In der Kommunikationsbranche wird nicht selten ein geflügeltes Wort von Henry Ford zitiert, wonach 50 Prozent der Werbeausgaben eines Unternehmens völlig unnötig sind. Unklar sei nur, welche Hälfte das ist! Da lässt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Econ) in Berlin aufhorchen, derzufolge erstmals die ökonomische Bedeutung der Werbung empirisch belegt werden konnte. Im Auftrag des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen (GWA) ermittelten die Forscher, dass Werbung volkswirtschaftlich gesehen das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand fördere, Innovationen realisiere und positiv mit der Qualität von Produkten verknüpft sei. Konkret bezog sich die Analyse auf das Jahr 2016, bei dem der ZWA von einem Anstieg der Werbeinvestitionen um 2,5 Prozent ausging. Dies führte zu einem Wachstum von 1,52 Milliarden Euro zum prognostizierten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für 2016. Die Kernaussagen der Studienergebnisse unterstreichen, dass sich steigende Werbeausgaben signifikant positiv auf die Entwicklung des BIP auswirken. So mache sich ein Anstieg der Werbeausgaben um ein Prozent mit einem Wachstumsimpuls beim BIP von rund 0,02 Prozentpunkten bemerkbar. Außerdem würden Werbeinvestitionen von Unternehmen auch ihrer Innovationstätigkeit guttun: „Der Markterfolg von Produktinnovationen wird signifikant positiv von der Höhe der Werbeaufwendungen beeinflusst. Ohne Werbung werden Forschung und Entwicklung ausgebremst“, wird in besagter Studie das MIP (Mannheimer Innovationspanel) zitiert. Schließlich wird ein direkter Zusammenhang zwischen Werbeintensität und Produktqualität hergestellt. „Hochwertige Produkte lassen sich durch Werbung von Konkurrenzprodukten abgrenzen. Die Werbeintensität ist dabei ein Signal für Produktqualität.“
Strategie und Kommunikations-Mix
So vielfältig sich Werbung und Kommunikation als Branche also auch präsentieren, so sicher kann man Henry Fords augenzwinkernde Befürchtung als widerlegt ansehen. Werbung ist nur dann unnötig, wenn sie schlecht gemacht ist oder, um es ein wenig drastischer auszudrücken: „Wer nicht wirbt, der stirbt.“ Kein Unternehmen kann es sich heute im multimedial ausgetragenen Wettstreit um die Aufmerksamkeit der gewünschten Zielgruppen langfristig leisten, nicht die Kanäle Life-Kommunikation (Messen, Veranstaltungen, Incentives et cetera), Print-Kommunikation (Broschüren, Magazine oder Plakate) sowie Online-Kommunikation (Website, Newsletter, Social Media et cetera) zu bedienen. Der richtige Kommunikations-Mix ist dabei stark von der Branche, der Strategie und der Zielsetzung abhängig. Persönliche Affinitäten spielen selbstverständlich bei stark emotionalisierenden Werbebotschaften auch eine wichtige Rolle. Als wachstumsstärkster Arbeitsbereich stechen im Kommunikations-Mix die neuen Medien, Multimedia, Online-Marketing und E-Commerce heraus. Bei 36 Prozent der befragten Agenturen waren dies die am stärksten wachsenden Bereiche und bei weiteren 13 Prozent die Aufgaben mit dem zweitstärksten Wachstum. Markenführung/Branding sowie die klassische Werbung folgten auf den weiteren Plätzen. Kreativität, Flexibilität und steigende Umsätze sind dabei die Maxime der größten Kommunikationsagenturen Deutschlands. Sie werden vom GWA vertreten, der für das Jahr 2017 von einem Umsatzplus von 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr spricht. Im „Frühjahrsmonitor 2017“ des Verbandes (der für das Jahr 2018 erscheint voraussichtlich im März) werden auch die Branchen mit den größten Werbeausgaben genannt: Nahrungs- und Genussmittel liegen im Ranking mit 31,1 Prozent an der Spitze, gefolgt von der Automotive-Branche mit 30,1 Prozent, Pharma/Health Care mit 24,1 Prozent und den Banken, Finanzdienstleistern sowie Versicherungen mit 23 Prozent Anteil am Werbekuchen. Der sonstige Einzelhandel belegt mit 18 Prozent Rang 5 im Branchenvergleich. Erstmals wurde in diesem Branchenmonitor spartenübergreifend ermittelt, wie stark Kampagnen für innovative Produkte und Dienstleistungen durchgeführt wurden, die nicht länger als drei Jahre am Markt waren. Mit einem Anteil von 22,7 Prozent stützt diese Aussage auch die eingangs beschriebenen empirischen Ergebnisse der Studie zur ökonomischen Bedeutung der Werbung.
