Das Schicksal seines Unternehmens in fremde Hände zu legen ist für Firmeninhaber in der Regel eine höchst emotionale Angelegenheit: Viele Mittelständler haben jahrzehntelang ihren Betrieb mit viel Herzblut geführt, sich selbst Tag für Tag bedingungslos in den Dienst ihrer Firma gestellt, Erfolge gefeiert und schwierige Situationen gemeistert. Sich eines Tages von seinem Lebenswerk verabschieden und die Verantwortung für sein „Baby“ an einen Nachfolger übergeben zu müssen ist für einen Firmenbesitzer oftmals nur schwer vorstellbar.
Aus diesem Grund schieben Inhaber die Planung des Generationswechsels nicht selten auf die lange Bank und bringen ihren Betrieb damit unbeabsichtigt in Schwierigkeiten. Um die Handlungsfähigkeit und den Fortbestand eines Unternehmens sicherzustellen, ist es schließlich wichtig, die Nachfolge rechtzeitig zu regeln. Zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr sollte sich deshalb jeder Firmenchef mit der Suche nach einem Nachfolger auseinandersetzen. Steht in dieser Unternehmensphase nicht fest, wie es nach seinem Ausscheiden weitergeht, könnten Banken Kredite verweigern oder Geschäftspartner vor einer langfristigen Kooperation zurückschrecken.
Hinzu kommt, dass es sich bei Firmenübergaben, -verkäufen oder -fusionen um äußerst komplexe Prozesse handelt. Immerhin müssen bei einer geordneten Nachfolge zahlreiche Aspekte Berücksichtigung finden. Daher sollte man möglichst früh mit der Planung beginnen. Außerdem empfiehlt es sich, Experten zurate zu ziehen, die dem Übergeber und dem Übernehmer mit Fachwissen zur Seite stehen oder bei Konflikten zwischen den beteiligten Parteien als Mediatoren fungieren. Die Leistungen akkreditierter Unternehmensberater werden übrigens anteilig öffentlich gefördert.
Familieninterne Nachfolge als Wunschlösung
Für inhabergeführte Familienunternehmen erweist sich insbesondere die Suche nach einem geeigneten Nachfolger als Herausforderung: Zwar ist die familieninterne Nachfolge die beliebteste Variante, doch häufig fehlen im Mittelstand natürliche Nachkommen, die gewillt und/oder geeignet sind, die Lebensleistung des Unternehmensgründers dauerhaft fortzuführen. Die interne Suche birgt zudem ein hohes Konfliktpotenzial: Was passiert, wenn die eigenen Kinder den Betrieb nicht führen wollen? Wie gehe ich vor, wenn es mehrere Nachkommen gibt? Werden die Lebenspartner der leiblichen Söhne und Töchter einbezogen? Und wie bringt man die unterschiedlichen Interessen in Einklang?
Findet sich innerhalb der Familie kein geeigneter Kandidat, könnte der Unternehmensverkauf eine Alternative darstellen. Doch egal, ob man sich für eine familieninterne oder eine externe Lösung entscheidet – für alle potenziellen Nachfolger gelten die gleichen qualitativen Auswahlkriterien: Sie müssen persönlich zum Unternehmen passen und über ausreichende Fähigkeiten verfügen. Stärken und Schwächen sollten deshalb genauestens unter die Lupe genommen werden. Sind beim Wunschkandidaten Kompetenzdefizite feststellbar, können gegebenenfalls individuelle Coachings zum Einsatz kommen, um den Nachfolger auf seine neuen Aufgaben vorzubereiten – vorausgesetzt, es bleibt genügend Zeit bis zur Übergabe.
Mit der Wahl einer geeigneten Person ist der Prozess aber noch lange nicht abgeschlossen. Um die Nachfolge erfolgreich zu gestalten, müssen darüber hinaus viele weitere Aufgaben erfüllt und Fragen geklärt werden: Die Parteien legen u.a. eine Übergabe- oder Veräußerungsstrategie fest, analysieren die ertrags-, finanz- und betriebswirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und klären steuerliche Fragen, rechtliche Grundlagen sowie die nachvertragliche Mitwirkung des Übergebers. Wichtig ist es in dieser Phase, die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten voranzutreiben, um alle Aspekte des Verkaufs gleichermaßen professionell zu beleuchten. Beratungsunternehmen zeigen zudem auf, inwieweit öffentliche Fördermittel eingebunden werden können – sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer.
