Management

Was macht Unternehmen resilient?

Resiliente Unternehmen lassen sich durch Krisen weniger aus der Bahn werfen. Sie sind widerstandsfähiger, flexibler und belastbarer.

Avatar
von Regiomanager 25.11.2020
Es gibt oft mehr Möglichkeiten, als man denkt (Foto: ©alphaspirit – stock.adobe.com)

„Unverhofft kommt oft!“ Im Corona-Jahr 2020 werden viele diese Aussage unterschreiben, die bisher vor allem auf die Fortsetzung des Bewährten gesetzt haben. Krisen und Schicksalsschläge haben leider die Eigenschaft, plötzlich und unerwartet hereinzubrechen und unplanbare Situationen hervorzurufen. Auf eine weltweite Pandemie, einen Krieg oder eine Naturkatastrophe kann man sich eben nicht vollständig vorbereiten. Das heißt aber nicht, dass Unternehmen und andere Organisationen nichts tun können, um Krisen besser zu überstehen. Im Gegenteil – sie können sogar sehr viel tun. Unternehmen, die von Krisen – welcher Art auch immer – nicht vollständig aus der Bahn geworfen werden, nennt man auch „resilient“.

Flexibel, widerstandsfähig, belastbar

Das Wort „resilient“ kommt vom lateinischen „resilire“, was so viel wie zurückspringen oder abprallen bedeutet. In der Werkstoffkunde steht Resilienz für die Fähigkeit von Materialien, nach Verformungen wieder in die ursprüngliche Form zurückzufinden. Übertragen auf Wirtschaft und Gesellschaft zeichnen sich resiliente Organisationen durch Flexibilität, Widerstandsfähigkeit und Belastbarkeit aus. Sie lassen sich durch Krisen nicht überwältigen – sondern finden wie Stehaufmännchen immer wieder in ihre Balance zurück. Und was sind die Faktoren für ein resilientes Unternehmen? Was macht eine Organisation widerstandsfähig? Dazu gibt es unter Experten und Praktikern natürlich unterschiedliche Ansätze. Sehr häufig genannt werden aber eine gute Vorbereitung, eine hohe Flexibilität und eine positive Unternehmenskultur.

Genügend Ressourcen für den Notfall

„Gut vorbereitet ist halb gewonnen!“ Das gilt nicht nur für Prüfungen und Kundengespräche. Auch Unternehmen können einiges tun, um sich auf krisenhafte Situationen vorzubereiten. Etwa dadurch, dass ausreichend Ressourcen vorhanden sind – und zwar personell und materiell. Ist in einem Unternehmen alles auf Kante genäht, wird das im Krisenfall selten gutgehen. Eine gut gefüllte „Kriegskasse“ ist auf jeden Fall eine solide Basis für entspanntes Krisenmanagement. Je länger ein Unternehmen ohne oder mit nur geringen Einnahmen überleben kann, desto besser. Um im Ernstfall kreditwürdig zu sein, ist es darüber hinaus sinnvoll, die eigene Verschuldung in Grenzen zu halten. Ähnliches wie für die Finanzen gilt für die Personaldecke. Sind im Bedarfsfall keine (qualifizierten) Mitarbeiter für plötzlich entstehende Zusatzaufgaben verfügbar, kann es schnell eng werden. Diese dann auf dem Arbeitsmarkt rasch zu beschaffen, dürfte schwerfallen.

Vorausschauendes Handeln hilft

Zur guten Vorbereitung auf Krisensituationen zählen ebenfalls eine Früherkennung potenzieller Risiken und ein realistischer Blick auf die eigene Marktposition. Aktuelle Entwicklungen bezüglich Kundenwünschen, Innovationen und Wettbewerbern sollten den Führungskräften eines Unternehmens bewusst sein. Und nicht nur bewusst – wenn potenziell herausfordernde Entwicklungen sichtbar werden, muss auch gehandelt werden. Haben Marktbeobachtung und Risikomanagement nur Alibifunktion, ist es im Krisenfall schnell fünf nach zwölf. Korrigierende Maßnahmen sollten möglichst vor dem Eintreten eines akuten Problems gestartet und externe Hilfe sollte, wenn nötig, rechtzeitig ins Boot geholt werden.

