Vom „Müsli-Man“ sang einst die Kölner Rockband BAP – und als Müsli-Typen galten lange Zeit auch Anleger, die nachhaltig investieren wollten. Ökologische oder ethische Geldanlagen weckten die Erinnerung an die 1980er-Jahre, als grüne Abgeordnete im Bundestag während der Sitzungen Pullover und Socken strickten. Wer nach entsprechenden Fonds suchte, wurde selten fündig, denn Vertreter der traditionellen Finanzbranche rollten bei dem Begriff „Öko-Investments“ nur gelangweilt die Augen.
Das hat sich inzwischen grundlegend geändert. „Impact Investing“, zu Deutsch: „wirkungsorientiertes Investieren“, ist auf dem Vormarsch. Die Rockefeller-Stiftung hat den Begriff 2007 geprägt. Gemeint sind damit keineswegs nur „ethische Investitionen“. Es geht nicht allein darum, Geld in Aktien oder Anleihen von Unternehmen anzulegen, die mit der Rüstungsindustrie nichts zu tun haben, die Umwelt nicht zerstören und die Entwicklungsländer nicht ausbeuten.
Impact Investing ist deutlich mehr. Hier fließen Gelder in Firmen und Konzerne, die es sich explizit zum Ziel gesetzt haben, zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beizutragen, den Kampf gegen Umweltverschmutzung anzutreten oder für die Gleichberechtigung von Frauen zu sorgen. Ihre Aktivitäten sind vielfältig und konzentrieren sich nicht nur auf die Entwicklungsländer. Genauso kümmern sie sich etwa darum, bezahlbaren Wohnraum in europäischen Ballungszentren oder Jobs in wirtschaftlich schwachen Regionen zu schaffen. In der Gunst der Anleger sind solche Unternehmen in jüngster Zeit klar gestiegen, das Interesse an wirkungsorientierten Investments nimmt zu. So schätzt etwa das Global Impact Investing Network (GIIN), ein Netzwerk umwelt- und sozialbewegter Anleger, das weltweit auf diese Art investierte Vermögen auf 144 Milliarden Dollar (124,4 Milliarden Euro). Im Vergleich zur Gesamtsumme gemanagter Investitionen ist das zwar nicht gerade viel. Diese liegt Schätzungen zufolge bei 75 Billionen Dollar (64,8 Billionen Euro) – und ist damit mehr als 500 Mal so groß. Die jährliche Wachstumsrate von wirkungsorientierten Investments beziffern Experten aber auf fast 50 Prozent.
Neue Produkte am Markt
Ob die Zunahme an wirkungsorientierten Geldanlagen wirklich so hoch ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Dass sich immer mehr Investoren für Impact Investing interessieren, zeigt aber die Tatsache, dass Fondsgesellschaften verstärkt Portfolios auf den Markt bringen, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. So legten seit Jahresbeginn u. a. die Gesellschaften Union Investment, Invesco, Jyske Capital und Sycomore entsprechende Produkte auf.
Waren es zunächst in erster Linie institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen, die Impact Investing für sich entdeckten, so springen mittlerweile auch Privatanleger auf den Zug auf. Katherine Brown, die sich bei der Stiftung Weltwirtschaftsforum mit nachhaltigen Investments beschäftigt, erkennt vor allem zwei Faktoren, die den neuen Trend beflügeln: das Interesse der sogenannten „Millennials“ und die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (UN). Schließlich komme auch noch die Volatilität des Marktes für kurzfristige Anlagen hinzu.
Millennials, also Leute, die zwischen 1980 und 2000 geboren worden sind, verlangten verstärkt nach solchen Anlagen, erklärt Brown. Die 2016 verabschiedeten UN-Ziele, die u. a. lauten „Armut beenden“, „Bildung für alle“, „menschenwürdige Arbeit“, seien bei den Investments der jungen Generation klare Vorgaben. Auch eine Umfrage der Investmentgesellschaft Morgan Stanley in den USA zeigt: 75 Prozent der Millennials sind etwa davon überzeugt, mit ihren Investments den Klimawandel beeinflussen zu können. Insgesamt glauben das nur 58 Prozent. Doch auch in der breiten Bevölkerung steigt das Interesse an nachhaltiger Geldanlage. Die Fondsgesellschaft Schroders befragte kürzlich über 22.000 Anleger aus 30 Ländern. 78 Prozent der Teilnehmer gaben an, das Thema Nachhaltigkeit sei ihnen heute wichtiger als noch vor fünf Jahren.
