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Exchange Traded Funds (ETF): Passiv heißt nicht langweilig

ETF erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Kein Wunder: Die passiv gemanagten, börsengehandelten Indexfonds kosten wenig und erzielen oft gute Renditen. Alleskönner sind sie aber nicht.

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von Regiomanager 02.03.2020
Passiv gemanagte Portfolios – der Begriff klingt so, als könnte bei dieser Form der Geldanlage nun wirklich nicht viel rauskommen. Das ist stimmt aber nicht. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall. (Foto: © iQoncept – stock.adobe.com)

Einfach, transparent, flexibel – diese drei Begriffe verbergen sich hinter der Abkürzung ETF. Das behaupten zumindest scherzhaft Anleger, die auf das hierzulande noch recht junge Instrument der Geldanlage schwören. In Wirklichkeit stehen die Buchstaben für Exchange Traded Funds, zu Deutsch ‚börsengehandelte Indexfonds‘. Die Zahl der Anleger, die ihre Depots mit ETF bestücken, steigt nicht nur in den USA, dem Heimatmarkt dieser Papiere. Auch in Europa setzen professionelle Investoren, in jüngster Vergangenheit zudem Privatanleger, immer stärker auf die passiv gemanagten Fonds. In Deutschland hat das Volumen, das hierzulande monatlich über Sparpläne in ETF fließt, im Januar 2020 erstmals die Marke von 200 Millionen Euro überschritten, wie eine Erhebung von „ExtraETF-Research“ bei zehn Banken und Online-Brokern zeigt.
Dass die Papiere bei privaten Investoren zunehmend Anklang finden, überrascht nicht: ETF erlauben auch Anlegern mit kleineren Vermögen eine breite Risikostreuung, wobei die Wertentwicklung der Fonds sehr leicht nachzuvollziehen ist. Zudem kosten die Papiere weniger als klassische Fonds und sind gut handelbar. Wer sich für diese Anlageinstrumente interessiert, sollte die Produkte allerdings genau prüfen. Denn längst nicht jeder Fonds ist für Privatanleger geeignet und trotz aller Vorzüge haben auch ETF ihre Minuspunkte.

So funktionieren ETF

Die Funktionsweise von ETF ist einfach: Ein Fonds-Manager bildet einen Index, zum Beispiel den deutschen Leitindex Dax, nach. Dafür kauft er alle 30 im deutschen Leitindex notierten Aktien und gewichtet die einzelnen Positionen in der Stärke, wie sie auch im Dax vertreten sind. Danach ändert er am Mix der Papiere nichts mehr. Lediglich wenn einzelne Titel im Dax neu gewichtet werden, wird die Zusammensetzung angepasst. Da der ETF nach dem Aufbau nicht mehr verändert wird, der Fondsmanager also keine aktiven Anlageentscheidungen mehr trifft, ist von passiv gemanagten Portfolios die Rede. Anders als viele aktiv gemanagten Fonds haben ETF auch keine Benchmark, die es zu schlagen gilt. Das bedeutet, es gibt keinen Investment-Profi, der versucht, die ihm anvertrauten Kundengelder so anzulegen, dass sein Fonds eine bessere Performance erzielt als ein bestimmter Vergleichsindex.
Für Anleger bringen ETF mehrere Vorteile. Zum einen können Privatinvestoren auch mit geringen Anlagesummen ihr Risiko breit streuen. Wer sich etwa mit dem Erwerb sämtlicher Dax-30-Titel selbst ein Portfolio zusammenstellen wollte, das einem Dax-ETF gleicht, müsste schon ein stattliches Vermögen einsetzen, um eine ähnliche Risikoverteilung zu erreichen. Der Grund: Banken nehmen für den Kauf und Verkauf von Aktien sowie für die Verwaltung des Depots natürlich Gebühren. Ein Anleger, der zum Beispiel 50.000 Euro zur Verfügung hat, könnte mit dem Kauf einzelner Dax-Titel daher kaum die Risikostreuung erzielen, die ein entsprechendes ETF bietet.

