„Wirtschaftsanwältinnen und -anwälte kosten auf den ersten Blick Geld, gewährleisten aber eine rechtssichere Umsetzung von Projekten, die langfristig Ressourcen spart: Eigene Mitarbeiter können sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und teures ‚Learning by Doing‘ entfällt. Ein wirtschaftlicher und juristischer Blick von außen bietet oft neue Perspektiven; ideale juristische Begleiterinnen und Begleiter sind Ideengeber und Sparringspartner zugleich.“ So fasst Dr. Caroline Siegel vom Verband Deutscher Anwälte (VDA) die Vorteile juristischer Fachkompetenz für Unternehmen zusammen.
Neben der Fähigkeit, sich schnell in neue Sachverhalte „einzudenken“, zeichnen sich gute Standesvertreter ihrer Ansicht nach durch wirtschaftlich sinnvolle und pragmatische, aber rechtssichere Lösungen aus. „Ein strukturierter und neutraler – aber nicht empathieloser – Blick von außen hilft oft, interne Herausforderungen abzuschichten und gleichzeitig die rechtliche Machbarkeit im Auge zu behalten“, so die Rechtsanwältin. Der beste Berater nütze nichts, wenn dessen „Luftschlösser“ wirtschaftlich nicht sinnvoll umsetzbar, den Kunden nicht vermittelbar oder schlicht illegal seien. „Hier bietet die Anwaltschaft erfreulicherweise ein genauso buntes Bild wie die Unternehmerschaft: vom kompetenten Generalisten, der gleichzeitig als Personalabteilung für ein Kleinunternehmen fungiert, bis hin zu hoch spezialisierten Juristinnen und Juristen für branchen- und rechtsgebietsspezifische Fragestellungen in großen Unternehmen und Konzernen.“
Wichtiges Stichwort: Compliance
Ihr Kollege Christian Lentföhr von der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft (DASV) bringt in diesem Zusammenhang das Stichwort „Compliance“ ins Spiel: „Das ist inzwischen auch im Mittelstand angekommen.“ Dafür sei die Rechtsberatung unerlässlich. „Denn nur die Kenntnis der Normen führt zu rechtssicheren Arbeitsprozessen, die spätere Gerichtsprozesse vermeiden.“ Natürlich dürften Geschäftsführer von ihren externen Rechtsberatern auch konkrete Handlungsvorschläge verlangen.
Die Rechtsberatungsbranche befindet sich in einem Wandel – mit Auswirkungen auf Mandanten in der Wirtschaft. „In der Beratung für Unternehmen geht die Transformation weit über Videokonferenzen, datenschutzkonforme E-Mail- und elektronische Gerichtskorrespondenz hinaus“, betont Anwalt Lentföhr. „Digitalisierte Buchführung, Zahlungsverkehr und Mahnwesen sind für viele mittelständische Unternehmen noch immer eine Herausforderung. Umsatzsteuerliche oder lohnsteuerliche Prozesse lassen sich durch Digitalisierung rechtskonform abbilden, wenn nicht nur die IT, sondern insbesondere auch der Rechtsberater in die Prozessbeschreibung eingebunden wird.“ „Unternehmen können durch partizipative Software wie digitale Datenräume, VPN-Tunnel und virtuelle Plattformen auch externe Anwältinnen und Anwälte so eng in interne Strukturen integrieren und einbinden, dass kaum noch Unterschiede zu In-House-Juristen spürbar sind“, meint Dr. Caroline Siegel. „Die teilweise durch Unternehmen gefürchtete schlechtere Erreichbarkeit und Kostenintransparenz kann so vermieden werden. Hier kann letztlich jedes Unternehmen die Kooperationsmodelle und die anwaltlichen Berater finden, die gut zu ihm passen.“
Herausforderungen und Chancen
Aus juristischer Sicht ist die nächste Zeit von einigen Herausforderungen, aber auch Chancen für Unternehmen geprägt. „Die letzten Jahre der Corona-Pandemie haben viele – oft auch überfällige – Neuerungen vorangetrieben: von der Möglichkeit, Gerichtsverhandlungen oder Betriebsratssitzungen virtuell abzuhalten, über hybride Arbeitsweisen, auch durch direkten Zugang zu den Mandantendaten, bis hin zu leistungsfähiger Software“, zählt Siegel auf. Das im vergangenen Jahr verabschiedete Legal-Tech-Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt sei leider deutlich hinter den Möglichkeiten zurückgeblieben. Der neue Koalitionsvertrag sehe hier aber perspektivisch eine Stärkung des kollektiven Rechtsschutzes. „Insbesondere die Vereinbarung von Erfolgshonoraren, die Möglichkeiten der Prozessfinanzierung und die Kapitalbeteiligung von Investoren auch auf dem Anwaltsmarkt werden auch in den kommenden Jahren zu spannenden Entwicklungen und größerem Wettbewerb führen. Hiervon werden Unternehmen als Auftraggeber und Mandant ganz besonders profitieren.“ Als konkrete Herausforderung nennt Christian Lentföhr die Grundsteuerreform. „Von ihr wird jedes Unternehmen, das Eigentümer oder Erbbauberechtigter von bebauten oder unbebauten Immobilien ist, 2022 betroffen sein.“ Dabei spiele es keine Rolle, ob die Immobilie als Betriebsgrundstück genutzt oder an Dritte vermietet oder unentgeltlich überlassen sei. „Bei gepachteten Betriebsgrundstücken wird sich ein Unternehmen ab dem Jahr 2025 auf eine veränderte Nebenkostenumlage einstellen müssen.“ Voraussichtlich ab dem 1. Juli 2022 bis Ende Oktober 2022 muss eine umfangreiche Erklärung zur Neubewertung der Immobilie elektronisch abgegeben werden, die zu einer erhöhten steuerlichen Bemessungsgrundlage führt. Im Jahr 2024 werden die Gemeinden dann neue Grundsteuerhebesätze festlegen. Sehr wahrscheinlich, dass daraus so mancher Rechtsstreit erwächst.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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