildungsmarkt war 2020/21 weiter stark von der Corona-Krise geprägt. Zu diesem Fazit kommt die Bundesagentur für Arbeit (BA) bei der Bilanz des zurückliegenden Berufsberatungsjahres. „Die Ergebnisse bleiben trotz einer Aufhellung noch sehr deutlich hinter denen vor der Pandemie zurück, und wir stehen weiterhin vor großen Herausforderungen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der BA, Detlef Scheele. Von Oktober 2020 bis September 2021 wurden den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern insgesamt 511.300 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Das waren 19.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Der überwiegende Teil sind betriebliche Ausbildungsstellen; sie verzeichnen ein Minus von 17.700 auf 496.800. Seit Beginn des Beratungsjahres am 1. Oktober 2020 haben insgesamt 433.500 Bewerberinnen und Bewerber die Ausbildungsvermittlung der Agenturen und der Jobcenter bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle in Anspruch genommen. Das waren 39.400 weniger als im Vorjahr. Bundesweit kamen auf 100 gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen rein rechnerisch 87 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber. Insgesamt waren am 30. September 2021 noch 63.200 unbesetzte Ausbildungsstellen zu vermitteln. Gegenüber dem Vorjahr waren das 3.200 mehr. Besetzungsschwierigkeiten traten insbesondere in Hotel- und Gaststättenberufen, in Berufen in Lebensmittelherstellung und -verkauf, in der Gesundheitstechnik sowie in Bauberufen auf. Zeitgleich waren 24.600 Bewerberinnen und Bewerber noch unversorgt. Damit blieben sechs Prozent der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber ohne Ausbildungsstelle oder alternatives Angebot. Bis Ende September 2021 haben 199.500 Bewerberinnen und Bewerber eine Berufsausbildung begonnen, 16.600 weniger als im Vorjahr.
KONJUNKTUR
ifo: Inflation trifft Reiche härter
Die Inflation ist bei reicheren Haushalten derzeit höher als bei ärmeren. Das geht aus Berechnungen des ifo Instituts hervor. Demnach lag der Preis des Warenkorbs eines Haushalts mit einem monatlichen Nettoeinkommen über 5.000 Euro im Oktober um 4,8 Prozent höher als im Vorjahr. Bei Haushalten, die weniger als 1.300 Euro verdienen, war die Rate mit 4,0 Prozent deutlich niedriger. Der Schnitt lag bei 4,5 Prozent. „Der Grund ist die Zusammensetzung des Warenkorbs“, so ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. „Die hohen Preise beim Sprit und bei den Autokäufen machen bei reicheren Haushalten einen wesentlich größeren Anteil an den monatlichen Ausgaben aus.“ Die Oktoberrate für Haushalte mit einem Nettoeinkommen von 1.300 bis 1.700 Euro lag bei 4,4 Prozent, in den Einkommensklassen von 1.700 bis 5.000 Euro bei 4,6 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2019 müssen die ärmsten Haushalte derzeit 19 Euro und die reichsten Haushalte 111 Euro mehr pro Monat für ihren jeweiligen Warenkorb ausgeben, weil die Preise stärker stiegen als im Durchschnitt der Jahre vor der Corona-Krise. Bei dieser Rechnung wird bereits berücksichtigt, dass sich die Inflationsraten zwischen den einzelnen Haushalten unterscheiden. Wäre der Preisanstieg für alle Haushalte gleich gewesen, hätten die Mehrausgaben bei den ärmsten Haushalten um sechs Euro pro Monat höher und bei den reichsten Haushalten um sechs Euro pro Monat niedriger gelegen.
14 Prozent weniger investiert
Im Jahr 2020 hat die deutsche Industrie 60,8 Milliarden Euro in Sachanlagen (zum Beispiel Maschinen, Grundstücke mit Bauten, Werkzeuge) investiert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das im durch die Corona-Krise geprägten Jahr 2020 knapp 9,8 Milliarden Euro oder 13,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Auf die vier größten Branchen – Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen, Herstellung von chemischen Erzeugnissen, Maschinenbau sowie Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln – entfiel mit einem Investitionsvolumen von 30,5 Milliarden Euro gut die Hälfte der Investitionen der deutschen Industrie. Erhöht hat sich das Investitionsvolumen im Jahr 2020 gegenüber 2019 nur in der chemischen Industrie (+3,8 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro). Überdurchschnittliche Rückgänge verzeichneten der Maschinenbau (-22,6 Prozent auf 6,0 Milliarden Euro), die Herstellung von Metallerzeugnissen (-22,0 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro) und die Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (-18,5 Prozent auf 13,7 Milliarden Euro).
RECHT & FINANZEN
Gericht stärkt radelnde
Lieferanten
Fahrradlieferanten (sogenannte „Rider“), die Speisen und Getränke ausliefern und ihre Aufträge über eine Smartphone-App erhalten, haben Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihnen die für die Ausübung ihrer Tätigkeit essenziellen Arbeitsmittel zur Verfügung stellt. Dazu gehören ein verkehrstüchtiges Fahrrad sowie ein geeignetes internetfähiges Mobiltelefon. Von diesem Grundsatz können vertraglich Abweichungen vereinbart werden. Geschieht dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers, sind diese nur dann wirksam, wenn dem Arbeitnehmer für die Nutzung des eigenen Fahrrads und Mobiltelefons eine angemessene finanzielle Kompensationsleistung zusagt wird. So hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 10. November 2021 (5 AZR 334/21) entschieden. Geklagt hatte ein Fahrradlieferant.
