Das Hauptbetätigungsfeld der Personaldienstleister – die kurzfristige Vermittlung von Arbeitskräften – kann Unternehmen viel mehr bieten als die reine Möglichkeit, auf Produktionsspitzen oder Ausfälle zu reagieren. Es sind vor allem Effekte der Flexibilisierung, welche den ausleihenden Firmen zugutekommen. Kosteneinsparungen im Personalwesen und der Verwaltung bringen wirtschaftliche Vorteile. Der Entleiher zahlt schließlich nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der Leihkräfte, während der Personaldienstleister die Sozialabgaben sowie die Lohnfortzahlungen bei Krankheit und Urlaub übernimmt. Hinzu kommt, dass die betriebliche Organisation eines Unternehmens durch den Einsatz von Leiharbeitern strukturell entlastet werden kann.
Unverzichtbares Instrument
Seit den 1970er-Jahren existiert die Branche der Personaldienstleister in Deutschland und wächst seitdem kontinuierlich. „Die neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zu unserer Branche zeigen einmal mehr, dass sich die Zeitarbeit parallel zur guten Entwicklung auf dem Gesamtarbeitsmarkt bewegt“, sagte Thomas Hetz, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP), im Februar diesen Jahres. „Für die erste Jahreshälfte 2016 weist die BA im Durchschnitt 963.932 Zeitarbeitnehmer aus. Gleichzeitig gab es mit fast 43,5 Millionen Erwerbstätigen im Jahr 2016 hierzulande eine Rekordbeschäftigung.“ Da sei es auch kein Wunder, dass sich die Zahl der Zeitarbeitnehmer ebenfalls leicht erhöht habe. „Trotzdem ist der Anteil der Zeitarbeit am Gesamtarbeitsmarkt weiterhin gering: Ihre Quote an der Gesamtbeschäftigung lag gerade einmal bei 2,7 Prozent. Der Anteil der Zeitarbeitnehmer an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten war mit 2,9 Prozent nur leicht höher, was ganz einfach daran liegt, dass in unserer Branche überproportional mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.“ Deutlich werde bei diesen Zahlen vor allem eins: „Der Anteil der Zeitarbeit bleibt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu gleich.“
„Die Flexibilität durch Zeitarbeitnehmer ist in einer modernen Wirtschaft enorm wichtig. Betriebe erhalten durch Personaldienstleistungen aber nicht nur passgenau das von ihnen benötigte Personal, sie müssen auch nicht selbst nach Mitarbeitern suchen, sondern können das Personaldienstleistern überlassen. Das ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ohne eigene Personalabteilung ein nicht zu unterschätzender Vorteil“, erklärt Thomas Hetz. Die Personaldienstleistungsbranche hat in den letzten Jahren einen Wandel durchgemacht. Nachdem sie in der Vergangenheit vornehmlich die Nachfrage um die Vermittlung geringqualifizierter Hilfskräfte bedient hatte, verschob sich der Fokus bald auf die Fachkräfte. Dass Zeitarbeit nur Geringqualifizierten Beschäftigungschancen bietet, war für Thomas Hetz vom BAP schon immer eher ein Vorurteil, das der Branche anhaftete: „Den klassischen Zeitarbeitnehmer gibt es nicht, stattdessen lieferte die Branche immer einen Querschnitt durch die gesamte Arbeitswelt. Lageristen, Krankenpfleger, Techniker, Buchhalter, Bürokaufleute, IT-Techniker und Ingenieure finden in der Zeitarbeit Beschäftigung. Es gibt also kaum eine Branche und Berufsgruppe, die nicht von Personaldienstleistungen profitieren kann.“ So ist Zeitarbeit heute auch bei Akademikern eine Option für den Karrierestart geworden. Personaldienstleister bieten ihnen Beschäftigungsverhältnisse an, die sich kaum mehr von Direktanstellungen unterscheiden, womit die Bedeutung von Zeitarbeit steigt.
