Düsseldorf, das ist die Landeshauptstadt, der Flughafen, die Königsallee. Düsseldorf ist aber mehr als der exklusivste Kilometer Deutschlands, auf dem sich das „who’s who“ der Modebranche drängt. Preisgekrönte Designer arbeiten hier, die Großen der Werbeszene sitzen in Düsseldorf, die Kunstakademie genießt Weltruhm. Die Bedeutung der Medienbranche findet ihren Ausdruck im Medien-Hafen, der Wirtschaftsraum gehört in den Bereichen organische Chemie und Farbstoffe zu den forschungsintensivsten Standorten in Deutschland und ist Spitzenreiter bei Patentanmeldungen.
Düsseldorf ist aber auch mit 2.140 Großhandelsbetrieben, 4.100 Einzelhandelsbetrieben und einer Verkaufsfläche von 800.000 Quadratmetern eines der bedeutendsten deutschen Handelszentren mit den nationalen und internationalen Flaggschiffen. Egal ob Stahlverarbeitung, Maschinen- und Anlagentechnik, Konsumgüterproduktion, Zulieferer, Logistik und Infrastrukturdienstleistungen – in fast allen am Standort vertretenen Branchen finden sich Unternehmen, die mit ihren Produkten die globalen Märkte bedienen. Düsseldorf ist auch Karnevalshochburg und Heimat von „Ähzesupp“ (Erbsensuppe) und Altbier, „Killepitsch“ und Löwensenf. Diese Kombination von hervorragenden Standorteigenschaften, gepaart mit dem Düsseldorfer Flair und Lifestyle macht die Stadt besonders attraktiv.
Der heutige Status ist hart erarbeitet und nicht selbstverständlich, wenngleich die Stadtrechte mehr als 700 Jahre alt sind: Auch zu Zeiten von Grafen und Herzögen, Kurfürsten und napoleonische Großherzogtums-Hauptstadt blieb Düsseldorf die kleine Handels- und Stiftsstadt, bevor im 19. Jahrhundert der beispiellose Aufschwung begann. Mit der Eisenbahn kam die Industrie. Parallel zur gewerblichen Entwicklung explodierte die Bevölkerungszahl. 1840 lebten 35.000 Menschen in der Stadt, 60 Jahre später wurden 200.000 Einwohner gezählt, 1914 zu Beginn des Ersten Weltkrieges, bot Düsseldorf 400.000 Menschen Quartier.
Altbier und Löwensenf
Dass die Zeit dieses Wandels für Stadt und Bürger nicht einfach gewesen ist, lässt sich auch mit Wirtschaftsdaten untermauern: Die Gründung der Düsseldorfer Wohnungsgenossenschaft (1898) der Beamten-Wohnungs-Baugenossenschaft und des Eisenbahner-Bauvereins (1900) sind Beleg für Expansion, aber auch für Wohnungsnot. Natürlich stehen diese Gründungen nicht am Anfang der Düsseldorfer Wirtschaftsgeschichte: 1726 ist hier die erste deutsche Senffabrik verbürgt, bereits 1640 ist an der Ratinger Straße eine Brauerei als „beliebter Treffpunkt für allerlei Bürgersleut“, dokumentiert. Essen und Trinken geht immer, und so kann auch das Bierhaus der Familie Meuser auf lange Tradition zurückblicken.1850 ersteigerte Franz-Wilhelm Meuser Haus und Inventar, belebte den Ausschank und gründete eine Bäckerei. Die Nachfahren kreierten den berühmten Speckpfannekuchen, der auch heute noch die Speisekarte ziert. Die Brauerei Ferdinand Schumacher steht für bestes Altbier. Bierbrauer Joh. Matthias Schumacher ließ sich 1831 die Brauerei „Im Sonnenaufgang“ in der Altstadt den damals stolzen Betrag von 1.702 Thaler, 13 Groschen und 6 Pfennige kosten. Peter Busch gründete 1858 eine Likörfabrik, die heute für „Killepitsch“ steht: Der Halbbitter ist ein Nachkriegsprodukt, Liköre entstehen aber schon in vierter Generation. Heinrich Frankenheim gründete 1873 die Privatbrauerei Frankenheim und schuf eine der beliebtesten Brauspezialitäten des Rheinlandes. Schließlich wird an der Ratinger Straße seit 1848 Füchschen Alt gebraut. Gustaf Gründgens nahm hier sein Bierchen ebenso wie Konzernchef Flick oder Josef Beuys. Bleibt ein weiterer Gaumenkitzel: Metz in Lothringen ist die Heimat der 1903 von Otto und Frieda Frenzel gegründeten Essig- und Senffabrik, heute Ursprung des Schärfsten, was Düsseldorf zu bieten hat: der Löwensenf entsteht seit 1920 am Rhein.
