Als vor 12.000 Jahren Sammler und Jäger durch die Wildnis streiften, lernten sie irgendwann, Früchte und andere Nahrung sicher verstaut zu transportieren: Zunächst drehten sie erste Tüten aus großen Blättern, später wurden auch Beutel aus Tierhaut sowie Tierhörner zur Verpackung genutzt. Amphoren waren die wichtigsten Transportbehältnisse der griechisch-römischen Antike. Die Behältnisse aus Ton fassten zwischen fünf und 100 Liter und waren zugleich die ersten Einwegverpackungen. Wein und Olivenöl, aber auch Fischsauce, eingelegte Früchte, Harz, Pech und Honig kamen wohlverpackt zur „Kundschaft“. Im Mittelalter machten die Kaufleute der Hanse das Fass zur universellen Verpackung für Waren aller Art und revolutionierten damit den Handel und das Transportwesen. Für Napoleon war die Erfindung der Konservendose Chefsache, sicherte sie doch die Versorgung seiner Truppen. Da war die Papierherstellung schon 2.000 Jahre alt. Angeblich entstammte die Inspiration aus China der Beobachtung von Wespen beim Nestbau. Fasern aus Hanf, Baumrinden und Seide wurden eingeweicht, dünn zu einem Blatt gepresst und getrocknet. Papier entwickelte sich weiter, wurde zu Pappe und Karton.
Auch wenn es viele Menschen gibt, die behaupten, die Natur konstruiere die besten Verpackungen, und auf Ei, Orange, Kokosnuss oder Banane verweisen, ist das Deutsche Verpackungsinstitut von der modernen Verpackung mehr als überzeugt: „Die Verpackung ist eine Erfolgsgeschichte. Menschen haben ohne elektrischen Strom, ohne fließendes Wasser oder das Rad gelebt und Kulturen entwickelt. Ohne Verpackungen waren sie nie“, ist das Institut überzeugt.
„Können auf Verpackung nicht verzichten“
„Verpackung ist kein Selbstzweck. Sie ermöglicht die sichere Versorgung der Bevölkerung mit allen Waren des täglichen Bedarfs. Verdirbt die Ware oder nimmt sie Schäden, weil wir uns die Verpackung sparen wollen, ist der ökologische, ökonomische und soziale Schaden also ungleich größer. Wir können auf Verpackung nicht verzichten“, ist Thomas Reiner überzeugt. „Fortschritte in Sachen Hygiene, medizinische Versorgung, wachsende Lebenserwartung, aber auch Wohlstand und Lebensfreude wären ohne die Verpackung nicht möglich“, steht für den früheren Vorstandsvorsitzenden des Instituts fest. Verpackung sei Hightech und höchst entwickeltes Industrieprodukt, ein unverzichtbarer Teil unserer Infrastruktur.
Die gesellschaftlichen Diskussionen zur Plastikverpackung werden auch vom Verband intensiv begleitet. Geschäftsführerin Kim Cheng beleuchtet die Herausforderungen der Branche: „Das neue Verpackungsgesetz, Diskussionen um eine europäische Steuer auf Kunststoff, der unerwünschte Eintrag von gebrauchten Verpackungen in die Natur oder die verstärkten Forderungen der Verbraucher nach nachhaltigen Lösungen stellen uns vor neue Herausforderungen, die wir ernst nehmen müssen.“
Weltweiter Markt wächst
Dabei geht Herausforderung einher mit Zuwachs: Der weltweite Markt für Verpackungen wird auf rund 565 Milliarden Dollar (512 Milliarden Euro) geschätzt. Die 5.000 Unternehmen der Verpackungsbranche erwirtschaften mit rund 500.000 Beschäftigten in Deutschland und Österreich eine Gesamtleistung von über 50 Milliarden Euro. Der Produktionswert legte um 4,3 Prozent zu. Wie in den Jahren zuvor generierten die Kunststoffverpackungen mit einem Anteil von rund 44 Prozent den größten Anteil am Produktionswert, mengenmäßig waren die Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe mit rund 48 Prozent die größte Packmittelfraktion.
