Management

Welches System ist das richtige?

Ein gutes CRM-System ist wichtig. Doch die Wahl der richtigen Software will gut überlegt sein.

Avatar
von Regiomanager 01.03.2016
Foto: © tashatuvango – stock.adobe.com

Professor Andreas Schmidt wählt die fiktive Firma Meyer, um ein komplexes Thema zu veranschaulichen. Man stelle sich einen familiengeführten Handwerksbetrieb vor. Während Herr Meyer permanent mit seinen Mitarbeitern unterwegs ist, kümmert sich seine Frau um die Verwaltung. Kürzlich wurde das 20. Firmenjubiläum gefeiert, die Ablagesysteme und die Pflege der Kontaktdaten haben sich seit der Betriebsgründung nicht wesentlich geändert. Sogar Karteikarten gibt es noch. Doch die damit verbundenen Schwierigkeiten treten immer deutlicher zutage. Beispiel: Die Meyers wollen eine Hausmesse veranstalten. Eingeladen werden sollen nicht nur Kunden, deren Namen und Adressen auf Karteikarten stehen, sondern auch Interessenten, die sich in den vergangenen Wochen im Betrieb gemeldet haben – hierüber gibt es lediglich schriftliche Notizen. Ein strukturiertes Vorgehen scheint unter diesen Voraussetzungen unmöglich. Frau Meyer steht kurz vor der Verzweiflung und befragt in ihrer Not das Internet. Ihre Recherchen ergeben, dass es unter anderem Softwaresysteme für das Managen von Kampagnen und Serienbriefen gibt. Ein Begriff taucht immer wieder auf dem Bildschirm auf: Customer-Relationship-Management, kurz CRM. Die deutsche Übersetzung lautet Kundenbeziehungsmanagement. „Bingo“, denkt Frau Meyer. „Jetzt brauchen wir also nur noch das passende System.“ Doch das ist leichter gesagt als getan.
Auch wenn dies sicherlich ein extremes Beispiel ist, stößt Professor Schmidt auch bei größeren Unternehmen immer wieder auf große Wissenslücken und falsche Vorstellungen, wenn es um CRM und die entsprechenden Systeme geht. Dabei kommt jeder Erwachsene nahezu täglich mit CRM-Systemen in Kontakt. Dafür genügt ein Anruf beim Mobilfunk-Anbieter oder der Krankenversicherung. „Bestimmte Software kann Rufnummern erkennen und dem Service-Mitarbeiter sämtliche Infos über den Kunden auf den Bildschirm holen. Man muss es also nur ein paarmal läuten lassen und weiß über den Anrufer Bescheid. Am anderen Ende der Leitung freut sich der Kunde, dass er mit Namen angesprochen wird und – im Idealfall – nicht so lange braucht, um sein Anliegen verständlich zu machen“, erklärt Professor Schmidt die Win-win-Situation. „CRM ist eine Strategie, die das gesamte Unternehmen auf den Kunden und die Kundenzufriedenheit ausrichtet. Die CRM-Software leistet hierbei Unterstützung. Sie ist ein Bestandteil von CRM – nicht mehr, aber auch nicht weniger.“