Bagel und
der „Kleine Prinz“
Viel länger hat „Bagel“ in Düsseldorf die Nase vorn. Auch wenn Johann Bagel seine kleine Buchbinderei zunächst in Wesel gründete, ist das Gründerjahr 1801 nicht zu übertreffen. Schulbücher, Landkarten und Bilderbücher standen einst im Portfolio. Von Düsseldorf aus wird heute der Tiefdruck und Rollenoffsetdruck gesteuert, Etiketten und Verpackungen für die Getränke- und Lebensmittelindustrie entstehen an vier Standorten. In siebter Generation familiengeführt, bilden die Druckereien das Herzstück der Unternehmensgruppe Bagel, doch ist die Gruppe auch im Verlagswesen mit dem Karl Rauch Verlag aktiv, der sich mit dem „Kleinen Prinzen“ einen Namen gemacht hat. Mit Ida Bagel leitet übrigens erstmals eine Frau die Geschäfte von Düsseldorf ältestem Unternehmen.
Die sind an der Börse seltener zu finden: Getreidehandel hat es im Rheinland immer gegeben, den Getreidemarkt gibt es seit 1841, aus ihm entstand 1853 die Zentralhandelsbörse. 1884 erhielt sie eine Börsenordnung und damit amtlichen Charakter. Das Amt des Regierungskommissars bekleidete der Bankier Christian Trinkaus als Vorsitzender der Börse, die später den Charakter der Produktbörse verlor und sich zur reinen Montanbörse mit Umsätzen in Kohle (bis zu 30 Kohlesorten), Erze, Stahl und Eisen entwickelte.
Rheinmetall und Henkel
Stahl und Eisen sind auch die Materialien, mit denen die Rheinmetall AG ihre Firmenhistorie begründete und sich vom Munitions- und Geschützfabrikanten in der Kaiserzeit zum weltweit anerkannten Technologiekonzern entwickelte und heute für Spitzentechnologie in der Verteidigungs- und Automobiltechnik steht. 34 Standorte in Deutschland, 10.500 und weltweit rund 25.000 Mitarbeiter unterstreichen die Bedeutung. Am 13. April 1889 wurde der Gesellschaftervertrag der „Rheinischen Metallwaaren- und Maschinenfabrik Actiengesellschaft“ unterzeichnet, am 3. September 1889 nahm das junge Unternehmen an der Talstraße im Stadtteil Bilk die Produktion von Munition auf, die für das damalige Reichskommissionsgewehr 88 der Spandauer Gewehrfabrik benötigt wurde.
Auf ganz andere Produkte setzt die Firma Dresjan & Schier von 1889 bis heute. In der Roßstraße fertigte nach seinem aktiven Dienst als Ulan, der Civil und Militärschuhmacher Josef Dresjan Stiefel für die Offiziere des Kaisers. Längst hat sich das Unternehmen zu einem einzigartigen Fachgeschäft mit Orthopädie-Werkstatt entwickelt.
Entwicklung, aber wohl auch Kontinuität stehen für Henkel: 1876 gründete der 28-jährige Kaufmann Fritz Henkel mit zwei Geschäftspartnern die Firma Henkel & Cie zur Herstellung von Pulver-Waschmitteln in Aachen. Zwei Jahre später entschied sich Henkel, den Sitz nach Düsseldorf zu verlagern. 1907 wurde Persil auf den Markt gebracht, das erste selbsttätige Waschmittel der Welt, benannt nach zwei wichtigen Bestandteilen: Perborat und Silikat. Dieses neuartige Produkt erleichterte die mühselige Wascharbeit per Hand. Aus der kleinen Firma entstand der globale Konzern mit heute weltweit rund 50.000 Mitarbeitern. Persil ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Jahrhundertprodukt. 109 Jahre nach der Marktreife gilt das Waschmittel immer noch als eines der wichtigsten Artikel im Henkel-Portfolio und ist die größte Marke im Unternehmensbereich Laundry & Home Care. Nach Firmenangaben werden pro Jahr in Deutschland von sieben Milliarden Maschinen Wäsche rund 1,6 Milliarden Waschladungen mit Persil gewaschen.
1927 wurde der Düsseldorfer Flughafen eröffnet, der im ersten Jahr 900 Starts und Landungen sowie 1.620 Fluggäste bilanzierte. Heute ist der Düsseldorfer Airport mit 22,5 Millionen Passagieren der größte Flughafen Nordrhein-Westfalens 70 Fluggesellschaften starten von hier zu über 200 Zielen weltweit. Wohnungsbau-Gesellschaften (LEG/1930) und Versicherungskonzerne (ARAG/1935), Handwerksunternehmen und Industriespezialisten wurden in den 30-und frühen 40er Jahren gegründet, in den Kriegsjahren gingen Gründungsaktivitäten deutlich zurück. Die Gründungseuphorie der „Wirtschaftswunderjahre“ und die sich daraus entwickelnden Unternehmensgeschichten in Düsseldorf beleuchten wir in unserer nächsten Ausgabe.
Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de
Teilen: