Management

Fachkräftemangel: Mitarbeiter werden knapp

Prognosen und Lösungsansätze für ein gesamtgesellschaftliches Problem

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von Regiomanager 17.11.2021
Bis 2040 werden bis zu vier Millionen unbesetzte Stellen für Fachkräfte prognostiziert. Hier gibt es also viel zu tun. (© Dmitry Kovalchuk – stock.adobe.com) | Dr. Birgit Ebbert

Seit Jahren taucht das Gespenst „Fachkräftemangel“ in Berichten, Studien, Symposien, in Politik und Medien auf. Durch die Pandemie wurde der Blick in die weite Zukunft zunächst von der aktuellen Situation verstellt, in manchen Regionen gab es plötzlich sogar einen Fachkräfteüberschuss. Doch seit der Wirtschaftsmotor wieder angelaufen ist, melden sich auch wieder die alten Sorgen. Das Institut der deutschen Wirtschaft aus Köln befürchtet in seiner Prognose für 2040 eine Lücke von bis zu 4.2 Millionen Fachkräften. Die moderateren Zahlen des Basler Forschungsinstituts Prognos mit bis zu 3,3 Millionen oder der Boston Consulting Group mit bis zu 3 Millionen fehlenden Fachkräften bis 2030 stimmen nicht zuversichtlicher.


Demographischer Wandel
forciert Fachkräftemangel


Ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung verrät die Ursache: den demographischen Wandel. In den nächsten Jahren verabschieden sich die Babyboomer aus den 50er- und 60er-Jahren in den Ruhestand. Dem steht ein Rückgang der Geburten gegenüber, der sich in den letzten Jahren etwas nivelliert hat, aber nicht genug, um das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Ruheständlern in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Erschwerend kommt für die Ausweitung des Pools an Fachkräften hinzu, dass die Anforderungen durch eine höhere Digitalisierung steigen. Die Ausbildung wird komplexer, dauert vielleicht sogar länger.


Fachkräftemangel ist abhängig von Branche und Region


Allerdings wird der Fachkräftemangel nicht alle Branchen gleich treffen. Experten sind sich einig, dass vor allem in der Pflege, in technischen Berufen, im Handwerk und in den MINT-Berufen, also in Mathematik, Ingenieurs-, Naturwissenschaften und Technik, mehr Arbeitsplätze als Erwerbstätige mit fachlichem Background zur Verfügung stehen werden. Das Forschungsinstitut Prognos rechnet sogar mit einem Mangel an Managern, Forschern, Kreativen und Journalisten. Das Institut verweist darauf, dass Berufsfelder wegfallen, die Arbeit von Packern und Lastwagenfahrern würden Roboter übernehmen und elektronische Systeme würden Buchhalter, Kreditsachbearbeiter und Immobilienmakler nach und nach überflüssig machen. Diese Entwicklung trifft nicht nur Unternehmen, sondern auch die öffentliche Hand wird sich in den Reigen derer einreihen, die Fachkräfte suchen, sodass nicht selten Verwaltung und Wirtschaft um die gleichen Fachkräfte ringen.
Förderung von Potenzial als Antwort auf den Fachkräftemangel
Es besteht ein dringender Handlungsbedarf. Bis zum Jahr 2030 dauert es nicht mehr lange. Unternehmen, Regionen und die Politik suchen bereits seit einiger Zeit nach Wegen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. So hat die Bundesregierung 2018 eine Strategie zur Sicherung von Fachkräften vorgelegt, deren Ansätze sich in großen Teilen mit den Empfehlungen aus der Wissenschaft und Praxis decken. Grob gesagt geht es darum, einerseits vorhandene Potenziale in Land, Unternehmen und Institution zu entdecken sowie zu entwickeln und andererseits Fachkräfte von außen. Bei der Suche nach Potenzial geht der Blick vor allem auf diejenigen Menschen, die qualifiziert sind und ihre Qualifikation nicht oder nur zum Teil einsetzen, also Frauen in der Familienphase, Menschen mit Behinderung, früh verrentete Fachkräfte und Teilzeitkräfte; 2019 arbeiteten fast fünf Millionen Menschen in Teilzeit, davon vier Millionen Frauen. Diese Gruppe soll motiviert werden, sich stärker in den Arbeitsmarkt einzubringen durch passgenaue Angebote von der Kinderbetreuung über flexible Arbeitszeitmodelle bis zu hybriden Arbeitsplätzen. Um Fachkräfte durch Zuwanderung zu gewinnen, sollten Geflüchtete stärker qualifiziert und Interessierte in anderen Ländern durch spezielle Recruitingmaßnahmen angesprochen werden. Bedeutsam ist zudem, den Fachkräften, die hier ausgebildet werden, attraktive Arbeitsplatzoptionen zu bieten, damit sie sich gar nicht erst, wie es derzeit bereits Tausende machen, in anderen Ländern nach einem Job umsehen. Hier kann und muss jedes Unternehmen seinen Beitrag leisten durch eine Unternehmenskultur, in der die Wertschätzung der Beschäftigten ebenso zählt wie die Wertschöpfung.


Bildung als gesellschaftliche Strategie


Einerseits wird jedes Unternehmen und jede Verwaltung seinen Weg finden müssen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Mit der Attraktivität des Arbeitsplatzes steigt die Chance, eine Fachkraft zu finden und die Teilzeitbeschäftigten zum Aufstocken zu motivieren. Dann ist entscheidend, dass diese Kräfte effizient qualifiziert werden. Bildung ist in dem Fall kurzfristig, aber grundsätzlich auch langfristig ein Weg, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Je mehr junge Menschen mit einer Ausbildung im dualen, schulischen oder universitären System in das Leben gehen, desto mehr Fachkräfte stehen zur Verfügung. Wo es unbürokratische Wege der Weiterqualifizierung für Quereinsteiger von unterschiedlichen Ebenen gibt, können sich motivierte Arbeitskräfte zu Fachkräften entwickeln und das Potenzial des Arbeitgebers erweitern. Die Digitalisierung, die sowohl einen Fachkräftemangel als auch den Wegfall von Arbeitsplätzen forcieren wird, kann hier einen positiven Effekt haben.
Fachkräfte entdecken
und entwickeln
Viele Unternehmen in Branchen, denen ein Fachkräftemangel prognostiziert wird, kämpfen bereits jetzt darum, ihre Stellen mit Fachkräften zu besetzen. Dazu gehen sie – teils nur für ihre Branche – neue Wege. Handwerksbetriebe stellen ihre Offerten in Online-Portale, kleine und mittelständische Unternehmen weiten den Suchradius in an den Standort angrenzende Kreise aus und im Pflegebereich werden die Arbeitsbedingungen auf die Bedürfnisse und Wünsche potenzieller Fachkräfte angepasst mit gesundem Essen und Betriebskindergarten. Der Kampf gegen den Fachkräftemangel ist eine ganzheitliche Aufgabe, die über eine Stellenausschreibung hinausgeht. Wirtschaft und Politik müssen hier Hand in Hand arbeiten. Ein Ansatz dafür ist das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (www.kofa.de) des Instituts der Deutschen Wirtschaft, das –
gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – seit 2011 kleine und mittelständische Unternehmen bei der Sicherung ihres Fachkräftebedarfs unterstützt. Auch hier zählt wie überall, wo Fachkräfte gesucht und gefunden werden müssen: Auf neuen Wegen und mit offenem Blick steigen die Chancen, den Fachkräftemangel zu reduzieren. Dr. Birgit Ebbert
| redaktion@regiomanager.de

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