Mit dem Impact zufrieden
In Deutschland ist das wirkungsorientierte Investieren erst im Kommen. Aber auch hierzulande nimmt das Interesse zu. Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge hat sich der Umfang von 2012 bis Ende 2015 auf etwa 70 Millionen Euro verdreifacht. Angesichts des wachsenden Interesses stellt sich die Frage, ob wirkungsorientiertes Investieren denn auch tatsächlich Wirkung zeigt, ob die Erfolge messbar sind. An Standards dafür werde gearbeitet, erklärt Expertin Brown. Und: In einer GIIN-Analyse sagten 98 Prozent der befragten Anleger, ihre Erwartungen in Bezug auf die Wirkung seien übertroffen worden. 91 Prozent verdienten der Umfrage zufolge sogar mehr Geld als erwartet.
Privatanleger, die mit dem Gedanken spielen, stärker auf Impact Investing zu setzen, sollten sich aber darüber im Klaren sein, dass entsprechende Fonds nicht immer nur in ökologisch und ethisch vorbildliche Unternehmen investieren. Manche Portfolio-Manager beziehen sogenannte ESG-Kriterien in ihre Investmentprozesse ein. ESG steht für „Environmental“, „Social“ und „Governance“, also für „Umwelt“, „Soziales“ und „Unternehmensführung“. Werden ESG-Aspekte in Anlageentscheidungen einbezogen, so heißt dies nicht zwingend, dass die Zielinvestments all diese Kriterien zu 100 Prozent erfüllen. Es können auch Konzerne oder Firmen gewählt werden, die nicht in allen Punkten nachhaltig arbeiten. In diesem Fall erhalten sie von den Fondsmanagern allerdings meist einen schlechteren ESG-Wert, der dann in der gesamten Unternehmensbewertung durch andere Pluspunkte wieder ausgeglichen werden muss.
Es geht auch mit Mikrofinanzfonds
Da viele Bundesbürger bekanntlich noch immer lieber auf sichere Geldanlagen setzen, statt sich am Kapitalmarkt zu engagieren, sind Investmentfonds, die Aktien oder Unternehmensanleihen setzen, auch nicht für jeden Anleger das Mittel der Wahl. Nachhaltiges Investieren ist jedoch auch über eine reine Kreditvergabe möglich. Das funktioniert zum Beispiel mit sogenannten Mikrofinanzfonds. Diese sammeln bei ihren Anlegern Geld ein, um damit über Partner-Institute vor Ort – etwa in einem Entwicklungsland – bestimmte Projekte oder kleine Unternehmen zu finanzieren. Kritiker führen hier allerdings die hohen Kosten solcher Fonds an, die die Rendite schmälern. Zudem sind die Zinsen für die Kreditnehmer zuweilen sehr hoch. Der „Impact“ solcher Finanzierungen lässt sich in den meisten Fällen aber nicht von der Hand weisen.
Wer lieber gar nicht über Fonds investieren möchte, hat auch bei einigen Banken die Möglichkeit, mit seinen Spareinlagen für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Mit der Festlegung, in welchen förderungswürdigen Bereichen die Spareinlagen eingesetzt werden sollen, bestimmen die Kunden zwar nicht direkt, in welche Unternehmen oder Vorhaben ihr Kapital fließt, aber sie legen den Rahmen fest. Zum Impact Investing im strengen Sinne gehört diese Form der Kapitalanlage zwar nicht – aber eine nachhaltig positive Wirkung lässt sich auch damit erreichen. Andrea Martens | redaktion@regiomanager.de
INFO
Serie – Geldanlage
Teil 1: Regionale Aktien
Teil 2: Multi-Asset-Fonds
Teil 3: Impact Investing
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