„Kritik an Leiharbeit veraltet“
Einige Unternehmen unterhalten dauerhaft Leiharbeiter. Solche Umstände riefen schon immer Kritiker in Gesellschaft wie Politik auf den Plan. Leiharbeit ziehe eine Prekarisierung von Arbeitnehmern nach sich, führe zu Ungleichheiten und Zwietracht in der Belegschaft oder sei pure Einsparungspolitik. „Die Zeitarbeit hat in den vergangenen Jahren die Löhne in der Branche stetig angepasst“, sagt dagegen der Verbandschef. Zwischen 2010 und 2016 seien diese im Westen um 22 Prozent und im Osten um 32,4 Prozent gestiegen. Auch hätten sich die Tarifpartner erst im vergangenen Herbst auf die Fortsetzung der Tarifpartnerschaft und einem damit bis Ende 2019 geltenden Tarifvertrag geeinigt. „Zeitarbeitnehmer in Westdeutschland erhalten seit 2010 bis zum Ende der Laufzeit einen Lohnzuwachs von 34 Prozent. Im Osten liegt der Lohnanstieg mit 50,5 Prozent sogar noch höher. Gleichfalls zahlt die Branche Löhne, die allesamt deutlich über dem Mindestlohn liegen, und besser qualifizierte Zeitarbeitnehmer verdienen ebenfalls mehr.“
Außerdem habe die Zeitarbeit auch im vergangenen Jahr wieder ihre Integrationsfähigkeit unter Beweis gestellt: 50 Prozent der Zeitarbeitskräfte waren nach Angaben des BAP bis zu einem Jahr ohne Arbeit und 18 Prozent sogar länger als ein Jahr arbeitslos oder noch nie vorher beschäftigt. Damit habe die Zeitarbeit im ersten Halbjahr 2016 fast 70 Prozent ihrer Mitarbeiter aus dem Kreis derjenigen rekrutiert, die keine Beschäftigung gehabt hätten. „Solche Zahlen gibt es in keinem anderen Wirtschaftszweig in Deutschland. Die Zeitarbeit hat somit einmal mehr gezeigt, welch wichtiges Instrument für die Arbeitsmarktintegration sie ist. Deswegen sind die ab April greifenden Regulierungen für die Branche kontraproduktiv – insbesondere im Hinblick auf die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt“, so Thomas Hetz.
Der Verband beruft sich dabei auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse, wie sie etwa im Handbuch „Arbeitsmarkt kompakt“ des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, aufgeführt werden. Bei der Präsentation Anfang April erklärte IAB-Vizepräsident Dr. Ulrich Walwei, dass „entgegen der öffentlichen Wahrnehmung die Bedeutung des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses – Vollzeit, unbefristet, außerhalb der Zeitarbeit – seit Anfang des letzten Jahrzehnts nicht weiter zurückgegangen sei. Der zuvor starke Zuwachs atypischer Beschäftigungsverhältnisse – Teilzeit oder befristet oder Zeitarbeit – habe mehr Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet, aber nicht das Normalarbeitsverhältnis verdrängt.“ Thomas Hetz vom BAP meinte dazu: Das Handbuch bestätige – „wissenschaftlich fundiert“ – wieder einmal, dass die Zeitarbeit keine Stammbelegschaften verdränge. Ganz im Gegenteil erleichtere die Zeitarbeit vielen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt, schaffe damit Arbeitsplätze und senke die strukturelle Arbeitslosigkeit.
Deutliche Worte gegen Novellierung
Die Auswirkungen der Anfang April in Kraft getretenen Gesetzesnovellierung sieht der Verband kritisch: „Mit Einführung der Gesetzesänderungen in der Arbeitnehmerüberlassung, die ab dem 1. April gelten, wird die Flexibilität am Arbeitsmarkt deutlich eingeschränkt und damit die deutsche Wirtschaft gebremst“, sagt Hetz. „Diese erneuten Einschränkungen sind nicht nur für Personaldienstleister und Kundenunternehmen, sondern auch vor allem für Zeitarbeitnehmer kontraproduktiv. Dennoch wird sich die Zeitarbeit auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen, denn die Branche hat ihre Flexibilität schon wiederholt unter Beweis
gestellt.“ Miriam Leschke | redaktion@regiomanager.de
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