2.200 Verpackungen pro Bürger
Bei der Produktion zeigt sich bei den Packmittelfraktionen ein geteiltes Bild: Den stärksten Zuwachs verzeichneten die Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton (+8,5 %), gefolgt von den Kunststoffverpackungen (+2,7 %) und den Glasverpackungen (+1,7%). Rückläufig war dagegen die Produktion bei den Metallverpackungen aus Stahl (–1,2 %) und Aluminium (–0,5 %).
Jeder einzelne Bundesbürger verbraucht 2.200 Verpackungen pro Jahr oder sechs Verpackungen pro Tag. Auf 17 Millionen Tonnen Kunststoff-, Papp- und Papierverpackungen kommen die Deutschen, Tendenz steigend. Das sind 218 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Und damit mehr als in jedem anderen EU-Land. Zum Vergleich: In Österreich sind es 150, in Schweden sogar nur 109 Kilogramm.
Info
Quote des Scheiterns
Jeder dritte Deutsche scheitert immer wieder beim Recycling.
„Trennen statt verbrennen können die dualen Systeme nur das, was vorher auch richtig vorsortiert eingesammelt wurde“, bringt dvi‐Geschäftsführerin Kim Cheng die Verbraucher ins Spiel. „Für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft in Deutschland brauchen wir Unterstützung“, erinnert sie an eine Studie, mit der das Deutsche Verpackungsinstitut das Recycling‐Know‐how der Bundesbürger im Hinblick auf Verpackungen untersuchte. „Die Ergebnisse waren ernüchternd“, so Kim Cheng. „Jeder dritte Deutsche scheitert immer wieder beim Recycling.“ Ein Grund seien falsche Vorurteile, z.B., dass am Ende ohnehin wieder zusammengeworfen und verbrannt wird, was vorher getrennt eingesammelt wurde. Gerade bei den 16‐ bis 34‐Jährigen wurden massive Informations‐ und Wissensdefizite festgestellt. Wie und wo gebrauchte Verpackungen gesammelt werden, ist vielen unklar. Die Quote des regelmäßigen Scheiterns beim Recycling ist in dieser Altersgruppe auch deshalb mit knapp 45 Prozent besonders hoch.
„Verantwortungsvoll handeln“
Gesellschaft beobachtet immer kritischer.
„Die Themen Verpackungen, Recyclingfähigkeit und Entsorgung sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen und werden zunehmend kritisch gesehen. Umso wichtiger ist es, darauf hinzuweisen, dass eine sichere und zuverlässige Versorgung der Menschen mit allen denkbaren Gütern des täglichen Bedarfs ohne Verpackungen nicht denkbar wäre. Verpackungen tragen maßgeblich dazu bei, Lebensmittelverschwendung zu verhindern, indem sie Lebensmittel haltbar und lagerfähig machen“, sagt Johann Overath, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Glasindustrie und Sprecher im Gemeinschaftsausschuss Deutscher Verpackungshersteller (GADV). Nicht nur das neue Verpackungsgesetz, das Anfang 2019 in Kraft getreten ist, fordere die Verpackungsbranche, sich mit der Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit ihrer Produkte auseinanderzusetzen. Auch immer mehr Endverbraucher legen Wert auf umweltfreundlichen und nachhaltigen Konsum, sodass die Verpackungsindustrie aktuelle Verbrauchertrends wie Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein, Regionalität, Nachhaltigkeit sowie das steigende Engagement gegen Lebensmittelverschwendung bedienen muss. „Der Verpackungsmarkt in Deutschland unterliegt klaren Bestimmungen, auch was die Entsorgung angeht“, betont Overath. „Wenn alle Akteure – vom Hersteller bis zum Verbraucher – verantwortungsbewusst handeln, kann das Potenzial von Verpackungen auch bei der Wiederverwertung oder dem Recycling optimal genutzt werden.“
Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de
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