Sehr liquide

Ein weiterer Pluspunkt von börsengehandelten Indexfonds ist ihre Transparenz. Die Wertentwicklung ist leicht nachvollziehbar: Steigt der Index, steigt der ETF; genauso funktioniert es in Richtung abwärts. Bei aktiv gemanagten Fonds, bei denen ein Investment-Profi Wertpapiere je nach Kurs zukauft oder abstößt, ist die Entwicklung des Portfolios für den Anleger nicht so transparent. Zudem sind Papiere auf gängige Indizes wie den Dax, den Euro Stoxx oder den Dow Jones sehr liquide. Liquide heißt in der Sprache der Börsianer, dass es für ein Wertpapier einen großen Markt gibt, der es Anlegern ermöglicht, beim Kauf oder Verkauf gute Preise zu erzielen. ETF können über Direktbanken und Broker sogar im Minutentakt gehandelt werden. Nicht zuletzt sind Exchange Traded Funds echte Kostenschlager. Weil sie nahezu automatisch laufen, sind sie sehr günstig, was die Rendite richtig aufmöbelt.
Einfach und transparent – das mag für sogenannte „physisch replizierende ETF“ gelten, für börsengehandelte Indexfonds also, die die Papiere des ausgewiesenen Indexes auch tatsächlich im Portfolio halten. Schwieriger zu durchblicken sind sogenannte synthetische ETF. Dabei arbeitet ein Fondsmanager mit einem oder mehreren Partnern – zumeist Investmentbanken – zusammen. In diesem Fall bildet nicht der Fonds, sondern die Bank den Index wirklich nach. Die Wertentwicklung liefert sie im Tauschgeschäft, auch Swap-Geschäft genannt, gegen eine gewisse Gebühr an den Fondsmanager. Dieser reicht sie an die Anleger weiter.
Solche Swap-ETF sind am Markt immer häufiger zu finden. Ursprünglich wurden sie aufgelegt, um Anlageklassen oder Märkte abzubilden, die für Anleger nicht oder nur schwer zugänglich waren. Inzwischen gibt es die abenteuerlichsten Zusammensetzungen. Selbstverständlich ist es auch möglich, über entsprechende Derivate in den Fonds auf fallende Kurse zu setzen. Exoten-ETF sollten unerfahrene Privatanleger allerdings lieber den Profis überlassen. Besser ist es, sich einen ausgewogenen Mix an passiv gemanagten Fonds ins Depot zu legen, um das Risiko noch breiter zu streuen.

Nachteile nicht übersehen

Anleger sollten aber trotz der Beliebtheit, derer sich passiv gemanagte Portfolios derzeit erfreuen, nicht die Nachteile übersehen, die sie mit sich bringen können. Da ETF günstig und äußerst liquide sind, investieren Anleger oft nur für kurze Zeit in solche Fonds. Dabei orientieren sich gerade Profis meist mehr an der jüngsten Performance der Papiere und weniger an den Fundamentaldaten, also etwa den tatsächlichen Kennzahlen der im Fonds vertretenen Unternehmen. Sinkt dann die Performance eines ETF und wird das Papier im großen Stil abgestoßen, kann dies die Kurse der im Fonds gehaltenen Papiere nach unten drücken – damit also den gesamten zugrundeliegenden Index.
Ein zweiter Minuspunkt: Mit einem ETF wählt ein Fondsmanager nicht gezielt nach bestimmten Kriterien Einzeltitel aus. Stattdessen kauft er sozusagen „den Markt“. Ob sich in dem nachgebildeten Index etwa auch die Papiere von Unternehmen finden, die in einer Krise stecken, keine Gewinne erwirtschaften oder andere Probleme haben, spielt keine Rolle. Ist ein solches Unternehmen in vielen Indizes vertreten, fließt über entsprechende ETF-Käufe viel Geld in die Papiere der Firma. Das treibt den Preis in die Höhe, selbst wenn sich der Emittent in keiner guten Situation befindet. Anleger sollten überlegen, ob sie solche Verzerrungen im Depot haben möchten oder nicht.
Und nicht zuletzt: Natürlich haben zahlreiche Studien, auch die von Wirtschaftsnobelpreisträgern wie Eugene Fama, immer wieder gezeigt, dass es kaum einem Fondsmanager gelingt, auf Dauer die Indizes dieser Welt wie den S&P 500 oder den MCSI World zu übertreffen. Andererseits glückt es den Investment-Profis zuweilen über viele Jahre hinweg mit einer klugen Strategie aber doch. Und eines steht fest: Solange es mit den Börsen immer schön aufwärtsgeht, profitieren Anleger von günstigen, passiv gemanagten Fonds. Dafür nehmen sie aber auch ganz klar jeden Rücksetzer mit, wie zuletzt 2018, als der Dax zwischen Januar und Mitte Dezember 2.000 Punkte verlor – und der Wert aller 30 im deutschen Leitindex gelisteten Unternehmen um 300 Milliarden absackte. Pech für alle Inhaber eines Dax-ETF – und gar nicht einfach und flexibel. Andrea Martens |
redaktion@regiomanager.de

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