Querdenker sind flexibler

Ist die Krise dann da, ist Flexibilität gefragt. Bisherige Routinen und Lösungswege werden in Krisen oft obsolet. Eingeübte Verhaltensweisen sind nicht mehr möglich. Lieferanten- und Kundenbeziehungen ändern sich plötzlich. In einer solchen Situation bedarf es eines hohen Maßes an Kreativität und den Mut, neue Wege zu gehen. Jetzt zeigt sich, ob Querdenken wirklich Teil der Unternehmenskultur ist oder nur ein Marketingschlagwort. Je schneller eine Organisation in der Lage ist, auf neue Situationen zu reagieren, umso besser. Es geht darum, das aktuell Gegebene anzuerkennen und sich mit seinem Handeln darauf einzustellen. Ideal wäre, wenn darüber hinaus die mit einer Krise manchmal verbundenen Chancen erkannt und genutzt werden. Nicht umsonst entstehen Innovationen oft in Krisenzeiten. Bei aller Flexibilität muss sich ein Unternehmen dabei immer der eigenen Werte und Ziele bewusst sein. Die Kunst ist, erfolgreich durch die Krise zu kommen, ohne seine Identität zu verlieren.

Ohne positive Unternehmenskultur geht es nicht

Die Identität eines Unternehmens ist eng mit der dort vorherrschenden Kultur verbunden. Gerade in der Krise zeigt sich, wie gut die Zusammenarbeit in einer Organisation wirklich funktioniert. Jetzt rächen sich autoritäre Strukturen, mangelnde Transparenz und eine negative Fehlerkultur. Wichtig ist, dass Mitarbeiter es gewohnt sind, eigenständige Entscheidungen zu treffen und über die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit mitzubestimmen. Schätzen die Beschäftigten ihre Selbstwirksamkeit gering ein, wird es auch ihr Engagement in der Krise sein. Sehr wichtig ist, dass Mitarbeiter aller Ebenen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und grundsätzlich optimistisch in die Zukunft schauen. Ohne Zukunftsorientierung fehlt die Energie für eine resiliente Krisenbewältigung.

Auch Resilienz hat ihre Grenzen

Auch die Corona-Krise zeigt deutlich, welche Faktoren Unternehmen in einer Krise Vorteile verschaffen oder zumindest die nötige Luft, die Schockphase eines Lockdowns zu meistern. Mehrere Monate ohne Einnahmen überstehen zu können, erwies sich in vielen Fällen als überlebenswichtig. Und Unternehmen mit einer funktionierenden IT-Infrastruktur, die per Cloud-Telefonie auch im Home-Office erreichbar blieben, standen deutlich besser da als Organisationen, deren digitale Vernetzung erst in den Kinderschuhen steckte. Die Corona-Krise zeigt aber genauso, wo die Grenzen der Resilienz liegen. Wird eine komplette Branche, wie die Veranstaltungs- und Messewirtschaft, mit einem Berufsverbot unabsehbarer Dauer belegt, dann kommen die betroffenen Unternehmen früher oder später an ihre Belastungsgrenze. Kreativität und eine gute Unternehmenskultur helfen hier nur begrenzt. Sind die finanziellen Reserven aufgebraucht und gibt es keine ausreichende Hilfe von außen, kommt es irgendwann zur Unternehmensaufgabe – außer man findet einen Weg, einen neuen Angebotsschwerpunkt zu entwickeln, der unter den neuen Bedingungen gangbar ist.
Michael Otterbein | redaktion@regiomanager.de

Teilen:

Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*