Beratung empfohlen

Der promovierte Wirtschafts-Ingenieur ist ein  ausgewiesener Fachmann in diesem Bereich. Er lehrt und forscht an der Hochschule Osnabrück und berät als Vertreter des Kompetenzzentrums CRM kleine und mittelständische Unternehmen. Momentan schreibt er ein Buch mit dem Titel „Wissenszentrierte CRM-Strategien: Daten – Information – Wissen“. Auch ein CRM-Leitfaden für KMUs entstand unter seiner Mitwirkung. In diesem findet sich auch das Beispiel von Frau Meyer wieder. Seine Erkenntnis aus Jahren der intensiven Beschäftigung mit diesem Themenkomplex: „Ohne Beratung geht es nicht.“ CRM-Systeme seien nicht so einfach in den laufenden Betrieb zu integrieren wie beispielsweise Text-Programme, etwa Word. „Die sind schnell installiert, und man kann sofort problemlos einen Brief verfassen.“ Im Falle eines CRM-Systems aber seien Überlegungen im Vorfeld, Begleitung während der Installation sowie Schulungen der Mitarbeiter notwendig, wenn sich die Investition auszahlen soll.
Schon allein die Auswahl eines Anbieters ist eine Sache für sich. „CRM-Systeme gibt es viele, unter anderem von Microsoft und SAP“, so der Experte. „Oracle vertreibt eine cloud-basierte Anwendung.“ Beispiele für Open-Source-Modelle seien SugarCRM oder vtiger. „Natürlich hat die Software namhafter Anbieter ihren Preis, aber auch bei Open-Source ist nicht alles umsonst“, warnt Professor Schmidt. Denn: „Oft ist nur das Basismodell gratis zu haben, die oft notwendigen Anpassungen sind dann kostenpflichtig.“ Viele Nutzer unterschätzten das Customizing, also zum Beispiel das Anpassen der Bildschirmmasken und das Einpflegen der Stammdaten. Empfehlungen oder gar ein Ranking in Sachen CRM-Systeme will Professor Schmidt nicht abgeben. „Meiner Meinung nach gibt es dabei kein richtig oder falsch.“ Vielmehr müsse jeder Fall individuell betrachtet werden. „Natürlich steht außer Frage, dass ein großer Mittelständler ab tausend Mitarbeitern aufwärts normalerweise andere Komponenten benötigt als ein Zehn-Mann-Betrieb.“ Vor der Entscheidung für Produkt A, B oder C stehe daher zwingend die Frage: „Welches System passt zu mir?“

Mitarbeiter ins Boot holen

Wie bereits erwähnt, misst der Hochschuldozent einer sorgfältigen Vorbereitung größten Wert bei. „Ausgehend von einer unternehmensindividuell zugeschnittenen CRM-Strategie werden die CRM- relevanten Prozesse analysiert und optimiert. Auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnittene IT-Systeme ermöglichen schließlich eine ganzheitliche Rundumsicht auf die Kunden. Das Top-Down-Vorgehen im CRM-Dreisprung – zuerst die Strategie, dann die Prozesse, an dritter Stelle die IT-Systeme – sichert Unternehmen eine nutzenstiftende und wirtschaftlich abgesicherte Zukunftsinvestition in die Erhöhung von Kundenwerten und Kundenzufriedenheit.“ Ein „Knackpunkt“ bei der Einführung eines strukturierten Kundenbeziehungsmanagements seien naturgemäß die Mitarbeiter. Sie könnten gar nicht früh genug ins Boot geholt werden und sollten auch an der Wahl der Software beteiligt sein. „Besonders im Vertrieb kommt es häufig vor, dass jeder Mitarbeiter sein eigenes System hat, mit dem er seine Kundendaten pflegt“, berichtet der Unternehmensberater. Ein typisches Beispiel seien Excel-Tabellen. Und vieles habe man schlicht „im Kopf“. Das Problem dabei ist die mangelnde Transparenz. Nach dem Motto „Mein Wissen ist mein Wissen ist mein Wissen“ würden Daten nur ungern allen Kollegen zur Verfügung gestellt. Andreas Schmidt spricht in diesem Zusammenhang von vielen „Schattensystemen“ in Unternehmen. Ein gut gepflegtes CRM-System bündelt diese Daten und macht sie auf ökonomisch sinnvolle Weise nutzbar.
Grundsätzlich könne er die Einführung einer solchen Software nur empfehlen. „Negative Rückmeldungen bekomme ich immer nur dann, wenn an Personal und Schulungen gespart wurde.“

Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

Teilen:

Fotostrecke

Foto: © tashatuvango – stock.adobe.com

Newsletter abonnieren

Newsletter abonnieren und Brancheninfos erhalten

Datenschutz*