„Mittelständler geben zu wenig für Forschung aus”, titelte der „SPIEGEL” Ende letzten Jahres und bezieht sich dabei auf eine Studie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. „Mittelstand fällt zurück”, stimmte der „DIHK-Innovationsreport 2015/2016″ in den Reigen ein. Auf der einen Seite gibt es in Deutschland so viele mittelständische Hidden Champions und Weltmarktführer wie sonst nirgendwo, auf der anderen Seite sind die auf einmal nicht mehr innovativ genug? Wie passt das zusammen?
Ein Indikator, der bei der Studie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften für die Innovationsleistung zugrunde gelegt wurde, sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Die machen in Deutschland 0,31 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Zum Vergleich: Die Schweiz, Österreich, Dänemark, Finnland oder Südkorea erreichen fast den dreifachen Wert. Der Anteil der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) an den gesamten deutschen Forschungsausgaben liegt bei gerade einmal 16 Prozent, während es etwa in den USA 19 und in Schweden 27 Prozent sind. „Die schwächeren Zahlen bei den KMU resultieren auch aus den vielen innovativen großen Unternehmen hierzulande. Der Aufbruch in die Industrie 4.0 gelingt uns jedoch nur, wenn kleine und mittlere Unternehmen mitziehen“, erklärt Henning Kagermann, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften.
Der „Indikatorenbericht zur Innovationserhebung 2015″, den das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung zusammen mit dem Marktforschungsinstitut infas und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung im Januar veröffentlichte, untermauert die Aussagen. Demnach stagnieren die Unternehmensausgaben für Innovationen insgesamt. Zwar wollen die Betriebe 2015 und 2016 mehr für Innovationen ausgeben (plus drei beziehungsweise plus sechs Prozent), die „Innovationsbeteiligung“ (also der Anteil an Unternehmen, die investieren) dürfte dagegen kaum steigen. Heißt: Unternehmen, die ohnehin investieren, investieren noch mehr. Überwiegend kleine Unternehmen steigen dagegen aus dem Innovationsgeschäft aus. Waren es Ende der 90er-Jahre noch 35 Prozent kleine und mittelständische Betriebe, die Ausgaben für Innovationen bei der Befragung angaben, waren es 2014 nur noch 22 Prozent. Zudem kommt der Bericht zu dem Schluss, dass der niedrigeren Innovationsaktivität auch niedrigere Innovationserfolge als bei Großunternehmen gegenüberstehen, besonders in der forschungsintensiven Industrie. Neue Verfahren helfen den Großen dabei, besser Kosten einzusparen.
Woran liegt’s? – Hemmnisse
Die DIHK identifiziert in ihrem Report die Bürokratie als größte Innovationshürde für KMU. Rund 80 Prozent der bundesweit 1.000 befragten Unternehmen gaben diesen Grund an. Schlankere, schnellere und verlässlichere Verfahren, um Innovationen auf den Markt zu bringen, seien notwendig. Auch der Fachkräftemangel und zu wenig Ausbildende hemmen einen Großteil der Betriebe. Innovationen hängen zudem stark mit Digitalisierung zusammen: Sie macht Geschäftsprozesse nicht nur effizienter und kostengünstiger, sondern mit ihr lassen sich neue Geschäftsmodelle entwickeln. Je größer das Unternehmen, desto größer ihr Stellenwert: Fast die Hälfte aller Unternehmen über 500 Mitarbeiter will laut der DIHK-Studie noch stärker auf den Trend Digitalisierung setzen, bei den KMU bis 250 Mitarbeitern sind es nur 30 Prozent. Viele KMU haben keine Digitalisierungsstrategie oder verfügen über keinen ausreichenden Breitbandanschluss – fast drei Viertel der Betriebe zwischen zehn und 20 Mitarbeitern gaben dies an! Ein systematisches Innovationsmanagement oder eigenes FuE-Personal haben auch nur sehr wenige Betriebe. Und dann ist da natürlich noch die Frage der Finanzierung. Besonders Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationsbranche haben hier Probleme, denn ihre oft hochinnovativen Ideen sind schlecht berechenbar. Eine Bankenfinanzierung ist da fast unmöglich und der Zugang zu Wagniskapital schwierig. Auch die Forschungsförderung ist noch ausbaufähig. Obwohl es im Ansatz gute Bundesprogramme wie ZIM (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) gibt, sind die laut DIHK-Report oft nicht hinreichend bekannt oder passgenau. Noch unbekannter sind Landesprogramme und EU-Programme sind häufig eher für größere, international ausgerichtete Betriebe, die viel Know-how bei der Antragstellung mitbringen. Es gibt also einige Stellschrauben zum Drehen, damit der Mittelstand nicht „abgehängt“ wird.
Thomas Corrinth I redaktion@regiomanager.de
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