Fundierte Unternehmensbewertungen
Bei einem Verkauf der Firma ist für beide Parteien eine fundierte Unternehmensbewertung von großer Wichtigkeit. Dieses Argumentationspapier, das als Richtschnur für die späteren Vertragsverhandlungen dient, bildet die Basis für die erfolgreiche Durchführung der Transaktion. Dass Verkäufer und Käufer eines Unternehmens unterschiedliche Vorstellungen über die Höhe des Kaufpreises haben, ist schließlich ganz natürlich. Im Rahmen der Bewertung ist zunächst eine Ressourcenanalyse zur Identifikation von Unternehmenspotenzialen notwendig. Dabei wird ermittelt, welche physischen, finanziellen und immateriellen Ressourcen das Unternehmen vorweisen kann und in welchem Umfang bestehende Potenziale genutzt werden. Mithilfe einer SWOT-Analyse lassen sich dann die Stärken und Schwächen der Firma aufzeigen. Diese werden bei der anschließenden Wettbewerbsanalyse mit den Stärken und Schwächen der größten Konkurrenten verglichen.
Ein angemessener Kaufpreis lässt sich letztlich auf unterschiedliche Weise ermitteln. Zu den beliebtesten Unternehmensbewertungsmethoden zählen beispielsweise steuerliche, ertrags-, substanz- oder vergleichsorientierte Varianten.
Formen der Nachfolge
Aufgrund dieser langen Reihe von notwendigen Maßnahmen ist eine umfassende Planung unabdingbar. Das gilt für jede Form der Nachfolgeregelung. Dazu zählen beispielsweise Kauf und Verkauf eines Unternehmens oder eines einzelnen Geschäftsbereichs.
Ein Inhaberwechsel wird jedoch nicht nur durchgeführt, wenn sich der Chef in den Ruhestand verabschiedet: In Krisensituationen, in denen eine Restrukturierung oder ein Turnaround notwendig werden, kommt es ebenfalls vor, dass Käufe oder Verkäufe von Unternehmen oder Unternehmensteilen die optimale Lösung zur Bewältigung der Probleme darstellen.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit eines Management-Buy-in (MBI) und Management-Buy-out (MBO). Der Vorteil liegt im Vorhandensein von Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten. Anhand der Ergebnisse der Vorjahre können außerdem die zu erwartenden Kapitalrückflüsse in der Anfangszeit kalkuliert werden.
Besonders schwierig gestaltet sich dagegen der Nachfolge-Notfall. Dieser tritt ein, wenn der Inhaber eines Unternehmens aufgrund eines Unfalls oder einer Erkrankung plötzlich ausfällt oder unerwartet verstirbt. Damit die Firma in dieser Situation nicht in die Krise stürzt, empfiehlt es sich, frühzeitig einen sogenannten „Notfallkoffer“ zu erstellen. Es handelt sich dabei um einen Leitfaden, der die Weiterführung der Geschäfte regelt, wenn der Ernstfall eintritt.
Doch egal, ob ein Nachfolger zeitnah oder erst in ferner Zukunft benötigt wird, Unternehmer sollten aufgrund der Komplexität des Nachfolgeprozesses nicht auf eine professionelle Nachfolgeberatung verzichten. Ein externer Spezialist unterstützt die Beteiligten nicht nur mit seiner fachlichen Kompetenz, sondern fängt die mit der Übergabe verbundene Emotionalität ein. Schließlich müssen Entscheidungen für eine erfolgreiche Nachfolgeregelung so rational wie möglich getroffen werden.
Ein guter Berater steht seinen Mandanten übrigens auch nach der Übergabe zur Seite. Denn sind die Verträge abgeschlossen und die daraus abgeleiteten wechselseitigen Verpflichtungen erfüllt, ist der Integrationsprozess neuer Personen oder zweier Unternehmen noch nicht beendet. Engagierte Berater unterstützen ihre Mandanten dabei, potenzielle Konfliktfelder zu entschärfen oder entstandene Probleme zu lösen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.
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