ENERGIE
CO2-Preis: Gewinner
und Verlierer
Osteuropäische EU-Staaten hätten bei einem deutlichen Anstieg des Preises für die Emission des Treibhausgases CO2 die größten volkswirtschaftlichen Einbußen zu erwarten. Dort würden auch die CO2-Emissionen anteilig am stärkten sinken, wie Simulationsrechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben. Tendenziell profitieren würden EU-Länder, die relativ viele Dienstleistungen anbieten oder bereits hohe CO2-Preise haben. Für ihre Simulationen haben die Forscher die Folgen eines um 50 US-Dollar höheren Preises für CO2-Emissionen in verschiedenen Szenarien durchgespielt. In den gewählten Szenarien würden unter den EU-Ländern Lettland, Polen, Bulgarien, die Tschechische Republik und Ungarn die größten Einbußen an Wirtschaftsleistung (reales Bruttoinlandsprodukt) verbuchen, so die Forscher in einem kürzlich im „Wirtschaftsdienst“ veröffentlichten Beitrag. Grund sei, dass die Wirtschaft in diesen Ländern mit höheren CO2-Emissionen produziere als anderswo. Damit verliere sie bei steigenden CO2-Preisen an internationaler Wettbewerbsfähigkeit, weil sich die Produkte überdurchschnittlich verteuerten. In der Erdgasgewinnung und -verarbeitung würden die Tschechische Republik, Slowenien sowie Griechenland ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit komplett verlieren und die Produktion einstellen müssen. Tendenziell profitieren würden Länder wie Zypern, Belgien, die Niederlande und Irland, weil ihre Volkwirtschaften einen relativ hohen Dienstleistungsanteil hätten. Deutschland verliere etwas an Wettbewerbsfähigkeit. Das reale Bruttoinlandsprodukt sinkt in der Simulation um 0,017 Prozent.
Fünf Billionen für Klimaschutz
Deutschland will bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden. In welchem Umfang hierzu Investitionen getätigt werden müssten, beleuchtet eine kürzlich von KfW Research beauftragte und von Prognos, Nextra Consultung sowie NKI (Institut für nachhaltige Kapitalanlagen) durchgeführte Studie. Insgesamt sind demnach Klimaschutzinvestitionen von rund fünf Billionen Euro erforderlich. Verteilt man diese Summe auf die bis zum angestrebten Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 verbleibende Zeit, entstehen Investitionsbedarfe von durchschnittlich 191 Milliarden Euro pro Jahr bzw. 5,2 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Der Großteil der notwendigen Klimaschutzinvestitionen entfällt demnach mit 2,1 Billionen Euro auf den Bereich Verkehr. Die eigentlichen Mehrinvestitionen zur Erreichung der Klimaneutralität sind mit 153 Milliarden Euro allerdings deutlich geringer. Die zweithöchsten Klimaschutzinvestitionen werden im Sektor Energie benötigt (840 Milliarden Euro). Mehr als die Hälfte der Gesamtinvestitionen entfällt auf die sogenannten transformativen Mehrbedarfe, nämlich 396 Milliarden Euro. Im Industriebereich sind 620 Milliarden Euro (bzw. 462 Milliarden Mehrinvestitionen) dem Klimaschutz zu widmen. Im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen fallen rund 237 Milliarden Euro (113 Milliarden) an.
DIGITALISIERUNG
Vertrauen in autonomes Fahren
Eine künstliche Intelligenz am Steuer wäre für die Menschen in Deutschland kein Hinderungsgrund mehr, sich in ein Fahrzeug zu setzen. Fast alle (99,8 Prozent) können sich grundsätzlich vorstellen, ein autonomes Verkehrsmittel zu nutzen. Vor gut einem Jahr lag der Anteil bei 93 Prozent, vor zwei Jahren erst bei 77 Prozent. Am ehesten gilt bei U- und S-Bahnen der Mensch im Steuerhaus als verzichtbar, fast drei Viertel (73 Prozent) würden in solche autonomen Bahnen einsteigen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 1.003 Personen ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Die Technologie zum autonomen Fahren hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. In vielen Verkehrssituationen sind selbstfahrende Fahrzeuge längst sicherer als solche, bei denen der Mensch die Kontrolle hat“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Deutschland hat eine hervorragende Ausgangsposition, auch weil mit dem Gesetz zum autonomen Fahren eine entsprechende Rechtsgrundlage für den Straßenverkehr geschaffen wurde.“ Zwei Drittel (66 Prozent) würden autonome Busse nutzen. Jeweils sechs von zehn (62 Prozent) können sich vorstellen, in einen selbstfahrenden Privat-Pkw, Mini-Shuttle-Bus oder in ein selbstfahrendes Taxi zu steigen. Ebenfalls noch eine Mehrheit (59 Prozent) würde autonome Regional- oder Fernzüge nutzen. Rund ein Drittel (32 Prozent) würde ein autonomes Schiff besteigen und 30 Prozent ein autonom fliegendes Flugzeug. Berg: „Das autonome Fahren wird vermutlich zunächst den öffentlichen Nah- und Fernverkehr revolutionieren und hier für mehr Effizienz sorgen. Aber auch beim Individualverkehr ist die Frage beim autonomen Fahren weniger das Ob als das Wann.“
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