Management

Events : „Wir stehen nicht im Rampenlicht, wir machen es.“

Pandemie und Energiekrise haben den Eventmarkt vor viele Herausforderungen gestellt. Wie geht es weiter mit einer Branche, die bis vor Kurzem noch nicht viel über sich selbst wusste?

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von Regiomanager 05.01.2023
(© ­­­Aliaksei − stock.adobe.com)

Was den wenigsten klar ist: Es sind nicht die Volksfeste, Konzerte und Theateraufführungen, die das Gros der Eventbranche ausmachen. „Fast 90 Prozent der gesamten Wertschöpfung der Veranstaltungswirtschaft entstehen im wirtschaftsbezogenen Bereich, bei Messen, Vertriebstagungen, Produktpräsentationen oder Kongressen“, erklärt Alexander Ostermaier. Der Geschäftsführer von fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft spricht über die aktuellen Herausforderungen der über 243.000 Unternehmen der Branche.
Dass die Veranstaltungsbranche ein sehr relevanter Wirtschaftszweig ist, war vor Corona noch nicht wirklich bekannt. „Wir haben uns vor der Pandemie wenig mit uns selbst beschäftigt als Branche. Es gab keine Branchendaten und keine politische Lobby. Deshalb mussten wir selbst Studien aufsetzen, um valide Daten über uns zu bekommen. Diese sollen uns jetzt den Rücken stärken und vor allem unsere Interessen vor den Vertretern der Politik durchsetzen“, berichtet Ostermaier. „In der Eventbranche arbeiten 1,1 Millionen Menschen, wir sind mit einer Wertschöpfung von 81 Milliarden Euro jährlich der sechstgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland.“ Das hat eine Studie ergeben, die die Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft im August 2021 veröffentlicht hat. „Diese Relevanz war weder uns vorher bewusst noch der Öffentlichkeit und vor allem nicht unseren politischen Ansprechpartnern“, so der Branchenvertreter. Doch woran liegt das? „Die Branche ist sehr kleinteilig und wenig bekannt. Wir sind ja nicht die, die im Rampenlicht stehen, wir machen es.“ Die Untersuchung hat weiterhin gezeigt, dass es sehr viele kleine Firmen gibt und viele Selbstständige. Das durchschnittliche Unternehmen der Eventbranche hat sechs bis acht Mitarbeiter*innen.

Verdichtung auf 8 Monate

„Der Restart der Events hat uns im April voll erwischt. Nach zwei Jahren Pandemie stand die Veranstaltungswirtschaft zunächst vor einer ‚Auftragswand‘, doch die wird Ende November abgearbeitet sein“, so umschreibt Ostermaier die aktuelle Situation auf dem Markt. „Bis Ende November sind die Auftragsbücher voll, aber dann gibt es eine Lücke bis Ende Februar.“ Wie kommt es dazu? Der dritte Corona-Winter bringt erneut Herausforderungen mit sich. „Natürlich sind wir froh, dass wir wieder zu tun haben, aber wir stehen vor einem ungewissen Winter, zunächst einmal wegen des Corona-Geschehens. Das Infektionsschutzgesetz wurde angepasst und die Landtage der Bundesländer können jetzt festlegen, dass wenn die kritische Infrastruktur gefährdet ist, Kapazitätsbeschränkungen und Personenobergrenzen eingeführt werden.“ Der Fall ist zwar noch nicht eingetreten, aber allein die Möglichkeit hat zu einem Auftragsrückgang geführt. Planungen für den Sommer finden zwar statt, aber ob diese realisiert werden können, ist noch nicht klar. Und das sind längst nicht alle Herausforderungen der Branche: „Im Jahr 2022 hatten wir eine Verdichtung dessen, was wir sonst in zwölf Monaten gemacht haben, auf acht Monate. Dazu kommt ein erheblicher Verlust an Mitarbeitern; der Rest ist untrainiert, weil er zwei Jahre nicht gearbeitet hat und in Kurzarbeit war“, erklärt Ostermaier.

“Ziemlich optimistisch, dass
es wieder aufwärtsgehen wird”

Und was kommt auf die Kunden zu? Auf jeden Fall höhere Kosten. Die zweite Metastudie der Branche von fwd: Bundesvereinigung Veranstaltungswirtschaft in Kooperation mit dem R.I.F.E.L. Research Institute for Exhibition and Live-Communication veranschaulicht die drängendsten Probleme – allem voran höhere Preise, denn die Event-Industrie wird unverhältnismäßig schwer von allen aktuellen Kostensteigerungen getroffen. Das Ergebnis: Massive Preiserhöhungen in den Bereichen Heizöl/Kraftsoff, Nahrungsmittel und Baumaterialien schlagen sich auf die Gesamtkosten für Veranstaltungen nieder. Je nach Event-/Messeformat und -größe muss etwa 45 Prozent mehr Budget eingeplant werden als für eine vergleichbare Produktion 2019.
Hinzu kommt der drängende Personalmangel. Viele Mitarbeiterinnen sind während der Pandemie abgewandert. Die Studie zeigt einen Mitarbeiterschwund von 54,5 Prozent, der Markt ist komplett leergefegt. Servicekräfte für Caterer, Aufbauhelfer für Messestände sind nur mit extremen Preisaufschlägen zu bekommen, wenn überhaupt, und eine nicht absehbare Lohn-Preis-Spirale entwickelt sich. „Was erzählen wir unseren Mitarbeiterinnen, die uns zwei Jahre lang die Stange gehalten haben? Wenn wir jetzt in Kurzarbeit gehen müssen, dann unter veränderten Bedingungen“, fordert Ostermaier.
Eine weitere Herausforderung sind gestiegene Anforderungen an Agenturen und Messebauer, angefangen bei der ISO-9000-Qualitätszertifizierung über TISAX und IT-Sicherheitsgarantie bis hin zu Nachhaltigkeitszertifizierungen. Darüber hinaus fordert die Digitalisierung extreme Investitionen in IT-Systeme und -Qualifikationen. Messebauer und Agenturen sind gezwungen, diese Kosten auf die Projektleiter-Verrechnungssätze umzulegen.
„Wir wissen, dass Live-Kommunikation nicht obsolet geworden ist, dass wir im nächsten Jahr mit neuen Aufträgen rechnen können, und das gibt uns die Kraft, den Winter zu überstehen“, resümiert Ostermaier. „Jetzt hängt vieles davon ab, was die nächsten Krisen, die Energiekrise und der Krieg in der Ukraine, mit sich bringen. Ich bin ziemlich optimistisch, dass es dann nach dem Wintertief wieder aufwärtsgehen wird.“
Birgit Marx | redaktion@regiomanager.de

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