Management

Flexible Arbeitszeiten: Arbeitszeitenwende

Mitarbeiter wünschen sich auch im Handwerk mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten für eine ausgeglichenere Work-Life-Balance.

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von Regiomanager 11.07.2022
Arbeitszeitkonten sind gängige Praxis auf dem Bau (© Chalermphon − stock.adobe.com)

Arbeitnehmer wünschen sich aus unterschiedlichen Gründen Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit: Familie, Freizeit, Arztbesuche und Behördengänge sind nur einige Gründe. Vor allem jüngere Mitarbeiter legen Wert auf eine flexible und individuelle Arbeitszeit. Und auch Arbeitgeber möchten schnell reagieren, wenn beispielsweise ein Mitarbeiter plötzlich längere Zeit ausfällt oder Arbeitsspitzen auftreten. Die Unternehmen profitieren ebenfalls von den motivierteren Mitarbeitern, da deren Work-Life-Balance ausgeglichener ist, und können so die Fachkräfte an sich binden.
Saisonarbeit und flexible Arbeitszeitkonten sind vor allem für das Handwerk bewährte Modelle der Arbeitszeitregelung – jedenfalls für bestimmte Branchen. Denn natürlich lassen sich die verschiedenen Möglichkeiten der Flexibilisierung der Arbeitszeit für das Handwerk nicht branchenunabhängig betrachten. Vielmehr stellt sich für jede Branche und für jeden Betrieb die Frage, welches Modell sich am besten eignet. Während viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen 35 bis 40 Stunden pro Woche arbeiten, sind es bei Handwerksunternehmen in Spitzenzeiten oftmals 40 Stunden und mehr.


Gesetzliche Grundlagen


Gerade aus dem Baugewerbe sind Arbeitszeitkonten nicht mehr wegzudenken. So haben Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen die Möglichkeit, auf schwankende Auftragslagen oder bei witterungsbedingten Arbeitsausfällen zu reagieren. „Auch die Beschäftigten nehmen das Modell des Arbeitszeitkontos gerne an, um Beruf und Freizeit flexibel ausgleichen und in Einklang bringen zu können“, sagt Birgit Schweer, Referatsleiterin Arbeitsrecht und Tarifpolitik beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Mit einem Arbeitszeitkonto wird die tatsächlich geleistete Arbeitszeit eines Mitarbeiters festgehalten und mit der tarifvertraglichen bzw. vereinbarten Arbeitszeit abgeglichen. Daraus resultieren sogenannte Zeitguthaben bzw. Zeitschulden, die ausgeglichen werden können – sei es beispielsweise aufgrund wechselnder betrieblicher Auftragslagen oder aufgrund persönlicher Wünsche der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Arbeitszeitkonten können allerdings nicht einfach angeordnet werden. Vielmehr bedarf es einer rechtlichen Grundlage, etwa im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung.
Die Arbeitgeber fordern einen grundsätzlich flexibleren Umgang mit den Arbeitszeitregelungen. „Die maximale gesetzliche Höchstarbeitszeit liegt aktuell bei zehn Stunden pro Tag“, sagt Schweer. „Und damit sind der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit schnell Grenzen gesetzt.“ Beispielsweise möchten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Montage oftmals ein verlängertes Wochenende mit der Familie verbringen und an einzelnen Tagen länger arbeiten. Mit der aktuellen gesetzlichen Vorschrift von maximal zehn Arbeitsstunden pro Tag ist dieses Konzept jedoch nur schwer umsetzbar: „Die Arbeitgeber fordern daher eine maximale wöchentliche Arbeitszeit statt der täglichen – natürlich unter Wahrung des Arbeitsschutzes. Im Ergebnis wird die Arbeitszeit nur anders verteilt, aber es wird nicht mehr Stunden gearbeitet.“ Allerdings gibt sie zu bedenken, dass bei der Bestimmung der Arbeitszeit der einzelnen Mitarbeiter immer auch die anderen Gewerke beim Bau mit berücksichtigt werden müssen. „Im Bau arbeiten die verschiedenen Gewerke idealerweise Hand in Hand, diese Zusammenarbeit sollte durch die flexible Arbeitszeitregelung natürlich nicht behindert werden.“


Weitere flexible
Arbeitszeitmodelle


So kann nicht jeder Beschäftigte auf dem Bau beispielsweise für sich allein entscheiden, zu welcher Arbeitszeit er seine Tätigkeit verrichtet. Dennoch gibt es je nach Branche und Unternehmen Modelle, die möglicherweise zu dem Betrieb passen und den Mitarbeiterwünschen Rechnung tragen. Neben der klassischen Vollzeitstelle können auch Teilzeitstellen im Handwerk sinnvoll sein. Wie viele Stunden die Teilzeitkraft in dem Betrieb arbeitet, wird individuell vertraglich festgelegt. Dabei gibt es vollzeitnahe Teilzeitstellen mit 30 bis 35 Stunden Arbeitszeit pro Woche, aber auch die klassische Teilzeitstelle mit ca. 20 Stunden Arbeitszeit in der Woche. Im Vertrag ist ebenfalls festzuhalten, ob der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin an bestimmten Tagen arbeiten soll oder nach Bedarf. Allerdings sind für eine bessere Planbarkeit festgelegte Arbeitstage sinnvoll und auch notwendig.
Mit der Blockarbeitszeit können Arbeitsspitzen gut abgefangen werden. Für verschiedene Blöcke wie Wochen oder Monate werden unterschiedliche Arbeitszeiten festgelegt. So arbeitet der Mitarbeiter auf dem Bau im Sommer beispielsweise monatlich 40 Wochenstunden, in den Wintermonaten hingegen nur 30 Wochenstunden. Auch das Modell „Arbeit auf Abruf“ kann in Hochzeiten hilfreich sein. Der Mitarbeiter kommt nur dann zur Arbeit, wenn es für ihn auch wirklich etwas zu tun gibt. Dies muss im Arbeitsvertrag aber ausdrücklich so vereinbart worden sein. Auch muss die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter mindestens vier Tage im Vorfeld darüber informiert werden, wenn seine Arbeitskraft gewünscht ist. Mehr Flexibilität schaffen des Weiteren auch Schichtarbeit bzw. Gleitzeitarbeit.


Möglichkeiten schaffen


Problematisch ist hingegen der Anspruch auf mobiles Arbeiten. „Die Belegschaft wird hier in zwei Gruppen gespalten, da dieser Anspruch eine Erwartungshaltung generiert, die nicht für alle Tätigkeiten in einem Handwerksbetrieb umsetzbar ist“, sagt Schweer. Das kann zu Unmut im Betrieb führen. Daher fordert der ZDH, den Anspruch auf mobiles Arbeiten nicht gesetzlich zu regeln, sondern diese Regelung den Betrieben selbst zu überlassen. „Es sollte hier nicht zu einer Klassengesellschaft von White Collar und Blue Collar Workers führen – also Büroangestellte versus Blaumänner.“
Die meisten Handwerksbetriebe haben im Durchschnitt acht bis neun Mitarbeiter. Hier stellt sich die Frage, ob tatsächlich alles bis ins Detail gesetzlich durchgeregelt werden muss. „Die Kommunikationswege in kleinen Betrieben sind kürzer als in großen Unternehmen. Hier lässt sich auch schon mal im persönlichen Gespräch bei Bedarf leicht eine Work-Life-Balance herstellen“, so Schweer. Natürlich immer im gesetzlichen Rahmen und mit Blick auf die betrieblichen Möglichkeiten.

Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de

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