Sehr gute Work-Life-Balance
Wurde die Arbeit in Werbeagenturen früher oft mit Überstunden und Terminstress in Verbindung gebracht, spricht der GWA in einer aktuellen Befragung zur Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter in Agenturen von beinahe vorbildlichen Zuständen. „Fast 70 Prozent (der rund 400 Befragungsteilnehmer aus großen Agenturen) beurteilen ihre Work-Life-Balance als sehr gut bis befriedigend.“ Der Großteil der Mitarbeiterschaft war in der Befragung nach wie vor weiblich, auch wenn sich der Männeranteil leicht auf 40 Prozent erhöht hat. In Führungspositionen sank der Frauenanteil jedoch im Vergleich zur letzten Untersuchung 2014 auf nur noch 8,5 Prozent, während 23,1 Prozent der befragten Männer angaben, in einer leitenden Funktion zu sein. Der Altersdurchschnitt lag bei 35,8 Jahren. GWA-Geschäftsführer Dr. Ralf Nöcker unterstreicht: „Das Klischee schlechter Arbeitsbedingungen in Agenturen wurde mit dieser Untersuchung widerlegt. 85 Prozent der Agenturmitarbeiter beurteilen ihre derzeitige Tätigkeit als sehr gut bis befriedigend, 60 Prozent als sehr gut oder gut.“ Auch bei Trainees, Praktikanten und Azubis ist die Zufriedenheit mit der Agentur-Arbeit im Vergleich zu 2014 deutlich gestiegen. Doch wie sieht bei so viel interner Zufriedenheit das Verhältnis zwischen Agentur und Kunden aus? Der GWA analysierte in einer Studie die „Agentur-Kunden-Beziehungen von morgen“ und kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass 87 Prozent der Agenturen und 83 Prozent der Unternehmensvertreter ihre Beziehungen im Rückblick der letzten drei bis fünf Jahre als positiv bewerteten. Hingegen fiel der positive Ausblick in die Zukunft mit 50 Prozent bei den Agenturen und 60 Prozent bei den Kunden deutlich nüchterner aus. Ein Think-Tank führte zur Analyse der Zukunftserwartungen mit konfliktreichen Spannungserwartungen: „Die Skepsis mit Blick auf die Zukunft hat sehr viel mit der zunehmenden Komplexität der Marketing-Kommunikation und weniger mit erwarteten Qualitätseinbußen seitens der Agenturen zu tun. Agenturen, die neben kreativer Exzellenz auch strategisch und prozessual führen können, sind im Vorteil“, schlussfolgert der GWA.
Agentur-Kunden-Beziehungen
Einigkeit herrscht zwischen Agenturen und ihren Kunden darin, dass der Preis- und Effizienzdruck weiter zunimmt. Dies ist aber nur bedingt ausschlaggebend auf die Lebensdauer der Beziehungen. 58 Prozent der Agentur- und 51 Prozent der Kundenvertreter erwarten laut GWA kurzfristige Beziehungen. Hingegen ist eine beachtliche Zahl der Befragten der Meinung, dass die Agentur-Kunden-Beziehung eine Chance auf eine längerfristige Partnerschaft haben sollte. Dr. Ralf Nöcker: „Für erfolgreiche Agentur-Kunden-Beziehungen in der Zukunft lassen sich drei Gestaltungsempfehlungen zusammenfassen: eine klare Positionierung der Agentur in ihrer täglichen Rolle mit den jeweiligen Kunden, eine Steigerung der Beratungskompetenz und eine weitere Professionalisierung in den Arbeitsprozessen, nicht nur um kosteneffizienter, sondern auch schneller die eigenen PS auf die Straße zu bringen.“ Emrich Welsing | redaktion@regiomanager.de
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